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Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal

Buchpräsentation „Die ungleiche Universität“

Buch

Am 10. Jänner 2024 hat der Betriebsrat zu einer Präsentation des jüngst erschienen Buches „Die ungleiche Universität. Diversität, Exzellenz und Anti-Diskriminierung“ (Wien: Passagen-Verlag, 2023) mit der Co-Autorin Johanna Hofbauer eingeladen. Johanna Hofbauer arbeitet am Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung sowie am Forschungsinstitut Economics of Inequality (INEQ) und ist langjähriges Mitglied des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen (AKG).

Wie Johanna Hofbauer zu Beginn des Gespräches über das Buch betonte, ist dieses bewusst als politische Intervention geschrieben worden. Zentrale Fragen des Buches, wie eine zunehmende (Pseudo-)Vermarktlichung der Universitäten, Prekarisierung der universitären Beschäftigung und das Spannungsfeld zwischen dem dominanten Exzellenzverständnis und Anti-Diskriminierungspolitiken sind sowohl in Österreich als auch in Deutschland Gegenstand öffentlicher Debatten. Das Buch diskutiert die universitären Ungleichheitsstrukturen in beiden Ländern. Johanna Hofbauers Co-Autorin, Sabine Hark, lehrt Gender Studies an der Technischen Universität Berlin und leitet dort das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung.

Am Anfang der Diskussion ging es um die universitären Organisationsreformen, die eine organisatorische Autonomisierung gegenüber den zuständigen Ministerien, aber gleichzeitig eine umfassende Einspannung in ein Wettbewerbsdispositiv brachten. Letzteres schlägt sich in einer Lenkung über zahlreiche Kennziffern, die ein Streben nach Exzellenz fördern sollen, nieder. Auch die Flexibilisierung – weniger euphemistisch die Prekarisierung – der Beschäftigungsverhältnisse wurde als der Exzellenz förderlich behauptet. Dies wird in der fachlichen Diskussion, aber auch in der Debatte bei der Buchvorstellung deutlich in Frage gestellt. Auch wurde angesprochen, dass die Exzellenzkriterien, wie das Ranking von Zeitschriften, in multiparadigmatischen Wissenschaften oft auch gegen bestimmte Theorierichtungen, implizit diskriminierend wirken. Auch in Institutionen, die das neue Wettbewerbsdispositiv anfangs befürwortet hatten, setzt jetzt zum Teil eine Debatte über die Notwendigkeit einer gewissen Selbstkorrektur an. So zitierte Johanna Hofbauer eine jüngste Veröffentlichung des deutschen Wissenschaftsrates, in der dieser forderte vom „Instrument Wettbewerb“ solle in der Wissenschaft „deutlich sparsamer und gezielter Gebrauch“ gemacht werden.

Ein weiterer Gesprächsschwerpunkt war das Spannungsfeld zwischen dem dominanten Exzellenz- und Internationalisierungsverständnis einerseits und universitären Inklusions- und Anti-Diskriminierungspolitiken andererseits. Faktisch werde hierbei der „Exzellenz“ die Priorität eingeräumt, so lautete die einmütige Einschätzung der Gesprächsteilnehmer*innen. Als ein Beispiel für ein problematisches Verhältnis zwischen Exzellenz- und Internationalisierungspriorität einerseits und Anti-Diskriminierung andererseits wurde im Fall der WU die obligatorische Voraussetzung eines längeren beruflichen Auslandsaufenthalts für eine Stelle mit Qualifikationsvereinbarung angesprochen. Dieses Erfordernis ist für Bewerber*innen mit kleinen Kindern, Behinderte etc. oft kaum oder gar nicht erfüllbar.

Am Ende gab es eine lebhafte Diskussion zu möglichen Schritten in Richtung einer gleicheren und inklusiveren Universität. Ein Schwerpunkt war hierbei die Frage der hochgradig prekären Beschäftigungsverhältnisse. Hier gab es in der Diskussion einen weitgehenden Konsens, dass das Verhältnis zwischen befristeten Stellen und Dauerstellen anders austariert werden müsste. Stabilere Beschäftigungsverhältnisse wurden nicht nur zur Erhöhung der Attraktivität einer universitären Laufbahn als wichtig angesehen, sondern auch zur realen Abstützung von Forschungsfreiheit und für die Verfolgung langfristiger Forschungsvorhaben. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Definition von Mindestausstattungen mit Dauerstellen. Zunächst in Deutschland, jetzt auch in Österreich ist die Variante einer gesetzlichen Definition einer solchen Mindestausstattung auf die politische Tagesordnung gesetzt worden. Auch die zunehmende Abhängigkeit von Drittmittelprojekten wurde wegen der damit verbundenen prekären Beschäftigung und der Kurzatmigkeit der Forschung kritisch thematisiert. Hieraus würde die Forderung nach einer stärkeren Grundfinanzierung von Forschung – außerhalb des Projektbereichs – resultieren.

Als notwendig wurde auch eine Neugewichtung von Exzellenz und Inklusion gesehen. Diese Abwägungen sollten auch offen für die Definition von Einstellungskriterien etc. diskutiert werden.

Ansatzpunkte für die Schaffung einer gleicheren Universität liegen mithin sowohl auf der (nationalen) politischen als auch auf der universitären Ebene.

01.02.2024

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