Frauen und Finanzbildung
Wanted: Fearless girls im Umgang mit Geld
Anlässlich des Weltfrauentages 2017 wurde die Statue des fearless girls, des „furchtlosen Mädchens“, geschaffen. Mit unerschrockenem Blick, breitbeinig und die Hände in die Hüften gestemmt steht die kleine, zierliche Mädchenstatue mit dem Pferdeschwanz der New York Stock Exchange, einem der bedeutendsten Finanzplätze der Welt, gegenüber.
Die Mädchen und Frauen, die in finanziellen Angelegenheiten „fearless girls“ sind, stellen jedoch eine Minderheit dar. Empirische Forschungsergebnisse legen nahe, dass viele Frauen – unabhängig von Alter und Bildung – im Vergleich zu Männern über weniger Finanzwissen verfügen und sich außerdem ihres Wissens nicht sicher sind. Sie können im Schnitt weniger Finanzwissensfragen zu Themenkreisen wie Inflation, Zinseszinsen, Anleihenkursen und Risikostreuung richtig beantworten. Wie unsicher sie sich ihres eigenen Wissens sind, kommt auch darin zum Ausdruck, dass Frauen deutlich öfter als Männer die Antwortoption „Ich weiß es nicht“ nutzen.
Mehr Vorsicht, höhere Risikoaversion
Frauen sind zwar einerseits im tagtäglichen Umgang mit Geld im Schnitt umsichtiger und gewissenhafter als Männer, sie sind auch weniger oft von Schuldenproblemen betroffen. Andererseits sparen und investieren sie auch sehr risikoscheu und erzielen so in der Regel mit ihrem veranlagten Kapital geringere Renditen. Ihre Berufswahl und längere Phasen in Teilzeit tragen oft dazu bei, dass sie wenig verdienen und wenig Pension bekommen.
Auf Grund ihrer Risikoaversion und der Unsicherheit bei finanziellen Themen verlassen sich vor allem Frauen in Partnerschaften bei größeren finanziellen Entscheidungen oft auf andere. So werden ihr Finanzwissen und ihr Erfahrungsschatz auch nicht reicher. Dementsprechend sieht man auch nur in der Subgruppe der alleinlebenden Frauen, die geschieden oder verwitwet sind, im Finanzwissen keinen Unterschied zu den befragten Männern. Frau kann also, wenn sie muss.
Finanzwissen schafft Vorteile
Die Wissensgrundlage ist nämlich wichtig: Personen mit einem höheren Level an Finanzwissen sind (bei statistischer Kontrolle von verschiedenen sozioökonomischen Faktoren) mehrfach im Vorteil: sie kennen vergleichsweise mehr Finanzprodukte, nutzen mehr Informationsquellen für ihre finanziellen Entscheidungen und haben eher einen Notgroschen für schlechte Zeiten beiseitegelegt. Sie neigen weniger dazu, Kredite für kurzlebige Zwecke aufzunehmen wie für laufende Rechnungen, spontane Einkäufe, Geschenke oder einen Urlaub. Finanzbildung spielt daher für die Entwicklung von finanzieller Resilienz eine bedeutende Rolle.
Wir brauchen daher mehr Unterstützung für Frauen, sich Finanzwissen anzueignen, sich zu informieren, sich mit finanziellen Entscheidungen zu beschäftigen und sich einzubringen und sich schließlich zuzutrauen, auch selbstständig finanzielle Entscheidungen zu treffen: wir brauchen mehr „fearless girls“!
Bettina Fuhrmann, WU Professorin und Leiterin des WU Instituts Wirtschaftspädagogik
Einladung
Podiumsdiskussion
Gender Gap in der Finanzbildung
Veranstaltung anlässlich des Internationalen Frauentags
20. März 2024, 17:00-18:30
Wirtschaftsuniversität Wien, Library & Learning Center Clubraum
Weltweit schneiden Frauen in Finanzwissenstests schlechter ab als Männer. Auch in Österreich zeigt sich, dass der Unterschied zwischen Frauen und Männern im Finanzwissen größer ist als in anderen Themenbereichen. Anlässlich des internationalen Frauentags 2024 machen wir den Gender Gap in der Finanzbildung zum Thema einer Podiumsdiskussion an der WU. Mit Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis wollen wir den aktuellen Forschungsstand zu diesem Thema beleuchten, über Herausforderungen vom Taschengeld bis zur Altersarmut reden und über praktische Lösungen diskutieren, wie wir den Gender Gap in der Finanzbildung überwinden können.
Podium:
Bettina Fuhrmann, Universitätsprofessorin für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Fragestellungen der Wirtschaftsbildung mit dem Schwerpunkt Finanzbildung
Maria Silgoner, Ökonomin und Expertin für Finanzbildung der Österreichischen Nationalbank
Doris Zingl, Leitung des Bereichs Recht beim Bankenverband, Gründerin der Gender Diversity Initiative des Bankenverbandes
Präsentation:
Tatjana Degasperi, forscht am Institut für Wirtschaftspädagogik der WU Wien gemeinsam mit Doris Zingl
Moderation:
Michael Köttritsch, Ressortleiter „Management & Karriere“, die Presse
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion laden wir zur Vernetzung bei einem kleinen Buffet ein.
Um Anmeldung bis zum 14.3. an Sonja Lydtin unter diversity-policy@wu.ac.at wird gebeten.