Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal
Personalstrategie und Entwicklungsplan: Positionspapier des Betriebsrats für das wissenschaftliche Personal
(verabschiedet in der BR-Sitzung am 22. März 2017)
Der Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal (wiss.BR) formuliert im Rahmen der geplanten Erstellung eines neuen Personalentwicklungsplans folgende zentrale Forderungen:
Bekenntnis der WU zur Schaffung nachvollziehbarer Karrieremodelle, die aufgrund ihrer transparenten Ausgestaltung eine planbare Karriere an der WU ermöglichen und auch die Option durchgehender Beschäftigungsverläufe im wissenschaftlichen Bereich eröffnen.
Bei den im Personalentwicklungsplan enthaltenen Vorgaben ist darauf zu achten, dass keine versteckten Diskriminierungen v.a. hinsichtlich des Geschlechts und / oder des Alters enthalten sind.
Bei diesen Forderungen geht der wiss.BR von folgenden Ausgangsüberlegungen aus:
In den letzten 15 Jahren wurde die Personalpolitik der WU im wissenschaftlichen Bereich (unabhängig von den Verwendungsbildern) vor allem durch befristete Verträge dominiert. Daraus resultiert ein derzeitiges Verhältnis von unbefristeten Stellen vs. befristeten Stellen von rund 20 : 80 1. Aufgrund der in naher Zukunft zu erwartenden altersbedingten Abgänge v.a. in den Reihen der ao. Univ.-Prof ist abzusehen, dass sich dieses Verhältnis zulasten der unbefristeten Stellen weiter verschlechtern wird. Dies birgt nach Ansicht des wiss.BR aber erhebliche Nachteile auf institutioneller Ebene. Sichere und planbare Karrieren sind im Zusammenhang mit der von der WU so erwünschten Exzellenz aus Sicht des wiss.BR überaus wichtig und für grundlegende Forschungsarbeiten notwendig.
Der wiss.BR geht daher davon aus, dass ein zukünftiger Personalentwicklungsplan2 den folgenden Überlegungen verpflichtet sein sollte:
Der Personalentwicklungsplan soll einen guten Mix von befristeten und unbefristeten Stellen ermöglichen. Insbesondere sollen die Möglichkeiten, NachwuchswissenschafterInnen langfristige Verträge (im Forschungs- und / oder Lehrbereich) zu gewähren, vergrößert werden und Optionen für durchgehende Karrierewege eröffnet werden.Diese Optionen sind insbesondere auf Ebene der Post-Doc-Stellen von erheblicher Relevanz. Der wiss.BR ist der Meinung, dass derzeit überverhältnismäßig viele Vertragsverhältnisse befristet sind. Das hat zur Konsequenz, dass es an der WU derzeit für NachwuchswissenschafterInnen an echten, nachvollziehbaren Karrieremodellen mit entsprechenden Zukunftsperspektiven fehlt. Die daraus resultierende Unsicherheit am Beginn bzw. insbesondere im Mittelstadium einer wissenschaftlichen Karriere ist nicht nur für die MitarbeiterInnen, sondern auch auf institutioneller Ebene unbefriedigend (Stichwort exzellente Forschung). Das Bedürfnis nach nachvollziehbaren Karrieremodellen in der Prae- und Post-Doc-Phase fällt zeitlich oft mit der Familiengründungsphase zusammen, weshalb unsichere Beschäftigungsverhältnisse auch aus dem Gesichtspunkt des ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses aus der Sicht des wiss.BR kontraproduktiv sind.
Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass in unterschiedlichen Disziplinen unterschiedliche Voraussetzungen und Bedürfnisse vorliegen. Aus Sicht der WissenschafterInnen geht es vor allem darum, ob und in welchem Stadium ein Spezialisierungsrisiko besteht. Wenn es darum geht, die besten MitarbeiterInnen zu gewinnen, so muss die Abwägung des Bedarfs an unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen unter diesem Gesichtspunkt für jede Disziplin gesondert geführt werden. Das spricht gegen eine Einheitslösung und mehr für einen Ansatz, der Diversität innerhalb der WU zulässt.
Betreffend die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der möglichen Karrieremodelle ist es erforderlich, dass die zur Erreichung der jeweils nächsten Karrierestufe notwendigen Erfordernisse klar definiert sind und auch im Zeitablauf stabil bleiben. Trotz der Bemühungen der WU, dies zu gewährleisten, besteht unter den vom wiss.BR Vertretenen nicht der Eindruck, dass hier schon ein guter Zustand erreicht ist. In diesem Zusammenhang ist auch schon im Rahmen des Personalentwicklungsplans sicherzustellen, dass die im konkreten Fall bestehenden (oder fehlenden) Karrieremöglichkeiten den einzelnen MitarbeiterInnen gegenüber rechtzeitig und klar kommuniziert werden. Ein Personalentwicklungsplan sollte jedenfalls ein entsprechendes handlungsleitendes Bekenntnis enthalten und die Personalverantwortlichen bei ihren Aufgaben dahingehend fordern und unterstützen (z.B. indem die regelmäßige Durchführung von Karrieregesprächen betont wird).
Anlässlich des Personalentwicklungsplans sollte eine Diskussion über die optimale Verteilung der Personalverantwortung zwischen Rektorat / Department / unmittelbarer Führungskraft geführt werden. Das betrifft auch die Frage der Entscheidung über die Personalstruktur (insb. die Zahl der entfristbaren Stellen), die innerhalb der Vorgaben des Personalstrukturplans des Departments zumeist dezentral gefällt wird. Damit hängt zusammen, dass es aus Sicht des wiss.BR jedenfalls wünschenswert ist, die Abhängigkeit der individuellen Karrieren von der Entscheidung durch eine Person weiter zu entkoppeln.
Im Personalentwicklungsplan sollen für jede Stelle realistische Verwendungsprofile definiert werden. Bei diesen Verwendungsbildern soll es klare Gewichtungen für Forschungs- und Lehrleistungen geben, wobei Forschungs- und Lehrleistungen grundsätzlich als gleichwertig angesehen werden. Somit sollten in Zukunft Lehrleistungen wieder stärker gewichtet werden, auch als Voraussetzungen für weitere Karriereschritte. Dieses Bekenntnis inkludiert auch, dass neben den Mischverwendungen im Forschungs- und Lehrbereich, Senior Lecturer (überwiegende Verwendung in der Lehre) ebenso wie Senior Scientists (überwiegende Verwendung in der Forschung) als relevante Verwendungsbilder angesehen werden. In diesen Verwendungsbildern sind die konkreten Arbeitsverpflichtungen und Tätigkeiten so zu gestalten, dass für die jeweils definierten Forschungs- bzw. Lehrtätigkeiten ausreichend Arbeitszeit gewidmet ist. Im Prae-Doc-Bereich ist sicherzustellen, dass das Erreichen des Qualifizierungsziels (= Abschluss eines einschlägigen Doktorats/PHD-Studiums) bestmöglich unterstützt wird. Außerdem soll besonders im Post-Doc-Bereich dabei auch ein besonderes Engagement im Wissensaustausch mit dem öffentlichen und / oder privaten Sektor Berücksichtigung finden.
In Zusammenhang mit den Verwendungsbildern soll eine Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Verwendungsprofilen nach bestimmten transparenten Regeln möglich sein (z.B. Wechsel von Prae- auf Post-Doc-Stellen, Senior Lecturer zu Senior Scientist oder umgekehrt, aber auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben von Post-Doc / Assoziierten Prof zu ProfessorInnenverwendungen).
Der Personalentwicklungsplan sollte klarstellen, dass die WU die kontinuierliche Weiterbildung (auch) der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen weiterhin fördert und auch selbst entsprechende Angebote zur Verfügung stellt.
Die Vorgaben des gesamten Personalentwicklungsplans sind darauf zu durchleuchten, ob sie versteckte Diskriminierungen, v.a. nach Gender- oder Altersgesichtspunkten enthalten. Solche Diskriminierung können z.B. in zu starren Mobilitätskriterien für Entfristungen oder Übernahmen in die ProfessorInnenkurie liegen, die typischerweise für Frauen bei bestehenden familiären Verpflichtungen schwerer zu erfüllen sind.
Der wiss.BR plädiert für ein klares Bekenntnis im Personalentwicklungsplan, dass prekäre Arbeitsverhältnisse an der WU tunlichst vermieden werden bzw. abgebaut werden sollen. Dies betrifft insb. einen Teil der externen LektorInnen, bei denen (entgegen jüngeren Entwicklungen) ganz generell stärker auf eine angemessene Remuneration geachtet werden sollte. Lehrbeauftragten, die als echte DienstnehmerInnen für 2 SWS-Lehraufträge angestellt werden, ist – unabhängig von den KV-Regelungen – eine Vollversicherung in der Sozialversicherung zu ermöglichen.
Ebenso sollte die WU MitarbeiterInnen im Prae-doc-Stadium zeitnah zu deren Ausscheiden Unterstützung für den weiteren Karriereverlauf anbieten (Information, Kontakte, Aufbau eines Placement Service). Ein entsprechendes Bekenntnis zu dieser Verantwortung in einem Personalentwicklungsplan würde vom wiss.BR begrüßt werden.
Es ist dem wiss.BR bewusst, dass die angeführten Punkte in einem Spannungsverhältnis mit der abschließenden Anforderung stehen, dass das System der Personalentwicklung möglichst schlank bleiben sollte. Für ein schlankes System spricht auch, dass ein übermäßig komplexes System zu internen Widersprüchen führt, die bei den betroffenen MitarbeiterInnen zumindest den Eindruck erwecken, dass vergleichbare Problemlagen oder Fälle nicht auch gleich behandelt werden. Zumindest letzteres ist aus Sicht des wiss.BR jedenfalls zu vermeiden.
[1] Dieses Verhältnis bezieht sich auf Köpfe. Stichtag dieser Berechnungen ist der 25.07.2016.
[2] Dem wiss.BR geht es nicht um die exakte Bezeichnung des entsprechenden Dokuments oder der Dokumente, sondern um die Inhalte.
06.04.2017