Wahlumfragen: Ein Appell gegen die Polarisierung

26. Februar 2024

Vor Wah­len sind Um­fra­ge­da­ten die wich­tigs­te Wäh­rung. Mit ihnen kön­nen Stim­mun­gen ver­stärkt und Kan­di­dat*innen ab- und hoch­ge­schrie­ben wer­den. WU Pro­fes­sor Jur­gen Wil­lems über die Ge­fah­ren der Umfragen-​Berichterstattung – und wie man sie ver­mei­den kann.

Eu­ro­pa­wahl, ös­ter­rei­chi­sche Na­tio­nal­rats­wahl, Prä­si­dent­schafts­wahl in den USA und viele mehr. 2024 ist ein ech­tes Su­per­wahl­jahr: Ins­ge­samt schrei­ten fast 50 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung in 64 Staa­ten zu den Urnen. Umso wich­ti­ger ist es, an die Ver­ant­wor­tung der Me­di­en zu er­in­nern, wenn es um die Be­richt­erstat­tung über Wahl­um­fra­gen und -​prognosen geht.

Genau das tut WU Pro­fes­sor Jur­gen Wil­lems in einem le­sens­wer­ten Kom­men­tar in der Fach­zeit­schrift Pu­blic Money & Ma­nage­ment. Um­fra­gen, schreibt er, haben star­ken Ein­fluss auf un­ent­schlos­se­ne Wäh­ler*innen. Sen­sa­tio­na­lis­ti­sche Head­lines und Clickbait-​Artikel über Umfrage-​Ergebnisse brin­gen zwar kurz­fris­tig Auf­merk­sam­keit, doch sie ver­zer­ren oft die Rea­li­tät und be­hin­dern lang­fris­tig die de­mo­kra­ti­sche Ent­schei­dungs­fin­dung.

Jour­na­list*innen soll­ten sich die­ser Ver­ant­wor­tung be­wusst sein und ent­spre­chend nu­an­ciert über Wahl­um­fra­gen be­rich­ten – mit wich­ti­gem Kon­text wie der Stich­pro­ben­grö­ße und den Er­he­bungs­me­tho­den. „Sta­tis­tik ist zu kom­plex“ oder „diese De­tails in­ter­es­sie­ren die Leute nicht“ dür­fen keine Aus­re­den sein, wenn es um diese es­sen­zi­el­le Über­set­zungs­leis­tung geht.

Ge­mein­sam mit Kenn May­froodt von der Uni­ver­si­tät Ghent hat Jur­gen Wil­lems sechs Emp­feh­lun­gen for­mu­liert, um der Ver­zer­rung der öf­fent­li­chen Mei­nung durch Wahl­um­fra­gen ent­ge­gen­zu­wir­ken. Diese rich­ten sich vor allem an Jour­na­list*innen, die über Um­fra­gen be­rich­ten – aber auch an Po­li­ti­ker*innen und For­scher*innen:

  • In der Be­richt­erstat­tung soll­ten mehr De­tails zu Stich­pro­ben, Er­he­bungs­me­tho­den und Da­ten­qua­li­tät zur Spra­che kom­men

  • Schluss­fol­ge­run­gen aus Umfrage-​Ergebnissen soll­ten mit Vor­sicht ge­zo­gen wer­den, auch wenn sie da­durch we­ni­ger Auf­merk­sam­keit er­re­gen

  • Va­ria­tio­nen in Um­fra­ge­da­ten und Kon­fi­denz­in­ter­val­le soll­ten nu­an­ciert be­schrie­ben wer­den

  • Roh­da­ten zu Wahl­um­fra­gen soll­ten öf­fent­lich zu­gäng­lich sein, wie es auch in der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­ni­ty Usus ist

  • Auch Po­li­ti­ke­ri*innen und Amts­trä­ger*innen soll­ten sich die Gren­zen von Wahl­um­fra­gen be­wusst ma­chen und auf ihrer Basis nur ent­spre­chend vor­sich­tig Ent­schei­dun­gen tref­fen

  • For­scher*innen kön­nen vor allem auf­merk­sam blei­ben und ver­su­chen, an einer kon­struk­ti­ven De­bat­te über (Umfrage-​)Daten und ihre Be­deu­tung teil­zu­neh­men

Hier geht es zum Kom­men­tar bei Pu­blic Money & Ma­nage­ment: De­ba­te: Re­por­ting pre-​election polls: it is less about aver­age Jane and Joe, and more about po­la­ri­zed Karen and Kevin

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