NPO-Institut (Verein)

npoInterview mit Werner Kerschbaum

In den Newslettern von npoAustria habe ich in den vergangenen Jahren unter der Rubrik  'Alt, aber gut' Klassiker aus der Managementliteratur vorgestellt.

Nun geht es aber um aktuellere Themen, denn für die vielen Leser:innen des Newsletters von npoAustria ist es natürlich auch interessant, Einblicke in die Arbeits- und Gedankenwelt von Spitzenvertreter:innen des gemeinnützigen Sektors zu bekommen.

Diesmal gibt uns Dr.in Doris Schober, die Ehre. Sie ist Geschäftsführerin von npoAustria und hat einen guten Einblick in den NPO-Sektor. 

Dr.in Schober ist seit September 2003 für npoAustria, vormals NPO-​Institut, tätig und war bis Ende 2010 Leiterin der praxisnahen Forschung. Von Jänner 2011 bis Mai 2019 war sie kaufmännische Leiterin des NPO-​Kompetenzzentrums.

Von Jänner 2002 bis August 2003 war sie Projektassistentin an der Abteilung für Sozialpolitik, und zuvor Mitarbeiterin an diversen Forschungsprojekten zum Thema Nonprofit Sektor Forschung, beides an der WU Wien.

Ihr Ausbildungshintergrund ist ein Studium der Betriebswirtschaft an der WU Wien mit dem Schwerpunkt Marketing, Wirtschaftsinformatik, Ökologie und Gesellschaft. Ihre Dissertation verfasste Frau Dr.in Schober zum Thema Personalmanagement, Arbeitszufriedenheit und Motivation in Organisationen der Altenbetreuung und -pflege.
 
Und nun zum Interview:

1. Fragen zum gemeinnützigen Sektor

 
Was war für Sie die wichtigste/wirkungsstärkste Entwicklung der letzten Jahre im gemeinnützigen Sektor?

Die Professionalisierung des NPO-Sektors ist eine der prägendsten Entwicklungen. Nonprofit-Organisationen agieren zunehmend strategisch, setzen datenbasierte Entscheidungsprozesse ein und arbeiten mit innovativen Finanzierungsmodellen wie Social Impact Bonds. Zudem haben Digitalisierung und neue Technologien die Transparenz und Effizienz in der Projektarbeit erheblich gesteigert. Es darf nur nicht auf die Mission und die Menschlichkeit vergessen werden. Gerade hier setzt aber auch eine weitere Entwicklung der letzten Jahre an: Der Einzug des Konzeptes Resilienz.  Eine hohe Resilienz stärkt Personen auf vielfältige Weise. Als erlernbare Fähigkeit erhöht sie das persönliche Wohlbefinden wie auch die Lebenszufriedenheit und hat zahlreiche positive Wirkungen auf unser Leben – beruflich und privat.  Und jede Organisation ist nur so stark wie ihre Mitarbeitenden. Je stärker die einzelnen Mitarbeitenden sind, desto stärker ist auch die Organisation selbst. Resiliente Mitarbeitende sind eine Chance für Organisationen, sich für bestehende Veränderungen und Krisen zu rüsten. In unserer zunehmend komplexer werdenden Welt, die Unsicherheit und rasche Veränderungen mit sich bringt, ist die Fähigkeit zur Resilienz wesentlich, um sowohl auf persönlicher als auch auf organisationaler und gesellschaftlicher Ebene erfolgreich und gesund zu bleiben.
 
Welche Risiken/Chancen sehen Sie für den NPO-Sektor in der Zukunft?

Chancen: Der gesellschaftliche Trend zu mehr Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung bietet NPOs enorme Möglichkeiten, neue Zielgruppen und Fördermittel zu erschließen. Kooperationen mit Unternehmen und staatlichen Akteur:innen könnten weiter ausgebaut werden.

Risiken: Die zunehmende Bürokratisierung und Abhängigkeit von staatlicher Förderung kann Innovationskraft hemmen und demotivierend wirken. Auch die wachsende Konkurrenz um Spenden und ehrenamtliches Engagement stellt eine Herausforderung dar.
 
Wenn Sie für einen Tag alle Möglichkeiten hätten - zum Beispiel als verantwortlicher Minister oder Bundeskanzler - welche Maßnahmen würden Sie jedenfalls umsetzen?

Ich würde ein umfassendes Förderprogramm für NPOs initiieren, das langfristige Finanzierungsmodelle sichert, bürokratische Hürden abbaut und soziale Innovationen gezielt unterstützt. Zudem wäre mir eine Reform der steuerlichen Rahmenbedingungen wichtig, um gemeinnütziges Engagement attraktiver zu machen.
 
 
 

2. Fragen zur eigenen Organisation

 
Was ist Ihrer Organisation in der jüngeren Vergangenheit besonders gut gelungen?

npoAustria hat in den letzten Jahren maßgeblich zur Vernetzung und Professionalisierung des Sektors beigetragen. Wir helfen NPOs mehr Impact zu erzeugen und nachhaltig zu wirken. Besonders hervorzuheben sind unsere fundierten Capacity Trainings (Veranstaltungen, Workshops), die wertvolle Erkenntnisse für unsere Praktiker:innen liefern. 
  
Welche drei Themen/Schwerpunkte werden in nächster Zukunft in Ihrer Organisation eine besonders hohe Priorität genießen?

  • Digitalisierung und Innovation im NPO-Sektor

  • Nachhaltigkeit

  • Resilienz – persönliche und organisationale

Wie würden Sie die Schlüsselkompetenzen/Alleinstellungsmerkmale Ihrer Organisation definieren?

  • Wissenschaftlich fundierte Expertise im NPO-Sektor

  • Vernetzung zwischen Forschung und Praxis

  • Innovationskraft, um aktuelle Herausforderungen mit neuen Lösungen anzugehen

Was sind die zentralen Werte in Ihrer Organisation?

Integrität, Nachhaltigkeit, Transparenz und gesellschaftlicher Impact stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit.

Wenn jemand Fremder zum ersten Mal in Ihre Organisation kommt, was würde ihm besonders auffallen?

Die hohe fachliche Kompetenz unseres Teams, die Leidenschaft für den gemeinnützigen Sektor und der offene Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Und die gemeinsame Freude an der Arbeit :-)
 
 
 

3. Fragen zur Person/Steckbrief

 
Von wem haben Sie am meisten gelernt?

Von den vielen positiven Menschen, denen ich im Leben begegnet bin. Die oft, unter widrigsten Bedingungen, dennoch großartiges geschafft haben und nie den Blick für die kleinen schönen Dinge im Leben verloren haben. Es geht nicht nur darum, seine Ziele möglichst schnell zu erreichen, sondern auch darum, sich selbst nie zu verlieren und das Leben zu genießen. 

Welches Buch oder welchen Film empfehlen Sie den Leser:innen des npoAustria Newsletter?

„Der Glücks-Faktor. Warum Optimisten länger leben.“ von Martin Seligman. Warum? Weil jeder Mensch lernen kann glücklich zu sein. 
 
Was regt Sie besonders auf?

Ungerechtigkeit! Sei es im Privatleben oder im Beruf. Aber auch ein wertschätzungsloser Umgang oder Unzuverlässigkeit sind beides Dinge, die ich überhaupt nicht mag.
 
Womit können andere Menschen Ihnen eine Freude bereiten?

Mit guten Gesprächen, gemeinsamen schönen Momenten und Erlebnissen - und das ganze immer mit einer Prise Humor. Und einem guten Kaffee ;-)
 
Wenn Sie nur noch kurze Zeit zum Leben hätten, was möchten Sie jedenfalls noch erledigen?

Ganz ehrlich – viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen.
 

Welchen Rat würden Sie jungen Menschen geben, die ihr Berufsleben gerade starten?

Sucht euch eine Tätigkeit, die euch Freude bereitet und traut euch, unkonventionelle Wege zu gehen. Leidenschaft und Neugier sind entscheidender als starre Karrierepläne.

Was ist Ihr persönliches Lebensmotto bzw. Ihr Leitspruch?

„Verändere, was du kannst – und inspiriere andere, es mit dir zu tun.“
 
 

4. Allgemeines
 

Was ich jedenfalls noch sagen wollte... 

…dass mir beim Lesen aufgefallen ist, dass mich als Leserin eigentlich noch eine Frage interessiert: Was sind deine wichtigsten persönlichen Werte im Leben? Also beantworte ich sie auch gleich ;-) Loyalität, Gerechtigkeit, Wertschätzung, Optimismus, Humor und Solidarität.

 
 

Ich bedanke mich sehr herzlich bei Dr.in Doris Schober, dass sie sich die Zeit genommen hat, unsere Fragen zu beantworten.

Werner Kerschbaum