Nils Wlömert
ROM 09/2023 - Nils Wlömert -…
Strengere Regulierung von Musikplattformen: Balanceakt für Künstler*innen und Industrie
Plattformen für nutzergenerierte Inhalte wie YouTube und TikTok erfreuen sich großer Beliebtheit. Politische Entscheidungsträger*innen in den USA, Europa und anderen Ländern diskutieren daher mögliche Verschärfungen der Regulierungen für das Teilen von Inhalten auf diesen Plattformen. Im Mittelpunkt dieser Debatte stehen die bestehenden sogenannten „Safe Harbor“-Regelungen, die Plattformbetreiber*innen vor Haftung für Urheberrechtsverletzungen schützen und das Teilen von Inhalten erleichtern. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Wirtschaftsuniversität Wien weist auf potenziell unbeabsichtigte Auswirkungen einer strengeren Regulierung hin.
Nils Wlömert, Professor am WU Institut für Retailing & Data Science führte gemeinsam mit Ko-Autoren eine Untersuchung aus der Perspektive von Musikkünstler*innen durch.
Ziel war es, die Auswirkungen der kostenlosen Verfügbarkeit ihrer Musik auf Plattformen wie YouTube auf die Nachfrage nach ihren Inhalten auf anderen, lukrativeren Streaming-Dienste wie Spotify, zu analysieren. Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass weniger bekannte Songs von ihrer Präsenz auf YouTube profitieren, während aktuelle Hit-Releases auf anderen Plattformen weniger Abrufzahlen verzeichneten, als es der Fall wäre, wenn die Musik nicht auch kostenlos auf nutzergenerierten Plattformen verfügbar wäre.
"Es ist wichtig, dass politische Entscheidungsträger*innen die potenziellen Auswirkungen einer strengeren Regulierung von Plattformen für nutzergenerierte Inhalte sorgfältig abwägen", betont Nils Wlömert. "Eine solche Regulierung könnte die Vielfalt der den Nutzern*innen zur Verfügung stehenden Inhalte einschränken und unbeabsichtigt die Marktkonzentration erhöhen, indem sie unbekannteren Künstler*innen in ihrer Reichweite einschränkt.", so Wlömert.
Auswirkungen auf Umsätze in der Musikindustrie
Die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch auch, dass die geringere Nachfrage nach Hit-Releases auf anderen Plattformen wie Spotify erhebliche Auswirkungen auf die Umsätze der Musikindustrie hat. Denn obwohl sie nur einen kleinen Teil der Inhalte ausmachen, sind diese Hits für einen großen Anteil des Umsatzes verantwortlich. Dies wäre insbesondere dann von Bedeutung, wenn Musiklabels die Einnahmen aus Hit-Releases für die Förderung neuer Künstler*innen verwenden würden. "Es ist daher von großer Bedeutung, eine ausgewogene Herangehensweise an die Regulierung zu finden, um sicherzustellen, dass sowohl die Rechte der Urheber*innen als auch die Interessen der Künstler*innen und Fans berücksichtigt werden", fügt Nils Wlömert hinzu.
Detaillierte Ergebnisse der Studie und weitere Informationen
Wlömert N, Papies D, Clement M, Spann M 2023. The Interplay of User-Generated Content, Content Industry Revenues, and Safe Harbor Provisions: Quasi-Experimental Evidence from YouTube. Marketing Science, im Erscheinen."
Über Nils Wlömert
Nils Wlömert ist Professor für Marketing und leitet das Institut für Retailing & Data Science an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Forschung konzentriert sich auf den Einfluss neuer Technologien auf Märkte und Geschäftsmodelle von Unternehmen. Derzeit untersucht er die Rolle von Plattformen für nutzergenerierte Inhalte bei der Vermarktung von Informationsgütern. Darüber hinaus erforscht Wlömert die Bedeutung neuer Marketingkanäle wie Playlisten auf Musik-Streaming-Diensten und entwickelt Modelle, um den Einfluss von Kurator*innen dieser Playlisten zu messen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf der Entwicklung von Methoden zur Messung von Emotionen in Texten, die in sozialen Medien veröffentlicht werden. Nils Wlömert studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, promovierte dort 2014 im Bereich Marketing und erhielt für seine Dissertation den Best Paper Award vom International Journal of Research in Marketing. Von 2015 bis 2020 war er als Assistenzprofessor für Marketing am Institut für Interaktive Marketing & Social Media der WU tätig. Wlömert ist aktiv an Forschungskooperationen mit renommierten internationalen Universitäten beteiligt, darunter das IDC Herzliya, die New York University und die University of New South Wales.