Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Was lernen wir aus der Mitarbeiter*innenbefragung 2021?
Letzten Herbst wurde an der WU die erste Mitarbeiter*innenbefragung (MAB) seit Beginn der Covid-Pandemie durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden im April durch die Personalabteilung breiter präsentiert und sind in gekürzter Form hier einzusehen. Im Vergleich zur vorangegangenen MAB 2017 haben sich die Ergebnisse in den einzelnen Dimensionen – gegeben der großen Disruption durch die Pandemie – überraschend wenig verschlechtert. Im Vergleich zur österreichischen Benchmark sind die Ergebnisse in den meisten Dimensionen wie in der Vergangenheit überdurchschnittlich. Dies liegt wohl daran, dass die Tätigkeit an einer öffentlichen Universität im Vergleich zu anderen Branchen viele Vorteile mit sich bringt. Die Ergebnisse im Bereich „Arbeitsbewältigung“ sind allerdings besonders im wissenschaftlichen Personal auffallend unterdurchschnittlich und zeigen darüber hinaus auch einen negativen Trend im Vergleich zur letzten Befragung. In diesem Punkt sind neben der Universitätsleitung vor allem die Führungskräfte gefragt, Verbesserungen für die Betroffenen herbeizuführen.
Die Gründe für eine diesbezügliche Betroffenheit können über weite Strecken nur vermutet werden. Von den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen wurden schwierige Arbeitsanforderungen und Probleme mit der Bewältigung der Arbeitsanforderungen angegeben. Besonders schlechte Werte werden hier bei den Prae-Doc- und Drittmittelbeschäftigten erreicht. Grund für die wahrgenommene zu hohen Arbeitsanforderungen könnten u.a. immer weiter hochgeschraubte Dissertations- bzw. Habilitationsrichtlinien sein. Auch die für die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung erforderlichen Leistungen sind in den diversen departmentspezifischen Richtlinien u.U. da und dort zu ambitioniert. Natürlich werden auch die letzten zwei sehr herausfordernden Pandemie-Jahre dazu beigetragen haben, dass manchen die Bewältigung der Aufgaben über den Kopf zu wachsen scheint. Die hohen Anforderungen in Kombination mit der Ausnahmesituation der letzten Jahre dürften bei Einzelnen zu einem Gefühl der Überforderung geführt haben. Auffallend – und wenig überraschend – ist weiters, dass die Arbeitsbelastung bei zusätzlichen starken Belastungen durch familiäre Pflegeaufgaben als schwer zu bewältigen angesehen wird.
Individuelle Herausforderungen bei der Bewältigung der beruflichen Aufgaben können am besten im Rahmen von Mitarbeiter*innen-Gesprächen angesprochen werden. Wie die MAB 2021 aber auch zeigt, werden diese nicht überall regelmäßig durchgeführt. Auch im Bereich der Zusammenarbeit werden in der Befragung zum Teil Defizite erkennbar. Wir dürfen daher bei dieser Gelegenheit auf § 9 des Universitäten-Kollektivvertrags „Pflichten des/der Vorgesetzten“ verweisen. Demnach sind Führungskräfte zur jährlichen Führung von Mitarbeiter*innengesprächen verpflichtet. Zu diesen Gesprächen dürfen Arbeitnehmer*innen bei Bedarf übrigens ein Betriebsratsmitglied bzw. eine sonstige Vertrauensperson beiziehen. Im Rahmen von vertraulichen und respektvoll geführten Gesprächen sollte es möglich sein, die tieferen Ursachen für eine individuell empfundene Überlastung zu ergründen und seitens der Führungskraft versucht werden – wo möglich – Erleichterungen herbeizuführen bzw. Unterstützung anzubieten.
In diesem Zusammenhang wird aber auch das Thema Arbeitszeit eine große Rolle spielen. Die Ergebnisse der MAB 2021 zeigen vor allem Unterschiede in der Zufriedenheit mit der vereinbarten und der tatsächlichen Arbeitszeit, wobei letztere auffallend schlechte Ergebnisse liefert. Immer wieder erreichen uns auch Berichte aus der Belegschaft, wonach viel zusätzliche Arbeitszeit geleistet wird, die allerdings nicht für das eigene berufliche, sprich wissenschaftliche Fortkommen aufgewendet wird. Eine grundsätzliche Abgeltung dieser Mehrleistungen findet unter KV-Bediensteten des wissenschaftlichen Personals leider nicht statt. Zumindest in der Lehre sind für „Mehrleister*innen“ zwar Lehrzulagen vorgesehen, deren Höhe ist aber seit vielen Jahren nicht valorisiert worden (siehe dazu hier). Freistellungen für Forschungszwecke (v.a. im Rahmen des Programms „Förderung der Forschungsstärke“) werden an den unterschiedlichen Departments meist nur von bestimmten Gruppen des wissenschaftlichen Personals genutzt (meist berufene Professor*innen). Mitarbeitenden auf Praedoc- oder Postdoc-Ebene sind solche Unterstützungsangebote oft entweder bereits formell oder eben faktisch verwehrt. Im Zusammenhang mit den sehr kompetitiven Entwicklungsmöglichkeiten im Haus kann das alles zu einem Gefühl der Überforderung führen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch die mäßige Zufriedenheit mit den Karrieremöglichkeiten im Haus. Unbefristete Stellen sind rar, im wissenschaftlichen Bereich sind die Karriereverläufe extrem fragmentiert.
„Erste Hilfe“ möchten wir bezüglich der zeitlichen Inanspruchnahme anbieten, indem wir zum wiederholten Mal an die v.a. im Rahmen des Universitäten-Kollektivvertrags bestehenden Grenzen bei der Arbeitszeit (siehe auch hier) sowie beim höchstzulässigen Ausmaß der Lehrleistung hinweisen.
Die Ergebnisse der letzten MAB könnten jedenfalls dazu genutzt werden, Führungsarbeit an der WU zu hinterfragen. Dafür bedarf es der laufenden Information von Führungskräften zu ihren Pflichten aber auch zu den einschlägigen arbeitsrechtlichen und WU-internen Regelungen. Diesbezüglich darf auf ein letztes Jahr neu eingerichtetes interaktives Führungskräftehandbuch der Personalabteilung (Zugang erhalten ausschließlich Führungskräfte) aber auch auf die Informationen auf unserer BR-Homepage verwiesen werden.
01.07.2022