Tobias Bornemann & Mariana Sailer
Rasant steigende Manager*innen-Gehälter sorgen seit Jahrzehnten für Diskussionen. Können Änderungen im Steuerrecht helfen, die immer weiter aufklaffende Gehaltsschere zu schließen? Das haben Tobias Bornemann und Mariana Sailer vom WU Department of Finance, Accounting & Statistics untersucht.
Executive pay is rising fast. Can…
Laut dem American Economic Policy Institute haben CEOs von amerikanischen Unternehmen im Jahr 1965 noch etwa 20-mal mehr verdient als durchschnittliche Angestellte. Im Jahr 1989 war es 60-mal mehr. Und heute? Laut den Zahlen von 2021 entspricht das Gehalt von CEOs etwa dem 400-Fachen eines durchschnittlichen Angestellten.
Nicht nur in den USA, sondern weltweit scheinen Manager*innen-Gehälter unaufhaltsam zu wachsen. Und fast ebenso lange gibt es Debatten, ob die die Gehaltsschere zwischen Belegschaft und Executive Suite gerechtfertigt ist. Es gab immer wieder Ansätze, Manager*innen-Gehälter durch das Steuersystem zu regulieren – auch in Österreich. Im Jahr 2014 wurde hierzulande ein neues Gesetz verabschiedet: Seither sind Spitzengehälter nicht wie zuvor zur Gänze steuerlich abzugsfähig, sondern nur noch bis zu einem Betrag von 500.000 Euro.
Tobias Bornemann und Mariana Sailer haben die Auswirkungen dieser Gesetzesänderung auf Manager*innen-Gehälter erforscht. Ihre Ergebnisse zeigen, dass sich der Anstieg der Gehälter in den Chef-Etagen seither kaum verlangsamt hat. Wie sie im neuen „Meet Our Researchers“-Video erklären, wird die Steuererhöhung kaum an Manager*innen weitergegeben.
Im Gespräch erklärt Tobias Bornemann, was ihn an dieser Frage fasziniert, woran er derzeit forscht – und warum es ihm wichtig ist, dass auch seine Familie und Freunde die Ergebnisse seiner Forschung wichtig und interessant finden.
„Ich möchte, dass meine Forschung lokal – also hier in Österreich und Europa – zur Gesellschaft beitragen kann.“ Tobias Bornemann möchte nicht im Elfenbeinturm forschen. An der WU sieht er die Möglichkeit, mit seiner Arbeit in der Gesellschaft etwas zu bewirken.
Im „Meet Our Researchers“-Video sprechen Sie über Ihre Forschung zur Besteuerung von Manager*innen-Gehältern. Was hat Ihr Interesse an diesem Thema geweckt?
Als im Jahr 2014 das neue Gesetz verabschiedet wurde, haben Mariana und ich dies aus den Medien mitbekommen und wurden gleich hellhörig. Einerseits hatten wir beide ein persönliches Interesse an dieser Frage, weil das Thema seit Jahren aktuell ist und die Menschen bewegt. Andererseits hatten wir hier einen interessanten Österreich-Bezug – das war eine einmalige Chance, hier in Österreich zu dieser Debatte beizutragen, aber gleichzeitig auch eine generelle Frage zu beantworten, die relevant ist. Unsere Ergebnisse lassen sich nämlich auch auf andere Länder übertragen.
Haben Sie ein Ziel, das Sie mit Ihrer Forschung erreichen möchten?
Auf der einen Seite möchte ich, dass meine Forschung lokal – also hier in Österreich und Europa – zur Gesellschaft beitragen kann. Dieser Wissenstransfer für ein breiteres Publikum ist mir sehr wichtig. Andererseits möchte ich auch einen Beitrag leisten, um Regulierung effizienter zu gestalten, die auch evidenz- und faktenbasiert ist. Mir ist wichtig, dass Gesetzgeber, Standard-Setter und Regulierungsbehörden auf Basis von empirischen Ergebnissen bessere Entscheidungen treffen können und z.B. Gesetze erlassen, die effizienter sind und weniger unerwartete oder unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. Ich möchte nicht ausschließlich für die wissenschaftliche Community arbeiten. Ich denke mir immer: Meine Forschungsergebnisse sollten auch meine Familie und Freunde verstehen und interessant finden.
Tun sie das?
Ja, auf jeden Fall! Sie haben auch schon voller Spannung auf das Video gewartet und fragen ab und an, woran ich gerade arbeite.
Ihre Arbeit zum Thema Manager*innen-Gehälter ist schon vergangenes Jahr erschienen. Woran forschen Sie derzeit?
Ich arbeite gerade an zwei größeren Themen. Das eine ist eine klassische Frage in der Finanzberichterstattung: Wir untersuchen, ob eine transparentere Darstellung von hybriden Finanzinstrumenten in den Geschäftsberichten von Unternehmen für Analyst*innen und Investor*innen hilfreich ist, um diese besser zu bewerten. Anderseits beschäftige ich mich derzeit mit der Frage, inwieweit ESG-Ratings sehr komplexe und oft qualitative Information quantitativ zusammenfassen können – vor allem in Bezug auf die Steuertransparenz von Unternehmen. Derzeit benötigen Stakeholder von Unternehmen viel Zeit und Wissen, um steuerliche Positionen von Unternehmen anhand ihrer veröffentlichten Information einzuschätzen. Externe ESG-Ratings können helfen, diese Informationskosten für Stakeholder zu senken und steuerliche Positionen zwischen Unternehmen vergleichbarer zu machen. Ich schaue mir an, ob Unternehmen steuerlich transparenter werden oder auch weniger Steuern vermeiden, sobald Sie von externen Rating-Agenturen zu ihren Steuerpositionen bewertet werden.
Was schätzen Sie an der WU als Arbeitsplatz?
Vor allem die Flexibilität und die Ausstattung. Wir haben Zugriff auf viele Datenbanken, die mir meine Arbeit als Empiriker sehr erleichtern. Das ist oft nicht üblich. Der WU ist es auch wichtig, dass unsere Ergebnisse sichtbar gemacht werden, sei es auf Konferenzen oder in den Medien. Natürlich mag ich auch den Arbeitsplatz und den großartigen Campus an sich.
Haben Sie einen Lieblingsort auf dem Campus WU?
Ich interessiere mich abseits der Forschung auch für Architektur. Deswegen finde das Gebäude von Zaha Hadid sehr imposant und finde es toll, dass sie mit dem LC zum WU-Campus beigetragen hat. Am liebsten mag ich aber die Gärten hinter dem LC-Gebäude. Viele wissen gar nicht, dass es die gibt, darum bieten diese auch einen Raum zum Abschalten.
Tobias Bornemann ist seit 2018 Universitätsassistent post doc an der Abteilung für International Accounting. Sein Schwerpunkt ist empirische Forschung im Bereich Accounting und Steuern.