Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Christian Laux

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Christian Laux

Researcher of the Month Dezember

Haben Ban­ken Ver­lus­te in der Fi­nanz­kri­se un­ter­be­wer­tet und deren Of­fen­le­gung ver­zö­gert?

Po­li­tik, Re­gu­lie­rer*innen und Kom­men­ta­tor*innen haben die Fi­nanz­be­richt­erstat­tung der Ban­ken als Ver­ur­sa­cher von Pro­ble­men in der Fi­nanz­kri­se 2008 bis 2009 kri­ti­siert und Än­de­run­gen ge­for­dert. Aber ist die Kri­tik tat­säch­lich be­rech­tigt? Wel­che Än­de­run­gen sind not­wen­dig? Pro­fes­sor Chris­ti­an Laux vom In­sti­tut für Fi­nan­ce, Ban­king and In­su­ran­ce an der Wirt­schafts­uni­ver­si­tät Wien (WU) und seine Ko­au­toren un­ter­su­chen in einer Stu­die die Of­fen­le­gung und Bi­lan­zie­rung von Ver­lus­ten in­ter­na­tio­na­ler Ban­ken in der Fi­nanz­kri­se. Eben­so wid­men sich die Au­toren den Kon­se­quen­zen einer Re­gu­lie­rung, die den Ein­fluss von Ver­lus­ten auf das not­wen­di­ge re­gu­la­to­ri­sche Ei­gen­ka­pi­tal der Ban­ken re­du­ziert.

Die Er­geb­nis­se der Stu­die be­stä­ti­gen nicht die weit ver­brei­te­te Be­fürch­tung, dass die Of­fen­le­gung von Ver­lus­ten ein we­sent­li­cher Aus­lö­ser von Pro­ble­men bei Ban­ken war. Viel­mehr zeigt sich, dass viele Ban­ken Ver­lus­te nur zö­ger­lich aus­wei­sen und dann eben­so zö­ger­lich auf Ver­lus­te re­agie­ren. Die­ser ver­zö­ger­te Um­gang mit Ver­lus­ten kann das Fi­nanz­sys­tem de­sta­bi­li­sie­ren. Die Er­geb­nis­se der Stu­die sind wich­tig für eine Re­gu­lie­rung und Rech­nungs­le­gung der Ban­ken, die zu einem nach­hal­ti­gen und sta­bi­len Fi­nanz­sys­tem füh­ren.

Wäh­rend der Krise wurde die Ver­wen­dung von „Markt­wer­ten“ bei der Bi­lan­zie­rung von Fi­nanz­in­stru­men­ten („Fair Value Ac­coun­ting“) an­ge­pran­gert. Frü­he­re Ar­bei­ten von Pro­fes­sor Chris­ti­an Laux zei­gen, dass diese Kri­tik an Fair Value Ac­coun­ting in ihrer Schär­fe un­an­ge­bracht war. In der ak­tu­el­len Stu­die wid­men sich Laux und seine Ko­au­toren der Of­fen­le­gung und Bi­lan­zie­rung von Kre­dit­ri­si­ken und Kre­dit­ver­lus­ten. Die Er­geb­nis­se zei­gen, dass späte und un­voll­stän­di­ge In­for­ma­tio­nen über Ver­lus­te und Ri­si­ko­po­si­tio­nen, sowie eine späte Bi­lan­zie­rung von Ver­lus­ten, Pro­ble­me in der Krise ver­stärkt haben. „Re­gu­lie­rung und Bi­lan­zie­rung, die mit dem Ziel ein­ge­führt wer­den, das Fi­nanz­sys­tem zu sta­bi­li­sie­ren, kön­nen das Ge­gen­teil be­wir­ken und un­er­wünsch­te Kon­se­quen­zen haben“, er­läu­tert Chris­ti­an Laux.

Trade-​offs der Re­gu­lie­rung und wei­te­re Er­geb­nis­se der Stu­die

In­for­ma­tio­nen über Kre­dit­ri­si­ken und Kre­dit­ver­lus­te sind wich­tig für An­le­ger*innen und In­ves­tor*innen, kön­nen aber auch zu ne­ga­ti­ven Re­ak­tio­nen des Mark­tes füh­ren und Pro­ble­me von Ban­ken ver­stär­ken. „Un­se­re Ana­ly­se zeigt, dass Ban­ken ihre kri­ti­schen Po­si­tio­nen und mög­li­che Ver­lus­te sehr spät of­fen­ge­legt haben“, so Laux. „Wir fin­den wenig Be­le­ge dafür, dass diese Of­fen­le­gung die Pro­ble­me von Ban­ken ver­stärkt hat oder zu einer De­sta­bi­li­sie­rung des Fi­nanz­sys­tems bei­trug.“ Viel­mehr passt die Evi­denz zur Hy­po­the­se, dass un­zu­ver­läs­si­ge und un­voll­stän­di­ge Of­fen­le­gun­gen zu einem Ver­trau­ens­ver­lust füh­ren kön­nen, der eine Ge­fahr für das Fi­nanz­sys­tem dar­stellt.

Aus­weis von Kre­dit­ver­lus­ten führt zum Sin­ken des Ei­gen­ka­pi­tals

Wenn Ban­ken Kre­dit­ver­lus­te in der Bi­lanz aus­wei­sen, dann hat das nicht nur einen In­for­ma­ti­ons­ef­fekt, son­dern das in der Bi­lanz aus­ge­wie­se­ne Ei­gen­ka­pi­tal der Ban­ken sinkt ent­spre­chend. Die Er­geb­nis­se zum Aus­weis von Kre­dit­ver­lus­ten de­cken sich mit den Er­geb­nis­sen zur Of­fen­le­gung. Ein Grund hier­für wird in Bi­lan­zie­rungs­stan­dards ge­se­hen, die Ban­ken beim Aus­weis von Kre­dit­ver­lus­ten be­schrän­ken („In­cur­red Loss Model“). „Al­ler­dings zeigt un­se­re Ana­ly­se, dass die Stan­dards in vie­len Fäl­len hö­he­re und frü­he­re Ver­lust­aus­wei­se durch­aus er­laubt hät­ten“, so Laux. An­rei­ze der Ban­ken Ver­lus­te aus­zu­wei­sen spie­len eine wich­ti­ge Rolle.

Re­gu­lie­rer ver­wen­den häu­fig „Fil­ter“, um Ban­ken vor (un­rea­li­sier­ten) Markt­wert­ver­lus­ten von Fi­nanz­in­stru­men­ten zu schüt­zen. Sol­che Fil­ter kön­nen An­ste­ckungs­spi­ra­len im Fi­nanz­sys­tem ver­hin­dern. Gleich­zei­tig neh­men sie Ban­ken aber auch den Druck, auf Ver­lus­te zu re­agie­ren, und zum Bei­spiel Di­vi­den­den zu re­du­zie­ren, Ei­gen­ka­pi­tal auf­zu­neh­men oder be­son­ders ris­kan­te Fi­nanz­in­stru­men­te zu ver­kau­fen. Die Au­toren zei­gen, dass die­ser Ef­fekt wich­tig ist und Ban­ken in Län­dern mit Fil­tern we­ni­ger stark auf Markt­wert­ver­lus­te re­agie­ren. 

Über Chris­ti­an Laux

Christian Laux

Dr. Chris­ti­an Laux ist Pro­fes­sor am WU In­sti­tut für Fi­nan­ce, Ac­coun­ting and In­su­ran­ce. Er pro­mo­vier­te an der Goe­the Uni­ver­si­tät Frank­furt und ha­bi­li­tier­te an der Uni­ver­si­tät Mann­heim. Vor sei­nem Wech­sel an die WU war Chris­ti­an Laux Pro­fes­sor an der Goe­the Uni­ver­si­tät. For­schungs­auf­ent­hal­te führ­ten ihn an die Har­vard Uni­ver­si­ty, die Lon­don School of Eco­no­mics, die Whar­ton School der Uni­ver­si­ty of Penn­syl­va­nia und die Uni­ver­si­ty of Chi­ca­go Booth School of Busi­ness. Chris­ti­an Laux un­ter­sucht in sei­nen For­schungs­bei­trä­gen die Rolle von Anreiz-​ und In­for­ma­ti­ons­pro­ble­men für die Ge­stal­tung von Finanz-​ und Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen, Ma­na­ger*in­nen­an­rei­zen und Ac­coun­ting Sys­te­men. In den ak­tu­el­len Ar­bei­ten be­schäf­tigt sich Chris­ti­an Laux vor allem mit der Rolle von Rech­nungs­le­gung und Re­gu­lie­rung für die Sta­bi­li­tät von Fi­nanz­sys­te­men und das Ver­hal­ten von Ban­ken. Seine Ar­bei­ten wur­den in füh­ren­den in­ter­na­tio­na­len Fach­zeit­schrif­ten ver­öf­fent­licht, wie dem Jour­nal of Fi­nan­cial Eco­no­mics, Re­view of Fi­nan­ce, Jour­nal of Ac­coun­ting Re­se­arch, The Ac­coun­ting Re­view, Ac­coun­ting, Or­ga­niza­ti­on and So­cie­ty, Ma­nage­ment Sci­ence, Rand Jour­nal of Eco­no­mics und Jour­nal of Eco­no­mic Per­spec­ti­ves. Chris­ti­an Laux ist Mit­glied des Edi­to­ri­al and Ad­vi­so­ry Re­view Boards von The Ac­coun­ting Re­view und des Sci­en­ti­fic Com­mit­tee der Uni­Credit Founda­ti­on. Zudem war er Mit­glied im Exe­cu­ti­ve Com­mit­tee der Eu­ropean Fi­nan­ce As­so­cia­ti­on.