Finance

Für die Finanzwelt von morgen: Europäisches Forschungsprogramm DIGITAL gestartet

07. Juni 2024

Digitale Technologien sollen die europäische Finanzbranche effizienter, robuster und nachhaltiger machen. Das ist das Ziel des EU-geförderten Forschungsprogramms MSCA Digital Finance. Mit dabei ist auch die WU Wirtschaftsuniversität Wien.

Wie alle Wirtschaftsbereiche steht auch der Finanzsektor vor großen Herausforderungen: Digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz oder die Blockchain bringen immer schnellere Veränderung, aber auch Fragen der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung werden immer wichtiger. Wie kann die Finanzwelt diesen Spagat schaffen?

„Wir sehen einen großen Bedarf an Forschung im Bereich Digital Finance“, sagt Ronald Hochreiter vom WU Forschungsinstitut für Rechenintensive Methoden, „vor allem braucht es Forschung, die sich mit realen Fragen in der Finanzwelt auseinandersetzt.“  

Um das zu erreichen, hat die WU Wirtschaftsuniversität Wien gemeinsam mit anderen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Finanzunternehmen in ganz Europa ein neues, EU-gefördertes Forschungsprogramm gestartet: den PhD-Lehrgang MSCA Digital Finance – oder kurz DIGITAL.

Bei dem Programm DIGITAL werden insgesamt 19 Doktoratsstudierende in den kommenden vier Jahren an Lösungen für die größten Herausforderungen der Finanzwelt arbeiten. „Wir brauchen dafür Menschen mit ganz anderen Fähigkeiten als in den üblichen Finanz-Studiengängen“, erklärt Ronald Hochreiter, der für die WU an dem Projekt beteiligt ist. „Sie müssen natürlich Finanz-Knowhow mitbringen, aber noch wichtiger ist die Fähigkeit, moderne Technologien auf innovative Art einzusetzen.“

Infografik zu den fünf Forschungsfeldern von MSCA Digital

Die fünf Forschungsfelder von MSCA Digital Finance: Für die Finanzwelt von morgen sind diese fünf Bereiche von besonderer Bedeutung (Bild: MSCA Digital Finance)

Forschung in fünf Feldern

Konkret geht es um fünf Forschungsbereiche, die für die Zukunft des europäischen Finanzsektors zentral sind:

  • Towards a European Financial Data Space: Durch eine bessere Vernetzung der europäischen Finanzplätze würden sich Trends und Krisen leichter vorhersagen lassen. Mit genügend Daten könnten Forscher*innen auch Makroszenarien simulieren, um Inflation oder Arbeitslosigkeit weit genauer zu prognostizieren als bisher.

  • Artificial Intelligence for Financial Markets: Durch den Einsatz von Maschinenlernen soll das Risikomanagement der europäischen Finanzdienstleister gestärkt werden, neue KI-Methoden im automatisierten Trading sollen das europäische Finanzsystem effizienter und robuster machen. Die Leitung dieses Forschungsbereichs übernimmt Ronald Hochreiter von der WU.

  • Towards explainable and fair AI-generated decisions: KI-Entscheidungen sind für Menschen oft schwer nachvollziehbar und können von Vorurteilen gefärbt sein. Durch besseres Design sollen Künstliche Intelligenzen in der Finanzwelt transparenter und fairer gemacht werden.

  • Driving digital innovations with Blockchain applications: Für die Blockchain-Technologie, auf der Kryptowährungen wie Bitcoin basieren, sollen europäische Industriestandards entwickelt werden. Ein Risiko-Index für Kryptowährungen und verbesserte Betrugsaufdeckung sollen für mehr Sicherheit in diesem Bereich sorgen.

  • Sustainability in Digital Finance: Mit einem „Green Credit Score” und einem automatisierten Empfehlungssystem für Investitionen sollen nachhaltige Technologien gefördert werden. Gleichzeitig wird erforscht, wie KI in der Finanzindustrie energiesparender und effizienter eingesetzt werden kann.

Das Besondere an DIGITAL: Die Forschungsprojekte werden gemeinsam mit Unternehmen aus der Finanzbranche und führenden Forschungseinrichtungen umgesetzt. Die Dissertant*innen bekommen während ihrer Ausbildung einen Arbeitsplatz bei Fintech-Startups, Banken oder anderen Finanzdienstleistern. So soll die Lücke zwischen Forschung und Industrie geschlossen werden: „Bei uns an der WU gibt es viel Grundlagenforschung im KI-Bereich“, erklärt Ronald Hochreiter, „aber die praktische Umsetzung in der Finanzwelt ist oft die Schwierigkeit. Genau hier setzt DIGITAL an.“

Die Suche nach hellen Köpfen hat schon gestartet: Derzeit sind die 19 PhD-Stellen ausgeschrieben, an denen in den kommenden vier Jahren an der Finanzbranche von morgen geforscht wird. „Für die Zukunft ist vorstellbar, dass dieses Programm auch regulär inskribiert werden kann“, sagt Ronald Hochreiter, „der Bedarf in der Industrie ist sicherlich vorhanden.“

Weitere Informationen

Website MSCA Digital Finance

Das Programm MSCA Digital Finance wird gefördert von Marie Skłodowska-Curie Actions, dem Flaggschiff-Finanzierungsprogramm der Europäischen Union für Doktoratsprogramme und Postdoc-Ausbildungen zur Förderung der Forschungs- und Innovationskapazität Europas.

Portrait Ronald Hochreiter

Ronald Hochreiter vom WU Institut für Rechenintensive Methoden beschäftigt sich in seiner Forschung mit Computational Management Science und Finanztechnologie (Fintech). Im PhD-Lehrgang MSCA Digital Finance übernimmt er die Leitung des Bereichs „Artificial Intelligence for Financial Markets“.

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