Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Vorschläge für eine grundlegende Reform des Universitätsgesetzes
Bei den österreichischen Universitäten sind einige Strukturprobleme, die im Universitätsgesetz angelegt sind, unverkennbar. Daher haben verschiedene, auf den universitären Bereich bezogene, Organisationen über zwei Jahre Vorschläge für eine grundlegende Reform des Universitätsgesetzes erarbeitet, die sich auf die universitären Organisationsstrukturen, demokratische Beteiligung, Personalpolitik und Finanzierung beziehen.
Beteiligt an der Erarbeitung des Vorschlags waren Vertreter*innen von NUWiss, der IG Lektor*innen, dem Elise Richter Netzwerk, der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung (ÖGGF) unter Einbindung von Vertreter*innen des ULV-Dachverbands sowie der für Universitäten zuständigen BV 13 der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Gerade auch Organisationen der prekär Beschäftigten haben sich in die Erarbeitung der Vorschläge aktiv eingebracht.
Als Ziel definiert das Papier „dem Universitätspersonal längerfristige Perspektiven zu bieten, die Qualität und Freiheit von Lehre und Forschung an Österreichs öffentlichen Universitäten zu sichern und dem der Universitätsautonomie 2002 zugrunde gelegten Anspruch der Optimierung durch Selbststeuerung gerecht zu werden.“
Das Papier setzt zunächst am Organisationsrecht und den Organisationsprinzipien an. Es konstatiert einen geringen Integrationsgrad der Belegschaft durch die starke Ausdifferenzierung der Personalgruppen. Konkret schlägt das Papier vor, die bisherigen Personalkategorien im allgemeinen und wissenschaftlichen Personal zu einer vereinheitlichten Gruppe der Universitätsangestellten zusammenzufassen. Es gäbe dann auch nur einen Betriebsrat für alle Universitätsangestellten. Die Gehaltseinstufungen sollten in einem neu ausgearbeiteten Universitäten-Kollektivvertrag neu fixiert und an Funktionen und Verwendungszwecke gebunden werden. Der Berufstitel Professor*in sollte bei Erreichung bestimmter wissenschaftlich-künstlerischer Qualifikation vergeben werden und mit einem Gehaltssprung verbunden sein.
Ein weiterer Ansatzpunkt für Veränderung ist das an den Universitäten noch immer stark verwurzelte Kuriensystem. In dem Papier wird dieses als sehr hierarchisch und anachronistisch angesehen. In einem neuen Universitätsgesetz (UG) sollte ein Faculty-Modell mit veränderten demokratischen Mitbestimmungsstrukturen geschaffen werden. Speziell in Leitungsfunktionen sollte eine größere Diversität und ausgeglichenere Balance hinsichtlich Geschlecht, sozialer Herkunft und weiterer Kriterien erreicht werden. Konkret schlägt das Papier die Schaffung einer Frauenquote vor, bis die bestehenden Schieflagen auf den verschiedenen Karrierestufen beseitigt sind.
Fragen der Partizipation und Öffentlichkeit stehen stark im Vordergrund des Papiers. Es konstatiert als Resultat des UG 2002 eine sehr starke Entscheidungskonzentration bei Rektorat und Universitätsrat sowie eine partielle Entmachtung des Senats. Das Papier schlägt eine „demokratische Neugestaltung“ der Gremien vor. Im Rahmen eines Faculty-Modells sollte es zu einer Erneuerung des Prinzips der Drittelparität kommen. Die Universitäten sollen weiters stärker zur Gesellschaft hin geöffnet werden. Hierfür werden auch konkrete institutionelle Vorschläge gemacht.
Ein Kernproblem der Personalpolitik stellen die Kettenverträge dar. Hier schlägt das Papier eine ersatzlose Streichung des betreffenden Paragraphen 109 UG und eine Annäherung an das allgemeine Arbeitsrecht vor. In einer Übergangszeit sollten österreichweite Entfristungsmodelle mit klaren Kriterien erarbeitet werden. Wichtig ist aus Sicht der Autor*innen des Papiers auch die Entwicklung von Karrieremodellen über die Professur hinaus. Auch sollte die Erarbeitung von Personalentwicklungsplänen auf breiter Basis erfolgen.
Einerseits werden zu kurzfristige Finanzierungszyklen und andererseits eine relative Vernachlässigung der Grundlagenforschung konstatiert. Daher wird in dem Papier unter anderem der Vorschlag einer zehnjährigen, inflationsindexierten Grundfinanzierung sowie einer Stärkung der Globalbudgets gegenüber der Drittmittelfinanzierung gemacht.
Aus einer Problemanalyse entwickelt das Papier sowohl eine neue Vision demokratisierter Universitäten als auch konkrete Vorschläge für grundlegende Veränderungen des Universitätsgesetzes. Der Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal der WU wird sich daran beteiligen, ein Forum zu schaffen, in dem an der WU über diese Vision und Vorschläge diskutiert werden kann.
03.07.2023