Hintere Außenansicht des D2 Gebäudes

Der gesellschaftliche und ökonomischen Nutzen des Zivildienstes in Österreich 2023 und seine Bedeutung für den Sozial- und Gesundheitsbereich

Seit nunmehr fünf Jahrzehnten besteht in Österreich der Zivildienst als Wehrersatzdienst. In den vergangenen Jahren haben sich durchschnittlich rund 45 Prozent der Wehrpflichtigen für den Zivildienst entschieden, wobei insbesondere die Sinnhaftigkeit für den Zivildienst ausschlaggebend ist.

Im Jahr 2024 hat das NPO-Kompetenzzentrum bereits zum dritten Mal den „gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen des Zivildienstes“ auf Basis von Daten für das Jahr 2023 näher untersucht und dabei einen vertieften Blick auf den Nutzen für das Gesundheits- und Sozialwesen geworfen.

Auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse wurde das reale Szenario „Zivildienst (ZD)“ mit dem hypothetischen Alternativszenario „kein Zivildienst (kein ZD)“ verglichen.

Im Jahr 2023 haben die Zivildiener hochgerechnet rund 16,3 Millionen Stunden geleistet. Die meisten Stunden entfielen auf den Rettungsdienst (36,7 %) sowie die Bereiche der Alten- (9,3 %) und Behindertenhilfe (7,7 %). Durch ihre Tätigkeit erhalten die Zivildiener Kontakte zu gesellschaftlichen Gruppen und Einblicke in Problemlagen, die ihnen ohne den Dienst verwehrt geblieben wären. Bei vielen führt dies zu einer veränderten Einstellung zu sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen und zu mehr Verständnis für die Probleme benachteiligter Gruppen. Für manche ist das im Dienst erworbene Fachwissen auch für die berufliche Zukunft von großem Nutzen. Die Erfahrungen während des Zivildienstes prägen einen Teil der Zivildienstleistenden so sehr, dass sie sich auch nach ihrem Dienst weiter für die Gesellschaft engagieren. Unsere Ergebnisse über alle drei Studien hinweg zeigen, dass aus jeder Zivildienerkohorte rund ein Drittel der Zivildiener als Ehrenamtliche in den Einrichtungen verbleiben und zum so genannten Ehrenamtseffekt betragen, indem sie viele unentgeltliche Leistungsstunden leisten und damit erneut zur Versorgungsqualität beitragen und zur Entlastung der Mitarbeitenden.

Auch die Einrichtungen bestätigen, dass der Zivildienst einen hohen bis sehr hohen Beitrag zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Versorgungsqualität der leistungsbeziehenden Personen beiträgt und die hauptamtlichen Beschäftigten entlastet. Gäbe es den Zivildienst nicht, würden die Zivildiensteinrichtungen nach eigenen Angaben rund 70 % der Leistungsstunden der Zivildiener aufrechterhalten, die sie durch die Einstellung neuer Hauptamtlicher (57,2 %) Mehrarbeit bestehenden Personals (29,3 %) bzw. Ehrenamtlicher (14 %) kompensieren würden.

Eine Gesamtbeurteilung über alle relevanten Stakeholder, bei denen Kosten anfallen bzw. die von Leistungen bzw. Wirkungen profitieren, zeigt, dass der Zivildienst entsprechend seiner Form auch im Jahr 2023 für die Gesellschaft sehr vorteilhaft ist, da bei der Gesamtbetrachtung über alle einbezogenen Stakeholder weniger Kosten (-303 Mio. Euro) entstehen. Dieser für den Zivildienst positive Kosteneffekt wird durch einen ebenfalls deutlich positiven Leistungseffekt ergänzt. So fielen im Zivildienstszenario Leistungen bzw. positive Wirkungen im Gesamtvolumen von etwa 1,8 Mrd. Euro an. Im Alternativszenario „kein Zivildienst“ wären es hingegen nur etwa 1,3 Mrd. Euro. Diese Differenz von etwa mehr als 500 Mio. Euro ist zum Gutteil auf den Ehrenamtseffekt zurückzuführen. Werden sowohl Kosten als auch Leistungen berücksichtigt, ergibt dies in Summe eine Gesamtdifferenz von 804 Mio. Euro als positiver Gesamteffekt des Zivildienstes mit Bezug auf Kosten und Leistungen.

DOWNLOAD ZIVILDIENSTSTUDIE 2023 - ENDBERICHT

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Studienberichte aus den Jahren 2012 und 2019

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Photo credit: ©BKA/Antia-Tatic

Kontakt

Mag.Dr.rer.soc.oec. Christian Grünhaus

Christian Grünhaus

(ehm. Schober) Wissenschaftlicher Leiter, Senior Researcher
Aufgaben: Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Evaluation, SROI-Analysen, Finanzierung, Spendenverhalten, Arbeitszufriedenheit und Motivation, Altenpflege und –betreuung, Menschen mit Behinderung bzw. Barrierefreiheit
Mag.rer.soc.oec. Selma Sprajcer

Selma Sprajcer

Senior Researcherin
Aufgaben: Themen im Bereich Menschen mit Behinderung und Barrierefreiheit, Freiwilligenarbeit, Zivilgesellschaft, wissenschaftliche Begleitung von Projekten
Mag.rer.soc.oec. Eva More-Hollerweger

Eva More-Hollerweger

Senior-Researcherin, Obfrau des NPO-Instituts (Verein)
Aufgaben: NPOs, Zivilgesellschaft, Freiwilligenarbeit, Evaluationen und strategisches Management.
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Julian Kettl

Researcher
Aufgaben: Arbeitsmarktintegration, quantitative Methoden
Franka Walde, B.A.

Franka Walde B.A.

Junior Researcherin
Aufgaben: SROI-Analysen, Governance und finanzielle Stabilität in NPOs, Bildung, Kinder und Jugendliche