Mobile Arbeit: Inklusion oder Backlash?
Anlässlich des Tags der Geschlechterforschung am 5.12. stellen wir eine WU-Studie zu den Vor- und Nachteilen mobiler Arbeit vor.
Wie wirkt sich die WU-Policy Mobiles Arbeiten auf (digitale) Teamarbeit aus? Was bedeutet mobiles Arbeiten für die Führung von Teams? Und gibt es Personengruppen, die davon mehr profitieren als andere? Diese und weitere Fragen untersuchten Marie-Therese Claes, Maria Clar-Novak und Anett Hermann vom Institut Gender & Diversität in Organisationen der WU in ihrer Evaluierungsstudie „Mobiles Arbeiten für das Allgemeine Personal der WU Wien“. Anlässlich des Tags der Geschlechterforschung, der zum 2. Mal vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung am 5.12. veranstaltet wird, stellen wir diese Studie vor.
Der erste Teil der Studie umfasste 42 Interviews mit Teilnehmer*innen eines Pilotprojekts, das mobile Arbeitsvereinbarungen bereits seit 2002 bis 2020 mit Schlüsselarbeitskräften, Personen mit Betreuungsaufgaben sowie Personen mit Behinderungen ermöglichte. Im zweiten Teil der Studie wurde eine Fragebogenerhebung durchgeführt, die sich an das gesamte allgemeine Personal mit insgesamt 842 Mitarbeitenden richtete. 425 vollständig ausgefüllte Fragebögen wurden zurückgeschickt und ausgewertet.
Zentrale Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Erhebung
Mitarbeitende der WU Wien sind mit bestehenden mobilen Arbeitsvereinbarungen zufrieden, wünschen sich jedoch mehr zeitliche und räumliche Flexibilität sowie individuelle Handlungsspielräume in Absprache mit der Führungskraft. Gleichzeitig wird die Genehmigung von Flexibilität teilweise als willkürlich empfunden.
Die Mehrheit möchte mindestens wöchentlich mobil arbeiten. Frauen mit Betreuungsaufgaben tun dies bereits häufiger und möchten dies beibehalten. Etwa die Hälfte der Männer bevorzugt mehrmals pro Woche mobiles Arbeiten, während teilzeitarbeitende Frauen etwas weniger mobile Arbeit anstreben. Grund dafür ist möglicherweise, dass Teilzeitarbeit zu einem Gefühl des Ausschlusses führen kann.
Mobiles Arbeiten ermöglicht Personen mit Betreuungspflichten, mehr Stunden zu arbeiten und Führungsverantwortung zu übernehmen. Dies eröffnet Frauen, die tendenziell öfter Betreuungspflichten außerhalb bezahlter Arbeit innehaben, mehr Karriereoptionen und ermöglicht Männern eine verstärkte Übernahme von Betreuungspflichten.
Mobiles Arbeiten birgt jedoch auch die Gefahr von Überarbeitung, indem Arbeitszeiten übergangen und Pausen vernachlässigt werden. Dies kann, ebenso wie ein schlecht ausgestatteter Arbeitsplatz, zu gesundheitlichen Problemen führen.
Führungskräfte sollten eine Vorbildfunktion in Bezug auf Selbst- und Zeitmanagement übernehmen, klare Erwartungen an die Erreichbarkeit kommunizieren und auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Aspekte wie Arbeitszeit, Urlaub und Krankenstände achten, besonders im Kontext des mobilen Arbeitens, wo es zu leichteren Verstößen gegen getroffene Vereinbarungen kommen kann.
Teilzeitarbeit stellt größere Herausforderungen für Koordination, Kommunikation und Teamzusammenhalt dar als mobiles Arbeiten, was zu stärkerer Exklusion von Teilzeitkräften führen kann. Klare und transparente Kommunikation seitens der Führungskraft mindert diese Exklusionsprozesse.
Die COVID-19-Pandemie beeinflusste die Wahrnehmung von mobiler Arbeit positiv, da während der Pandemie gute Erfahrungen gemacht wurden, die Teamarbeit davon sogar profitiert hat und zuvor empfundene Exklusionsprozesse beendet wurden. Mitarbeiter*innen streben mehr Flexibilität an, gestärkt durch die positive Erfahrung während der Pandemie. Allerdings besteht Unklarheit über rechtliche Rahmenbedingungen.
Handlungsempfehlungen
Transparente Kommunikation und Informationen zu (zukünftigen) Projekten und organisationalen Rahmenbedingungen können das Gefühl der „Willkür“ von Führungskräften mindern und das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden zur Organisation stärken.
Um das Risiko von Überarbeitung zu minimieren, sollten Führungskräfte im Kontext des mobilen Arbeitens eine Vorbildfunktion in Bezug auf Selbst- und Zeitmanagement übernehmen, klare Erwartungen an die Erreichbarkeit kommunizieren und auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Aspekte wie Arbeitszeit, Urlaub und Krankenstände achten.
Hybride (Team)Arbeitsformen sollten gefördert und normalisiert werden, um Karrieremöglichkeiten für Frauen und andere Gruppen zu verbessern und auch die Rekrutierung einer vielfältigeren Belegschaft zu erleichtern.
Schulungen für Führungskräfte zu Komplexitätssteigerungen und Herausforderungen bei hybriden Teams anbieten, Mitarbeiter*innen mit Digitalisierungsangeboten und beim Finden von Instrumenten zur Selbststrukturierung unterstützen, arbeitsrechtliche Aspekte mobilen Arbeitens verständlich machen, um Wissenslücken zu schließen.
Am 5. Dezember 2023 veranstaltet das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung zum 2. Mal den Tag der Geschlechterforschung. Dabei werden individuelle und institutionelle Leistungen auf dem Gebiet der Geschlechterforschung sichtbar gemacht.