Forschung

Frauen und Finanzbildung

19. Februar 2024

Wan­ted: Fe­arless girls im Um­gang mit Geld

An­läss­lich des Welt­frau­en­ta­ges 2017 wurde die Sta­tue des fe­arless girls, des „furcht­lo­sen Mäd­chens“, ge­schaf­fen. Mit un­er­schro­cke­nem Blick, breit­bei­nig und die Hände in die Hüf­ten ge­stemmt steht die klei­ne, zier­li­che Mäd­chen­sta­tue mit dem Pfer­de­schwanz der New York Stock Exchan­ge, einem der be­deu­tends­ten Fi­nanz­plät­ze der Welt, ge­gen­über.

Die Mäd­chen und Frau­en, die in fi­nan­zi­el­len An­ge­le­gen­hei­ten „fe­arless girls“ sind, stel­len je­doch eine Min­der­heit dar. Em­pi­ri­sche For­schungs­er­geb­nis­se legen nahe, dass viele Frau­en – un­ab­hän­gig von Alter und Bil­dung – im Ver­gleich zu Män­nern über we­ni­ger Fi­nanz­wis­sen ver­fü­gen und sich au­ßer­dem ihres Wis­sens nicht si­cher sind. Sie kön­nen im Schnitt we­ni­ger Fi­nanz­wis­sens­fra­gen zu The­men­krei­sen wie In­fla­ti­on, Zin­ses­zin­sen, An­lei­hen­kur­sen und Ri­si­ko­streu­ung rich­tig be­ant­wor­ten. Wie un­si­cher sie sich ihres ei­ge­nen Wis­sens sind, kommt auch darin zum Aus­druck, dass Frau­en deut­lich öfter als Män­ner die Ant­wort­op­ti­on „Ich weiß es nicht“ nut­zen.

Mehr Vorsicht, höhere Risikoaversion

Frau­en sind zwar ei­ner­seits im tag­täg­li­chen Um­gang mit Geld im Schnitt um­sich­ti­ger und ge­wis­sen­haf­ter als Män­ner, sie sind auch we­ni­ger oft von Schul­den­pro­ble­men be­trof­fen. An­de­rer­seits spa­ren und in­ves­tie­ren sie auch sehr ri­si­ko­scheu und er­zie­len so in der Regel mit ihrem ver­an­lag­ten Ka­pi­tal ge­rin­ge­re Ren­di­ten. Ihre Be­rufs­wahl und län­ge­re Pha­sen in Teil­zeit tra­gen oft dazu bei, dass sie wenig ver­die­nen und wenig Pen­si­on be­kom­men.

Auf Grund ihrer Ri­si­ko­aver­si­on und der Un­si­cher­heit bei fi­nan­zi­el­len The­men ver­las­sen sich vor allem Frau­en in Part­ner­schaf­ten bei grö­ße­ren fi­nan­zi­el­len Ent­schei­dun­gen oft auf an­de­re. So wer­den ihr Fi­nanz­wis­sen und ihr Er­fah­rungs­schatz auch nicht rei­cher. Dem­entspre­chend sieht man auch nur in der Sub­grup­pe der al­lein­le­ben­den Frau­en, die ge­schie­den oder ver­wit­wet sind, im Fi­nanz­wis­sen kei­nen Un­ter­schied zu den be­frag­ten Män­nern. Frau kann also, wenn sie muss.

Finanzwissen schafft Vorteile

Die Wis­sens­grund­la­ge ist näm­lich wich­tig: Per­so­nen mit einem hö­he­ren Level an Fi­nanz­wis­sen sind (bei sta­tis­ti­scher Kon­trol­le von ver­schie­de­nen so­zio­öko­no­mi­schen Fak­to­ren) mehr­fach im Vor­teil: sie ken­nen ver­gleichs­wei­se mehr Fi­nanz­pro­duk­te, nut­zen mehr In­for­ma­ti­ons­quel­len für ihre fi­nan­zi­el­len Ent­schei­dun­gen und haben eher einen Not­gro­schen für schlech­te Zei­ten bei­sei­te­ge­legt. Sie nei­gen we­ni­ger dazu, Kre­di­te für kurz­le­bi­ge Zwe­cke auf­zu­neh­men wie für lau­fen­de Rech­nun­gen, spon­ta­ne Ein­käu­fe, Ge­schen­ke oder einen Ur­laub. Fi­nanz­bil­dung spielt daher für die Ent­wick­lung von fi­nan­zi­el­ler Re­si­li­enz eine be­deu­ten­de Rolle.

Wir brau­chen daher mehr Un­ter­stüt­zung für Frau­en, sich Fi­nanz­wis­sen an­zu­eig­nen, sich zu in­for­mie­ren, sich mit fi­nan­zi­el­len Ent­schei­dun­gen zu be­schäf­ti­gen und sich ein­zu­brin­gen und sich schließ­lich zu­zu­trau­en, auch selbst­stän­dig fi­nan­zi­el­le Ent­schei­dun­gen zu tref­fen: wir brau­chen mehr „fe­arless girls“!

Bet­ti­na Fuhr­mann, WU Pro­fes­so­rin und Lei­te­rin des WU In­sti­tuts Wirt­schafts­päd­ago­gik

Einladung

Podiumsdiskussion

Gender Gap in der Finanzbildung

Ver­an­stal­tung an­läss­lich des In­ter­na­tio­na­len Frau­en­tags

  • 20. März 2024, 17:00-18:30

  • Wirt­schafts­uni­ver­si­tät Wien, Li­bra­ry & Lear­ning Cen­ter Club­raum

Welt­weit schnei­den Frau­en in Fi­nanz­wis­sens­tests schlech­ter ab als Män­ner. Auch in Ös­ter­reich zeigt sich, dass der Un­ter­schied zwi­schen Frau­en und Män­nern im Fi­nanz­wis­sen grö­ßer ist als in an­de­ren The­men­be­rei­chen. An­läss­lich des in­ter­na­tio­na­len Frau­en­tags 2024 ma­chen wir den Gen­der Gap in der Fi­nanz­bil­dung zum Thema einer Po­di­ums­dis­kus­si­on an der WU. Mit Ex­pert*innen aus Wis­sen­schaft und Pra­xis wol­len wir den ak­tu­el­len For­schungs­stand zu die­sem Thema be­leuch­ten, über Her­aus­for­de­run­gen vom Ta­schen­geld bis zur Al­ters­ar­mut reden und über prak­ti­sche Lö­sun­gen dis­ku­tie­ren, wie wir den Gen­der Gap in der Fi­nanz­bil­dung über­win­den kön­nen.

Podium:

  • Bet­ti­na Fuhr­mann, Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­rin für Wirt­schafts­päd­ago­gik an der Wirt­schafts­uni­ver­si­tät Wien. Zu ihren Ar­beits­schwer­punk­ten zäh­len Fra­ge­stel­lun­gen der Wirt­schafts­bil­dung mit dem Schwer­punkt Fi­nanz­bil­dung

  • Maria Sil­go­ner, Öko­no­min und Ex­per­tin für Fi­nanz­bil­dung der Ös­ter­rei­chi­schen Na­tio­nal­bank

  • Doris Zingl, Lei­tung des Be­reichs Recht beim Ban­ken­ver­band, Grün­de­rin der Gen­der Di­ver­si­ty In­itia­ti­ve des Ban­ken­ver­ban­des

Präsentation:

  • Tat­ja­na De­gas­pe­ri, forscht am In­sti­tut für Wirt­schafts­päd­ago­gik der WU Wien ge­mein­sam mit Doris Zingl

Moderation:

  • Mi­cha­el Köt­tritsch, Res­sort­lei­ter „Ma­nage­ment & Kar­rie­re“, die Pres­se

Im An­schluss an die Po­di­ums­dis­kus­si­on laden wir zur Ver­net­zung bei einem klei­nen Buf­fet ein.

Um An­mel­dung bis zum 14.3. an Sonja Lyd­tin unter diversity-​policy@wu.ac.at wird ge­be­ten.

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