Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Covid-19 – Studiengebühren und Ermöglichung der Abweichung von Kettenvertragsregelungen im begründeten Einzelfall
Covid 19 ist nicht ausgestanden und die Handhabe der neuen Arbeitssituationen hat viele von uns sehr gefordert. Die Adaptionen in der Lehre, in der wir in kürzester Zeit Konzepte und Lehrmethoden adaptiert haben, Einschnitte in der Abwicklung von Forschungsvorhaben und die Belastungen durch die Umstellung auf Homeoffice haben vielfältige Einschnitte für KollegInnen bedeutet. Für jene die Betreuungspflichten insbesondere Alleinerziehende, stellte diese Zeit dabei vor besondere Schwierigkeiten.
Wir möchten an der Stelle auf zwei Initiativen hinweisen, die besonders KollegInnen im Doktoratsstadium bzw. mit einer nicht allzu langen Restlaufzeit von befristeten Verträgen von Interesse sein könnten.
Prüfung des Studiengebührenerlasses für das Sommersemester 2020
Mehrere Praedocs, die gleichzeitig ein Dissertationsstudium an der WU betreiben, haben sich in den letzten Wochen bei uns gemeldet, um zu erfahren, ob es für Sie im Rahmen der Corona-Krise die Möglichkeit des Studiengebührenerlasses gebe. Wir haben einen Blick auf die Regelungen im UG geworfen (§ 92 UG). Darin findet sich ein Passus, der für Studiengebührenerlasse herangezogen werden kann: „… oder durch andere gleichartige Betreuungspflichten am Studium gehindert waren.“ Wir haben uns an die Studienrechtsabteilung gewandt, ob der Fall der coronabedingten Schließungen von Schulen und Kindergärten hier erfasst sei, da diese Schließungen länger als zwei Monate gedauert haben und die damit verbundenen Betreuungspflichten die im Haus auch stark in der ad-hoc-Distanzlehre eingesetzten Praedocs zeitlich massiv belastet habe.
Die Auskunft war, dass bereits zu Beginn der Corona-Krise mit der Vizerektorin Rammerstorfer vereinbart wurde, dass diese Regelung sehr großzügig auslegt werde, was nicht bedeutet, dass einen Freibrief gebe, sondern die Einzelfälle geprüft werden und bei entsprechender Begründung kann es zu einem Studiengebührenerlass kommen. Dies kann auch jetzt noch rückwirkend für das Sommersemester 2020 erwirkt werden. Deadline ist 30. September 2020 und entsprechend laden wir Betroffene ein, sich direkt mit Ihrem Anliegen an studienbeitrag@wu.ac.at wenden.
Ermöglichung der Abweichung von Kettenvertragsregelungen im begründeten Einzelfall
Anfang April hat es im 3. Covid-Gesetzespaket eine Sonderlösung gegeben, in der insbesondere für Forschungsprojekte an Universitäten eine Abweichung von der vielbeschworenen Kettenvertragsregelung im § 109, Abs 2 letzter Satz des UGs ermöglicht wurde. Darin wurde sinngemäß festgelegt, dass zur Fertigstellung von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten und Publikationen ein Vertrag einmalig befristet für max. 12 Monate verlängert oder neu abgeschlossen werden darf. Das war für viele ProjektleiterInnen und -beschäftigte ein ganz wichtiges Signal, denn zu dem Zeitpunkt waren so gut wie alle Forschungstätigkeiten aufgrund der entsprechenden Ausnahmeregelungen an den Unistandorten sehr eingeschränkt gewesen und vom Zeithorizont war nicht klar, wie lange dieser Zustand andauern werde.
In den darauffolgenden Wochen hat sich in den Diskussionen gezeigt, dass es jedoch nicht nur um den Problembereich der Drittmittelprojekte geht, sondern auch in den globalbudgetfinanzierten Bereichen Engpässe auftauchen – sind doch an so gut wie allen Universitäten befristete Verträge auf der Tagesordnung und das Hauptinstrument, wie Personalpolitik betrieben wird!
Die Problemlagen, die in dem Zusammenhang auftraten sind mannigfaltig und waren und sind für die KollegInnen, für die das Vertragsende in den laufenden Monaten 2020 liegt, insbesondere virulent – egal in welcher Karrierestufe:
Für Prae-Docs mit laufenden Doktoratsstudien war es zB ein Thema, dass sie nicht ihre geplanten Arbeiten in ihren Projekten vollziehen konnten. Feldarbeiten waren nicht möglich, Labors gesperrt und auch Recherchetätigkeiten waren teilweise eingeschränkt. Somit kam und kommt es zu unverschuldeten Verzögerungen in den Projektabläufen.
Post-Docs, die in Feldern arbeiten, in denen eine Habilitation noch Standard ist, berichten von ähnlichen Ausfällen.
Insbesondere aus dem Bereich von Post-Docs kamen vermehrt auch Hinweise zu massiven Belastungen durch die parallele Durchführung von Homeoffice und Homeschooling. Gerade in dieser Gruppe ist der Anteil der KollegInnen mit Jungfamilien erfahrungsgemäß am höchsten.
Parallel dazu waren die Herausforderungen der Umstellung auf Distanzlehre für viele der KollegInnen mit einem zeitlichen Mehraufwand verbunden.
Vereinzelt gab es auch Fälle, die darauf hingewiesen haben, dass für arbeitsvertragliche Leistungsvereinbarungen, wie zB in Qualifizierungsvereinbarungen und ähnlichem, notwendige Evaluierungsschritte nicht durchführbar waren und damit zeitgerechte Erfüllungen von bestimmten Erfordernissen gefährdet erscheinen.
Aufgrund dieser Hinweise hat es eine kurzfristig organisierte Absprache zwischen der Gewerkschaftsvertretung (GÖD) und dem Dachverband der Universitäten gegeben und es wurde noch im April ein Gesetzesänderungsvorschlag im Bundesministerium eingebracht, der in Analogie zu der schon verabschiedeten Regelung auch eine Einzelfallbeurteilung für globalbudgetfinanzierte Stellen ermöglichen sollte. Als Interessenvertretung war diese Initiative ein tolles Zeichen, dass es in Krisensituationen sehr wohl auch ein gutes Zusammenwirken geben kann.
Diese Gesetzesinitiative hat aus dem Ministerium leider den Weg nicht ins Parlament gefunden. Es hat jedoch letzte Woche ein Initiativantrag im Parlament gegeben, der von Abgeordneten mehrerer Fraktionen eingebracht wurde, und eine große Chance auf Umsetzung hat. Der Antrag ist nicht so breit angelegt, wie es die ursprüngliche Idee der Gewerkschaft und des Dachverbandes war, aber auf alle Fälle soll mit dieser neuen Bestimmung, die Einzelfallprüfung und mögliche erneute Befristung jetzt auch auf Arbeitsverhältnisse zur Erfüllung der Qualifizierungsvereinbarung gemäß dem Kollektivvertrag oder zur Erfüllung anderer Leistungen, die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Erreichung einer Qualifikation oder Karrierestufe erforderlich sind, erweitert werden. Diese Regelung soll ähnlich, wie die schon beschlossene für Drittmittelbeschäftigte– mit 30. September 2021 außer Kraft treten.
Für die Umsetzung wird es voraussichtlich noch bis zum Beginn des Herbsts dauern, bis konkrete Umsetzungsmaßnahmen dieser Regelung an der WU getroffen werden. Wir stehen Ihnen dann natürlich gerne für eine Ersteinschätzung der Situation zur Verfügung – jetzt hoffen wir, dass diese Gesetzesvorlage beschlossen wird.
03.07.2020