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Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal

Alles rund ums Arbeitsverhältnis Teil 4

Begleitend zu der im Rahmen der Initiative „WU all inclusive“ Anfang Februar stattgefundenen Veranstaltung (die Nachlese zu dieser Veranstaltung findet sich hier) möchten wir an dieser Stelle im Rahmen unserer Reihe „Alles rund ums Arbeitsverhältnis – Teil 4“ auf die arbeitsrechtliche Sonderstellung von MitarbeiterInnen mit Behinderung bzw. Beeinträchtigungen aufmerksam machen. Diese ist im Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) geregelt, wobei das Gesetz zwei Gruppen unterscheidet:

I.)                  Begünstigte Behinderte

Als begünstigte Behinderte im Sinn des § 2 BEinstG gelten grundsätzlich österreichische StaatsbürgerInnen (aber auch EU- und EWR-BürgerInnen, Schweizer BürgerInnen und deren Familienangehörige, Flüchtlinge, denen Asyl gewährt wurde und Personen mit einem Daueraufenthaltstitel sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch sonstige Drittstaatsangehörige) mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 %. Das Ausmaß der Behinderung ist durch Bescheid festzustellen, der nur auf Antrag der betroffenen Person ergeht.

Bezüglich dieser Beschäftigtengruppe trifft die WU - wie andere ArbeitgeberInnen auch - eine Beschäftigungspflicht. In deren Rahmen muss auf je 25 ArbeitnehmerInnen mindestens ein/e begünstigte/r Behinderte/r eingestellt werden. Kommt die WU dieser Beschäftigungspflicht nicht ausreichend nach, muss pro zu beschäftigender Person eine monatlich fällige Ausgleichstaxe in Höhe von derzeit (2017) € 377,- an das Sozialministeriumservice gezahlt werden.

Werden begünstigte Behinderte im Sinne des § 2 BEinstG in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt an der WU beschäftigt (nicht erfasst sind daher freie Dienstnehmer/innen) und wurde die WU über deren Status als begünstigte/r Behinderte/r durch Vorlage des Bescheids informiert, gilt für sie ein besonderer Kündigungsschutz (wurde trotz Vorliegens einer Behinderung kein entsprechender Bescheid beantragt oder wurde dieser nicht vorgelegt, ist auch kein besonderer Kündigungsschutz zu beachten):

Hat das Arbeitsverhältnis eines bzw. einer begünstigten Behinderten zum Zeitpunkt des Ausspruchs einer Kündigung bereits länger als vier Jahre bestanden (ausnahmsweise kann dieser Schutz auch schon früher greifen), ist diese Kündigung nur dann wirksam, wenn grundsätzlich vor dem Ausspruch der Kündigung der Behindertenausschuss (eingerichtet beim Sozialministeriumservice) nach Anhörung des Betriebsrats, der Behindertenvertrauensperson oder der Personalvertretung seine Zustimmung erteilt hat. Erst wenn der Behindertenausschuss seine Zustimmung zur Kündigung erteilt hat, kann die WU unter Einhaltung der jeweils geltenden Fristen und Termine (das BEinstG sieht eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen vor) kündigen.

II.)                Menschen mit (vorübergehender) Beeinträchtigungen

Unabhängig von einem bestimmten Grad der Behinderung sieht das BEinstG Diskriminierungsverbote und einen individuellen Kündigungs- und Entlassungsschutz vor, wenn eine Behinderung im Sinn des § 3 BEinstG vorliegt. Darunter ist die Auswirkung einer länger als sechs Monate andauernden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die die Teilnahme am Arbeitsleben erschweren kann. Das können neben chronischen Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen auch akute schwere Erkrankungen sein, die zu einer länger als sechsmonatigen Beschränkung im Arbeitsleben führen.

Für ArbeitnehmerInnen mit Behinderung im Sinn des § 3 BEinstG ist Folgendes zu beachten:

·         Niemand darf (und zwar unabhängig von einem bestimmten Grad der Behinderung) aufgrund einer Behinderung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, wobei eine Diskriminierung auch dann vorliegt, wenn eine Person aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Behinderung diskriminiert wird (z.B. Eltern, Kinder, Partner/innen). Dieses Diskriminierungsverbot gilt bei

  • der Begründung des Arbeitsverhältnisses (weshalb schon auf eine diskriminierungsfreie Ausschreibung zu achten ist),

  • der Festsetzung des Entgelts,

  • der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen,

  • Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung,

  • dem beruflichen Aufstieg, insb. bei Beförderungen und Zuweisung höher entlohnter Verwendungen/Funktionen,

  • den sonstigen Arbeitsbedingungen,

  • der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (s. auch unten).

Wird die behinderte Person wegen ihrer Behinderung belästigt, liegt ebenfalls eine gesetzlich verbotene Diskriminierung vor. Dieser würde sich die WU auch schuldig machen, wenn sie es schuldhaft unterlässt, angemessene Abhilfe gegen eine Belästigung des/der behinderten Arbeitnehmers bzw. Arbeitnehmerin durch Dritte (z.B. Kolleg/inn/en) zu schaffen. Diese Fürsorgepflicht trifft im täglichen Arbeitsablauf v.a. die unmittelbare Führungskraft.

Ein Verstoß gegen diese Diskriminierungsverbote kann zu Schadenersatzforderungen gegen die Arbeitgeberin führen.

·         Im Rahmen des Diskriminierungsverbots bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses können Kündigungen, Entlassungen oder Beendigungen in der Probezeit, die wegen der Behinderung erfolgt sind, vor dem Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Auch der deswegen eintretende Ablauf eines befristeten, allerdings auf die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angelegten Arbeitsverhältnisses kann vor dem Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden. Zuvor ist in allen Fällen einer derart diskriminierenden Vertragsbeendigung aber ein verpflichtend durchzuführendes Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice vorgesehen. Nur wenn dieses scheitert, kann Klage erhoben werden. Begünstigte Behinderte nach § 2 BEinstG können sich übrigens im Fall einer diskriminierenden Kündigung nicht auf diesen individuellen Kündigungsschutz stützen; die diskriminierenden Kündigungsmotive sind im Rahmen des vorgesehenen Zustimmungsverfahrens vor dem Behindertenausschuss zu berücksichtigen.

08.03.2017

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