Außenansicht des D3 und des AD Gebäudes

Die Rolle des Finanzkapitals

Das Finanzkapital vermochte zur Gesundung der österreichischen Wirtschaft nichts beizutragen – im Gegenteil!

Eine in den 1920er Jah­ren ein­set­zen­de Kette von Ban­ken­zu­sam­men­brü­chen schwäch­te die al­pen­län­di­sche Wirt­schaft zu­sätz­lich. Pro­ble­ma­ti­sche wirt­schafts­po­li­ti­sche Wei­chen­stel­lun­gen, die daran an­schlos­sen, be­stä­tig­ten in der Öf­fent­lich­keit das Bild des Geld­sek­tors als eines be­son­ders skan­dal­um­wit­ter­ten Be­tä­ti­gungs­fel­des. Die „Krise in Per­ma­nenz“ (Fritz Weber) be­scher­te Wirt­schaft und Po­li­tik schwer­wie­gen­de Ver­trau­ens­ver­lus­te.
(Bild­quel­le: Zei­tungs­aus­schnitt, 12. Mai 1931)

An den kri­sen­haf­ten Ent­wick­lun­gen im Ös­ter­reich der Zwi­schen­kriegs­zeit war der Ban­ken­sek­tor we­sent­lich mit­be­tei­ligt. Zwar konn­ten die Geld­in­sti­tu­te un­mit­tel­bar nach dem Nie­der­gang der Mon­ar­chie noch wich­ti­ge Ein­fluss­be­rei­che ab­si­chern – nach wie vor wirk­te Wien als wich­ti­ger Fi­nanz­platz und als Dreh­schei­be west­li­chen Ka­pi­tals in Rich­tung Ost­eu­ro­pa –, doch blieb das Ge­schäft in den Nach­fol­ge­staa­ten bald hin­ter den Er­war­tun­gen zu­rück. Dazu kamen Ver­lus­te aus Kon­zern­be­trie­ben, so­dass zu­neh­mend ri­si­ko­rei­che­re Ge­schäfts­fel­der ak­zep­tiert wur­den. Der Wie­ner Bör­sen­krach 1924 war be­reits eine Folge eines um sich grei­fen­den Spe­ku­la­ti­ons­fie­bers. Da­nach soll­te der Geld­sek­tor nicht mehr zur Ruhe kom­men. Ein­ge­lei­tet wurde die Serie der Ban­ken­zu­sam­men­brü­che durch klei­ne­re Geld­in­sti­tu­te, die in der Folge von noch ge­sund er­schei­nen­den Be­trie­ben über­nom­men wur­den. Mit dem Über­gang Ös­ter­reichs zu einem ver­stärk­ten Pro­tek­tio­nis­mus Mitte der 1920er Jahre ver­düs­ter­ten sich die Aus­sich­ten auch im Be­reich des Au­ßen­han­dels. Mas­siv be­ein­träch­tigt wurde die pro­du­zie­ren­de Wirt­schaft nicht zu­letzt durch aus­blei­ben­de In­ves­ti­tio­nen. In ihrer Sub­stanz ge­schwächt, kol­la­bier­ten immer mehr Geld­in­sti­tu­te. Mit dem Zu­sam­men­bruch der Ös­ter­rei­chi­schen Boden-​Kredit-Anstalt 1929, eines der gro­ßen Flagg­schif­fe der ös­ter­rei­chi­schen Ban­ken­sze­ne, waren na­he­zu sämt­li­che Spiel­räu­me aus­ge­reizt. Die Über­nah­me des In­sti­tuts durch die Credit-​Anstalt brach­te nur eine kurze Ver­schnauf­pau­se. Als im Jahr 1931 die CA vor dem Zu­sam­men­bruch stand, ging eine Welle der Er­schüt­te­rung durch ganz Eu­ro­pa. Für die Ret­tung der Groß­bank be­nö­tig­te der ös­ter­rei­chi­sche Staat fri­sches Geld, das in Form der Lau­san­ner An­lei­he auf­ge­bracht wurde. Diese war mit einer ver­schärf­ten Re­strik­ti­ons­po­li­tik ver­bun­den. Karl Ausch in einer Ein­schät­zung: „Bei der Gen­fer Sa­nie­rung des Jah­res 1922 hat­ten die in­ter­na­tio­na­len Fi­nanz­sach­ver­stän­di­gen schwer ge­irrt, als sie glaub­ten, die ös­ter­rei­chi­sche Wirt­schaft sei über den Bun­des­haus­halt zu sa­nie­ren. Bei der ‚Lau­san­ner Sa­nie­rung’ haben sie einen an­de­ren schwe­ren Irr­tum be­gan­gen, als sie die trost­lo­se Finanz-​ und Wirt­schafts­la­ge durch über­trie­be­ne de­fla­tio­nis­ti­sche Währungs-​ und Kre­dit­maß­nah­men zu be­kämp­fen ver­such­ten.“

Literatur:
  • Karl Ausch: Als die Ban­ken fie­len. Zur So­zio­lo­gie der po­li­ti­schen Kor­rup­ti­on, Wien 2013.

  • Karl Ba­chin­ger; Felix But­schek; Her­bert Matis; Die­ter Stie­fel: Ab­schied vom Schil­ling. Eine ös­ter­rei­chi­sche Wirt­schafts­ge­schich­te, Wien - Graz - Köln 2001.