Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Anmerkungen des BR zur neuen Leitlinie Qualifizierungs- und Entwicklungsvereinbarungen
Die vor einigen Wochen erlassene „Leitlinie des Vizerektors für Personal über die WU-weite Anwendung des Instruments der Qualifizierungsvereinbarung iSd § 27 Kollektivvertrag sowie des Instruments der Entwicklungsvereinbarung“ stellt den vorläufigen Abschluss eines langen Prozesses dar, der im Frühjahr 2016 begonnen hat. Was ist bisher passiert?
Nach Veröffentlichung der Neufassung des § 99 UG 2016 hat sich im Frühjahr 2016 eine Arbeitsgruppe „Tenure Track“ mit ProfessorInnen-VertreterInnen aller Departments (zumeist die Departmentvorstände), VertreterInnen der MittelbauvertreterInnen im Senat und VertreterInnen des Rektorats (Vizerektor Lang, MitarbeiterInnen der Personalentwicklung) formiert. Der wissenschaftliche Betriebsrat wurde nur im Rahmen der regelmäßig mit dem Vizerektor für Personal stattfindenden jours fixes über die Verhandlungspunkte mündlich informiert, war aber selbst nicht eingeladen, in der Arbeitsgruppe mitzuwirken.
Als grundlegende Ergebnisse der Arbeitsgruppe, an die sich das Rektorat gebunden fühlt, standen folgende Maßnahmen:
Einführung der Differenzierung von Qualifizierungsvereinbarungsstellen „neu“ und Entwicklungsvereinbarungsstellen
Zuordnung der Departments zu einem dieser Typen (nur Qualifizierungsvereinbarung/nur Entwicklungsvereinbarung/wahlweise beide Möglichkeiten)
Keine Ermöglichung von ProfessorInnenstellen nach § 99 Abs 4 UG vor 2024
Der wissenschaftliche Betriebsrat war an der Fällung dieser grundsätzlichen Entscheidungen nicht beteiligt und hat sich im Rahmen der laufenden Informationen über den Fortgang wiederholt gegen diese sich abzeichnenden Ergebnisse ausgesprochen. V.a. die Einführung von Entwicklungsvereinbarungsstellen stellt unseres Erachtens eine „Umgehung des Kollektivvertrags“ dar und ist mit den geplanten Charakteristika (Habilitation als Anforderung für die Entfristung, keine Rechte als assoziierte ProfessorInnen wie etwa ortsungebundene Arbeitspflicht sowie niedrigeres Einkommen) als eine Schlechterstellung dieser zukünftigen Stellen zu werten. Allerdings erging an den wissenschaftlichen Betriebsrat die Einladung, die neue Leitlinie zu Qualifizierungsvereinbarung „neu“ und Entwicklungsvereinbarung in mehreren Etappen zu kommentieren.
Am Ende dieses Prozesses ziehen wir als wissenschaftlicher Betriebsrat folgendes Resümee:
Wir lehnen die Differenzierung in Qualifizierungsvereinbarungs- und Entwicklungsvereinbarungsstellen ab, stellen aber fest, dass es durch diese beiden Instrumente an allen Departments ein grundsätzliches Bekenntnis zu Laufbahnstellen an der WU gibt. Dies ist angesichts der Personalstruktur der WU für die nähere Zukunft wesentlich.
Mit dem Entschluss, uns bei der Neugestaltung der Leitlinien zu involvieren, wollten wir für die zukünftigen KollegInnen möglichst große Transparenz und Fairness in der Abwicklung des Angebots bis hin zur Prüfung des Ergebnisses gewährleisten. Die diesbezüglichen Gespräche mit den VertreterInnen des Rektorats waren sehr konstruktiv. Folgende Verhandlungserfolge können diesbezüglich genannt werden:
Die Gewährung von Überzahlungen v.a. bei Entwicklungsvereinbarungsstellen gegenüber dem normalen Post-Doc-Entlohnungsschema.
Die Möglichkeit des Umstiegs auf eine Entwicklungsvereinbarungsstelle, wenn die Ziele der Qualifizierungsvereinbarung knapp verfehlt werden. Damit sind dann zwar schlechtere Arbeitsbedingungen verbunden, es besteht dadurch aber trotz Verfehlens der Qualifizierungsvereinbarungsziele eine Möglichkeit der unbefristeten Weiterbeschäftigung an der WU.
Zur Orientierung für die zukünftigen StelleninhaberInnen wird es eine ausführliche Darstellung des Workflows geben.
Es wurden Informationsrechte für den wissenschaftlichen Betriebsrat vereinbart, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
Festzuhalten ist allerdings, dass auch die derzeitige Leitlinie von uns kritisierte Inhalte enthält:
Durch die vom wissenschaftlichen Betriebsrat grundsätzlich abgelehnte Differenzierung bei den künftigen Laufbahnstellen in Qualifizierungsvereinbarungs- und Entwicklungsvereinbarungsstellen werden mit letzteren Tenure-Track-Stellen zweiter Klasse geschaffen.
Durch die in der Leitlinie vorgesehene Vorab-Festlegung der einzelnen Departments, sind derzeit in manchen Departments Qualifizierungsvereinbarungsstellen generell ausgeschlossen.
Die Differenzierung, die durch den „beweglichen“Teil (zweite Bedingung) für die Forschungsleistungen der neuen Qualifizierungsvereinbarungsstellen eröffnet wird, kann zu massiven Unterschieden bei den Anforderungen für eine Qualifizierungsvereinbarung zwischen den verschiedenen Departments führen.
Das zwingende Kriterium der Auslandserfahrung für künftige BewerberInnen um eine Qualifizierungsvereinbarungsstelle stellt ein formales Ausschlusskriterium dar. Unser Vorschlag, es in ein Kriterium „stark erwünscht“ umzuwandeln, wurde nicht angenommen, weshalb etwa durch familiäre Verpflichtungen mobilitätsgehemmte BewerberInnen benachteiligt werden.
Die Gewährung einer bloß einseitigen Möglichkeit des Wechselns von (knapp versäumter) Qualifizierungsvereinbarung auf Entwicklungsvereinbarung und kein umgekehrter Wechsel „nach oben“ ist eine starke Gestaltungsgrenze für die unmittelbar beteiligten Personen.
Der wissenschaftliche Betriebsrat wird schon aufgrund der in der Leitlinie verbrieften Informationsrechte weiterhin stark beim Anbot und der Vergabe von Qualifizierungsvereinbarungs- und Entwicklungsvereinbarungsstellen involviert sein. Neben dem Anbot einer ausführlichen Beratung für betroffene KollegInnen werden wir uns v.a. bemühen, die departmentspezifischen Kriterien für die künftige Vergabe einer Qualifizierungsvereinbarung kritisch zu durchleuchten, um dafür zu sorgen, dass dadurch nicht eine noch weitergehende Differenzierung bei Tenure-Track-Stellen an der WU Einzug hält.
10.08.2017