Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Florian Szücs

Wenn große Tech-Konzerne kleine Start-ups kaufen, kann das viele Gründe haben. Oft lautet der Vorwurf, dass sie damit potenzielle Konkurrenz ausschalten und Innovation bremsen. Aber stimmt das wirklich? Damit beschäftigt sich Florian Szücs vom WU Department für Volkswirtschaft.

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Google (bzw. Alphabet), Apple, Facebook (bzw. Meta), Amazon, Microsoft – oder kurz GAFAM: Geht es um Innovation, führt derzeit kein Weg an diesen fünf Tech-Giganten vorbei. Mit ihren Produkten haben sie unser Alltagsleben radikal verändert. Dabei setzen sie nicht nur auf Innovationen aus eigener Entwicklung, sondern kaufen auch Start-ups auf, die neue Technologien entwickeln.

Damit haben sie sich den Vorwurf eingehandelt, so genannte „Killer Acquisitions“ zu tätigen – also junge Unternehmen zu kaufen, um potenzielle Konkurrenz auszuschalten. Viele Ökonom*innen warnen, dass diese Einkaufspolitik von Big Tech zu übermäßiger Marktkonzentration führt und Innovation behindert.

Aber was ist an diesem Vorwurf wirklich dran? Das hat Florian Szücs vom WU Department für Volkswirtschaft gemeinsam mit seinen Kollegen Klaus Gugler und Ulrich Wohak genauer untersucht. Wie sie dabei vorgegangen sind, erklärt Florian Szücs in der neuen Episode von „Meet Our Researchers“. Zu den Ergebnissen sei verraten: Sie zeichnen ein differenziertes Bild.

Bis etwa ins Jahr 2010 zeigte sich, dass Akquisitionen von Start-ups durch die fünf großen Tech-Konzerne sich negativ auf die Zahl der Patentanmeldungen und die Verfügbarkeit von Risikokapital in der jeweiligen Branche auswirkten. Doch seither hat sich dieser Effekt abgeschwächt. Das liegt vielleicht daran, dass die Tech-Konzerne mittlerweile stärker miteinander konkurrieren, vermuten die Forscher. Doch auch heute noch wirken sich etwa 14 % der GAFAM-Akquisitionen negativ auf Patente und Risikokapital aus – könnten also als „Killer Acquisitions“ gewertet werden. Und bei diesen 14 % sollten Wettbewerbsbehörden genauer hinschauen, empfehlen die Autoren.

Meet Our Researchers: Florian Szücs

Mehr Details zu Methoden und Ergebnissen beschreibt Florian Szücs in unserem neuen „Meet Our Researchers“-Video. Was ihn an diesen Fragen so fasziniert und womit er sich in seiner Forschung sonst noch beschäftigt, haben wir Florian Szücs bei einem Gespräch in seinem Büro gefragt.

Foto von Florian Szücs vor Gebäude D3

Florian Szücs vor dem Gebäude D4, wo das Department für Volkswirtschaft beheimatet ist: „Wir haben bei uns am Department wenig akademische Standesdünkel und eine flache Hierarchie. Das empfinde ich als sehr angenehm.“

In Ihrer Forschung befassen Sie sich oft mit Innovation. Was interessiert Sie daran?

Für mich ist das interessant, weil ich davon überzeugt bin, dass Innovation – vor allem über längere Zeiträume betrachtet – der entscheidende Faktor ist, um den Wohlstand von Menschen zu erhöhen. Das alleine macht es für mich schon zu einem wesentlichen Fokuspunkt. Spannend finde ich das Thema auch in Zusammenhang mit Wettbewerb. Traditionell befürchtet man ja, dass steigende Marktkonzentration schlecht für das Funktionieren von Märkten ist und auch der Innovation schadet. In den letzten Jahren ist vor allem dieser Aspekt verstärkt zum Thema geworden, weil große Konzerne immer mehr Marktmacht haben.

Wie sehen Sie die Rolle der großen Internetkonzerne für unsere Gesellschaft?

Der österreichische Ökonom Alois Schumpeter meinte einmal, die Innovation wird angetrieben durch die Kraft der innovativen Zerstörung. In gewissem Sinne glaube ich schon, dass die großen Technologiekonzerne diese Rolle der innovativen Zerstörer eingenommen haben – ob wir es wollen oder nicht. Diese Firmen haben einen gewaltigen Einfluss auf unser Leben gewonnen. Oder besser gesagt: Wir haben ihnen diesen Einfluss gegeben, weil wir ihre Produkte gerne nutzen und sie unser Leben vereinfachen. Aber wir haben vielleicht noch nicht ganz verstanden, welche Machtverschiebungen das mit sich bringt. Diese Konzerne haben unglaubliche Gestaltungsmacht und bestimmen mit, wie wir leben. Daher halte ich es für wichtig, dass man ihnen genau auf die Finger schaut. Die großen Technologieunternehmen hatten in den USA bis vor kurzem weitgehend freie Hand. Die EU hat sich hier als Bollwerk im Sinne des Konsumentenschutzes zu etablieren versucht, und ich finde das gerechtfertigt. Diese Bemühungen mögen teilweise schwierig sein oder ungeschickt aussehen, aber es ist wichtig, dass es jemand tut.

Foto von Florian Szücs beim Lesen in seinem Büro

Zimmer mit Aussicht: In seinem Büro hat Florian Szücs einen Lehnsessel am Fenster stehen. Dort kann er mit Blick über den Campus arbeiten. 

Woran forschen Sie derzeit?

Aktuell bin ich in einem Projekt tätig, bei dem wir uns ansehen, wie sich Fusionen im Lebensmitteleinzelhandel auf das Kaufverhalten und die Produktwahl der Konsument*innen auswirken. Wir schauen uns an, wie sich das Sortiment und das Preisgefüge verändert und wie die Konsument*innen auf diese Veränderungen reagieren – also ob sie andere Produkte kaufen oder zu einem anderen Supermarkt gehen.

Ebenfalls ein sehr aktuelles Thema …

Allerdings. Vor allem, weil wir dabei auch untersuchen, wie sich in österreichischen Supermärkten die Veränderung der Einkaufskosten auf die Preise auswirkt, also in welchem Ausmaß Inflation an Konsumenten weitergereicht wird. Das ist natürlich brandaktuell. Es ist aber noch zu früh, im Detail über die Ergebnisse zu reden.

Was möchten Sie mit Ihrer Forschung bewirken?

Mir ist es wichtig, dass meine Forschung in irgendeiner Form Berührungspunkte zur Realität hat. Und als Ökonom denke ich da zuerst an effiziente Ressourcennutzung. Ich beschäftige mich oft damit, ob politische Maßnahmen die gewünschten Ziele erreichen oder zumindest wahrscheinlicher machen. Solche Policy Evaluations halte ich für ein interessantes Feld, denn einerseits muss man mit guten Methoden und Daten arbeiten, andererseits kann man mit dieser Forschung politische Entscheidungsträger*innen beraten und informieren. Wenn ich über meine Forschung helfen kann, dass öffentliche Ressourcen, also Steuergelder, besser und effizienter verwendet werden, dann halte ich das für einen sinnvollen Beitrag.

Wie lange sind Sie schon an der WU?

Mittlerweile bin ich knapp 10 Jahre hier. Und noch immer freue ich mich jeden Tag, wenn ich auf den Campus komme und mir die Gebäude ansehe. Ich schätze die Ressourcen, die uns die WU zur Verfügung stellt, und dass ich in der Forschung so viele Freiheiten habe. Außerdem haben wir bei uns am Department wenig akademische Standesdünkel und eine flache Hierarchie. Das empfinde ich als sehr angenehm.

Foto von Florian Szücs am Campus WU
Zur Person 

Name: Florian Szücs

Position: Assoz. Professor am Department für Volkswirtschaft

Alter: 41

Geboren in: Wien

An der WU seit: 2015