Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Der Sonderweg "Full Professorship" an der WU
Grundsätzlich stellt die Qualifizierungsvereinbarung (QV) das im Universitätsgesetz (UG) und Kollektivvertrag (KV) vorgesehene Karrieremodell dar, um alternativ zu einer Berufung in die Gruppe der Universitätsprofessor*innen aufzusteigen. Das Rektorat hat nun eine weitere Variante in der Satzung der WU verankert. Diese wird im Folgenden zusammen mit den bisher bestehenden Regelungen dargestellt.
Das Karrieremodell mit Qualifikationsvereinbarung gibt es historisch gewachsen in zwei unterschiedlichen Ausprägungen. Für Arbeitsverträge, die seit dem 1. Oktober 2016 abgeschlossen wurden (auch „QV neu“ genannt), gelten die Regelungen des § 99 Abs 5 und 6 des UG. Hier ist mit der Erreichung der Qualifikation die Zugehörigkeit zur Personalgruppe der Universitätsprofessor*innen verbunden. Aus organisationsrechtlicher Sicht handelt es sich damit um ein durchgängiges Karrieremodell. In den Verwendungsgruppen des KV, also aus arbeitsrechtlicher Sicht, verbleiben Personen nach Erreichung der „QV neu“ allerdings in A2 bzw. § 27 KV und werden dort nach Erreichung der Qualifikation als assoziierte Professor*innen bezeichnet. Dadurch repräsentieren diese Personen zwar in Gremien der Selbstverwaltung, wie dem Senat, die Universitätsprofessor*innen, sind aber bezüglich des Entgelts und der Ressourcenausstattung nicht mit dieser Gruppe gleichgestellt. Diese Diskrepanz führte seit Einführung des Modells zu Diskussionen und Unzufriedenheit. Mitarbeitende, die vor dem 1. Oktober 2016 einen Arbeitsvertrag mit QV unterzeichnet haben (auch „QV alt“ genannt), werden weder organisationsrechtlich noch arbeitsrechtlich den Universitätsprofessor*innen zugeordnet. Für diese Gruppe sieht der Gesetzgeber ebenso eine Entwicklungsmöglichkeit in die Gruppe der Universitätsprofessor*innen (§ 99 Abs 4) vor. Die WU zählt zu den wenigen Universitäten, die dieses bis heute nicht umgesetzt hat. Selbst aus der Letztfassung des WU-Entwicklungsplans wurde eine Absichtserklärung dazu mittlerweile gestrichen.
Aufgrund der bereits erwähnten Diskrepanz in der Zugehörigkeit der „QV neu“-Mitarbeiter*innen (organisationsrechtlich vs. arbeitsrechtlich) wurde an der WU Ende letzten Jahres nach längerer Diskussion das Modell „Full Professorship“ in der Satzung (§ 43a) verankert. Dieses Modell gilt allerdings nur für Personen mit „QV neu“. Mitarbeitende mit „QV alt“ sind davon generell ausgeschlossen (wie auch keine andere Entwicklungsmöglichkeit für diese Gruppe geschaffen wurde). Zur Bestellung als „Full Professor“ müssen zunächst departmentspezifische Evaluationskriterien erfüllt werden. Dies wird von einer Kommission auf Grundlage von mindestens zwei externen Gutachten überprüft. Abschließend nimmt die Rektorin bzw. der Rektor auf Basis einer Empfehlung der Kommission die Bestellung vor. Selbst in diesem Fall verbleiben „QV neu Full Professor“ arbeitsrechtlich aber weiterhin, wie im KV vorgesehen, in der Verwendungsgruppe der assoziierten Professor*innen (und sind dadurch bezüglich des Entgelts weiter in A2 eingestuft). Diese Mitarbeiter*innen dürfen sich aber laut § 43a der WU-Satzung dann als „Full Professor“ bezeichnen. Darüber hinaus sind in der Satzung keine weiteren Folgen durch die Erreichung vorgesehen. In internen Präsentationen des Rektorats wurde allerdings wiederholt betont, dass „Full Professor“ via „QV neu“ Gehaltsverhandlungen mit der Rektorin bzw. dem Rektor analog zu berufenen Universitätsprofessor*innen führen können und die Departments entscheiden können, ob sie diesen Mitarbeiter*innen Ressourcen zur Verfügung stellen. Beides sind aber keine zwingenden Folgen des Erreichens einer „Full Professorship“, sondern nur Möglichkeiten, die es für „Full Professors“ via „QV neu“ geben soll. Darüber hinaus sollen alle „Full Professors“ via „QV neu“ hinsichtlich der Pensionskassenbeiträge berufenen Professor*innen gleichgestellt werden, und statt 3% die in § 73 Abs 1 Z 1 KV grundsätzlich nur für Professor*innen gem § 25 KV vorgesehenen 10% des monatlichen Bruttobezugs als monatlich laufende Beiträge erhalten.
Eine völlige Gleichstellung mit berufenen Universitätsprofessor*innen bzw. ein Karrieremodell, das in die höchste Verwendungsgruppe laut KV führt, bedeutet dieses WU-Modell daher leider auch nicht.
Mit Blick auf andere Universitätsstandorte geht die WU mit diesem Modell „Full Professorship“ auf jeden Fall einen Sonderweg. Eine abschließende Beurteilung des Modells kann aber erst getroffen werden, wenn die zu erreichenden departmentspezifischen Kriterien vorliegen. Diese werden aktuell an den Departments ausgearbeitet. Auch ist die Zahl der potenziell Begünstigten aktuell noch sehr gering, noch geringer ist die Zahl jener, die nach Erfüllung einer „QV neu“ ihre Laufbahn an der WU fortsetzen werden. Die Zahl der „QV neu“-Stellen, die neu geschaffen werden, wird zudem überschaubar bleiben.
Auch wird sich erst zeigen, wie „Full Professors“ via „QV neu“ (so es diese in den kommenden 3+ Jahren geben wird) in die Governance der WU, insbesondere aber in die Leitungsfunktionen, gleichberechtigt eingebunden werden. Es ist zu hoffen, dass die Evaluationskriterien den Folgen einer Erfüllung, die zum großen Teil aus Möglichkeiten und nicht aus Rechten bestehen, gerecht werden, und bezüglich der Einbindung in die Governance, bei den Gehaltsverhandlungen und der Ressourcenausstattung durch die Departments eine völlige Gleichstellung erfolgen wird. Abzuwarten bleibt auch, inwieweit die Qualifizierungsschwellen zur „Full Professorship“ via Berufung und via „QV neu“ vergleichbar sein werden (insbesondere, ob die stärker formalisierten Kriterien via „QV neu“ auch Eingang in die Berufungspraxis finden oder nicht). Bedenklich bleibt in jedem Fall, dass einer sehr großen Gruppe von WU-Mitarbeiter*innen (Assoziierte Professor*innen via „QV alt“ und a.o. Professor*innen) weiterhin keine organisations- und arbeitsrechtlichen Aufstiegsmöglichkeiten eingeräumt werden. Auch hier beschreitet die WU einen Sonderweg.
22.05.2023