Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
WUPOL „Gelockerte Ortsbindung“ – Die Homeoffice-Regelung für das wissenschaftliche Personal
Im WU-Memo vom 4.11.2021 wurde im Artikel „Präsenzkultur im wissenschaftlichen Bereich“ eine neue Policy für das wissenschaftliche Personal vorgestellt. Mit dieser Policy reagiert das Rektorat auf den Wunsch der wissenschaftlichen Belegschaft nach einer klaren/transparenten Regelung zum Thema Homeoffice.
Im Rahmen dieser Policy werden Führungskräfte ausdrücklich dazu berechtigt, ihren, dem wissenschaftlichen Personal angehörenden Mitarbeiter*innen für einzelne Tage eine gelockerte Ortsbindung zu ermöglichen. In Anlehnung an § 31 Abs 9 Uni-KV verweist die WUPOL darauf, dass diese gelockerte Ortsbindung für Aufgaben der Forschung möglich ist.
Welche Tätigkeiten unter „Aufgaben der Forschung“ fallen, wird weder im Kollektivvertrag noch in der WUPOL konkretisiert. Unter Verweis auf Pfeil, Personalrecht der Universitäten (2010) § 31 KollV Rz 15 f darf darunter verstanden werden, dass wissenschaftliche Mitarbeitende, die nicht bereits laut § 31 Abs 9 Uni-KV eine gelockerte Ortsbindung genießen, mit ihren Führungskräften immer dann ortsungebundene Arbeitsleistung vereinbaren dürfen, wenn ihre physische Anwesenheit an der WU nicht für die Zusammenarbeit mit anderen Universitätsangehörigen (einschließlich der Studierenden) oder wegen Aufgaben im Rahmen der Lehre erforderlich ist. Auf konkrete Beispiele umgelegt, bedeutet das, dass bei Präsenz-Sitzungen, Präsenz-Lehrveranstaltungen und in Präsenz abgehaltenen Sprechstunden eine physische Anwesenheit an der WU unumgänglich ist. In allen anderen Fällen, wie z.B. wissenschaftliche Recherche, Publikationstätigkeiten, Vor- und Nachbereitung von forschungsgeleiteter Lehre, Begutachtung von Studierendenleistungen (Korrektur von Bachelor- oder Masterarbeiten, Dissertationen, Klausuren etc.), Teilnahme an Online-Sitzungen/Besprechungen, Abhaltung von Onlinelehre ist die physische Anwesenheit an der Universität hingegen nicht unbedingt erforderlich, weshalb eine Vereinbarung der Ortsungebundenheit möglich sein wird.
Kommt eine Vereinbarung über eine gelockerte Ortsbindung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in zustande, ist zu den vereinbarten Arbeitszeiten die Erreichbarkeit sicherzustellen. Besteht die Notwendigkeit dafür, kann seitens der Führungskraft selbst trotz vereinbarter gelockerter Ortsbindung die Anwesenheit an der WU verlangt werden. Dies ist etwa bei Fortbildungsmaßnahmen, Instituts- oder Departmentklausuren oder sonstigen notwendigen Besprechungen der Fall.
Darüber hinaus sieht die WUPOL auch vor, dass die Führungskraft sowie der Vizerektor für Personal die gelockerte Ortsbindung jederzeit für einzelne oder alle Mitarbeitenden einer Einheit (außer für jene, die dieses Recht schon aus § 31 Abs 9 Uni-KV oder einer gesetzlichen Bestimmung ableiten) widerrufen kann. Laut Policy ist dieses Widerrufsrecht ohne Vorlauffrist und ohne Grund möglich. Wirft man einen Blick auf die WUPOL Mobiles Arbeiten für das allgemeine Personal findet man unter Punkt 8.3. eine einmonatige Frist für den Widerruf bzw. findet sich unter Punkt 8.5. zumindest eine beispielshafte Aufzählung jener Umstände, bei denen die Arbeitgeberin eine Vereinbarung über mobiles Arbeiten mit sofortiger Wirkung beenden kann. Warum dieser Punkt beim wissenschaftlichen Personal anders geregelt wird, ist schwer verständlich.
Die eigentliche Arbeitsleistung ist bei gelockerter Ortsbindung jedenfalls in Österreich zu erbringen, da es andernfalls zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der sozialversicherungs- bzw. steuerrechtlichen Abwicklung der Erwerbstätigkeit kommen kann. Weiters braucht es dafür laut Policy die Verwendung von WU Arbeitsmitteln. Ob damit ein „Use your own device“ im Rahmen von ortsungebundenem Arbeiten unzulässig ist, bleibt unseres Erachtens fraglich, da ja derzeit auch ein Zugriff auf WU-Daten bei Arbeiten in der Freizeit (und das kommt bei Wissenschaftler*innen ja eher häufig als selten vor) und mit eigenen Arbeitsmitteln nicht explizit verboten ist. Bestimmte Datenschutzregeln sowie Datensicherheitsmaßnahmen sind ja immer einzuhalten, wenn man „von außen“ auf WU-Daten zugreift.
Die Vereinbarung über eine gelockerte Ortsbindung ist formfrei, d.h. sie kann schriftlich aber auch mündlich erfolgen. Seitens des wissBR raten wir zur Schriftform, allein schon zu Beweiszwecken, falls im Fall der Fälle etwa gegenüber der Unfallversicherung belegt werden muss, dass man sich bei einem Unfall in den eigenen vier Wänden im grundsätzlich von der Unfallversicherung erfassten „Homeoffice“ befunden hat.
Ob die neue Policy zur gelockerten Ortsbindung die Wünsche und Vorstellungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an der WU erfüllt, wird sich zeigen und wird v.a. von der Handhabe dieser Policy durch die jeweilige Führungskraft abhängen. Bei der Vorstellung der WUPOL wurde im WU-Memo nur auf die Vorteile der Präsenzarbeit hingewiesen. Allerdings bietet auch die Möglichkeit zur ortsungebundenen Arbeit viele Vorteile. In der Präambel für die Regelungen für das allgemeine Personal wurden ihre Vorzüge, wie die gute Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben, das Erreichen guter Arbeitsbedingungen für zufriedene Mitarbeitende, positives Employer Branding sowie ökologische Aspekte, angeführt. Sie gelten wohl für alle Beschäftigten – unabhängig davon, ob sie zum wissenschaftlichen oder zum allgemeinen Personal zählen.
Seitens des wissBR hoffen wir, dass all jenen Mitarbeitenden, die sich zumindest an einzelnen Tagen eine gelockerte Ortsbindung bei der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben wünschen, diese Möglichkeit auch gegeben wird. In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, dass gerade die Erfahrungen während der akuten Covid-Pandemie gezeigt haben, dass alle Mitarbeitenden der WU das Vertrauen ihrer Arbeitgeberin verdienen, dass sie in der Lage sind selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten und somit das Prinzip der partnerschaftlichen Mitverantwortung beim gesamten Personal der WU zur Anwendung kommen kann (auch diesen Aspekt streicht die WUPOL für das allgemeine Personal explizit heraus).
12.11.2021