Hintere Außenansicht des D2 Gebäudes

Erwerbsarbeit & Inklusion

Er­werbs­tä­tig­keit ist ein we­sent­li­cher Grund­pfei­ler der In­klu­si­on von Men­schen mit Be­hin­de­rung. Ei­ner­seits ver­hilft das Ein­kom­men zu mehr Selbst­be­stim­mung in der Le­bens­füh­rung, an­de­rer­seits wer­den Per­so­nen mit Be­hin­de­run­gen sowie ihre Fä­hig­kei­ten in der Ge­sell­schaft sicht­ba­rer und eine so­zia­le Zu­ge­hö­rig­keit wird ver­mit­telt.

Gemäß § 27 der UN-​Behindertenrechtskonvention haben Men­schen mit Be­hin­de­run­gen gleich­be­rech­tigt mit an­de­ren das Recht auf Ar­beit. Die Ver­trags­staa­ten, zu denen Ös­ter­reich seit 2008 da­zu­ge­hört, haben sich dazu ver­pflich­tet, die Ver­wirk­li­chung die­ses Rechts mit ent­spre­chen­den Maß­nah­men und Rechts­vor­schrif­ten zu si­chern und zu för­dern. Letz­te­re fin­den sich im Be­hin­der­ten­ein­stel­lungs­ge­setz (BEinstG) und um­fas­sen u.a. die Be­schäf­ti­gungs­pflicht unter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen, Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot bzw. den Schutz vor Dis­kri­mi­nie­rung aber auch die Ver­pflich­tung der Dienst­ge­be­rIn­nen zu an­ge­mes­se­nen Vor­keh­run­gen und För­der­maß­nah­men für be­schäf­tig­te Men­schen mit Be­hin­de­rung.

Un­ter­stüt­zungs­maß­nah­men wie die Per­sön­li­che As­sis­tenz am Ar­beits­platz oder die Mög­lich­keit, sich zur Grup­pe der be­güns­tigt Be­hin­der­ten zu­tei­len zu las­sen und da­durch u.a. einen er­höh­ten Kün­di­gungs­schutz zu ge­nie­ßen, wer­den sei­tens des Bun­des ge­för­dert. Dienst­ge­bern stellt der Bund fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung bei der bar­rie­re­frei­en Ge­stal­tung des Ar­beits­plat­zes. Trotz die­ser Maß­nah­men ist der Ar­beits­markt in Ös­ter­reich noch bei Wei­tem nicht in­klu­siv. Ein Blick auf die Ar­beits­lo­sen­zah­len 2018 zeigt, dass nur etwas mehr als die Hälf­te der be­güns­tigt Be­hin­der­ten er­werbs­tä­tig ist, was deut­lich unter der Er­werbs­tä­tig­keits­quo­te in der Ge­samt­be­völ­ke­rung liegt. Zudem mach­te die Grup­pe der Men­schen mit Be­güns­tig­ten­sta­tus ge­mein­sam mit jenen mit einer ge­sund­heit­li­chen Ver­mitt­lungs­ein­schrän­kun­gen 24% aller Ar­beits­lo­sen aus.

Wäh­rend die vorab dar­ge­stell­ten Maß­nah­men gemäß den da­hin­ter­ste­hen­den Vor­aus­set­zun­gen vor allem auf die In­klu­si­on von Per­so­nen mit einer Körper-​ oder Sin­nes­be­hin­de­rung am Ar­beits­markt zie­len, be­stehen für Per­so­nen mit einer in­tel­lek­tu­el­len Be­hin­de­rung bzw. einer psy­chi­schen Be­ein­träch­ti­gung der­zeit nur we­ni­ge Mög­lich­kei­ten einer Be­schäf­ti­gung am re­gu­lä­ren Ar­beits­markt. Sie gehen viel­mehr einer Tä­tig­keit im Rah­men von „Be­schäf­ti­gungs­the­ra­pien“ bzw. „Fä­hig­keits­ori­en­tier­ten Ak­ti­vi­tä­ten“ nach oder stel­len Pro­duk­te in „Ge­schüt­zen Werk­stät­ten“ her. Rund 22.000 Per­so­nen sind der­zeit in die­sen Tages-​ und Be­schäf­ti­gungs­struk­tu­ren zu fin­den. Sie er­hal­ten ein Ta­schen­geld und sind un­fall­ver­si­chert. Im Hin­blick auf mehr Selbst­be­stim­mung wird in jüngs­ter Ver­gan­gen­heit sei­tens der Trä­ger­or­ga­ni­sa­tio­nen, die Leis­tun­gen für Men­schen mit Be­hin­de­run­gen er­brin­gen, unter dem Schlag­wort „Lohn statt Ta­schen­geld“ eine dies­be­züg­li­che Ver­än­de­rung ge­for­dert.

Als ein wei­te­rer we­sent­li­cher Ein­fluss­fak­tor im Hin­blick auf die In­klu­si­on von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen am Ar­beits­markt wird die Di­gi­ta­li­sie­rung dis­ku­tiert. Diese wird je­doch nicht nur als Chan­ce zur In­klu­si­on am Ar­beits­markt in Form von „As­sis­ti­ve Tech­no­lo­gien“, künst­li­cher In­tel­li­genz (KI) oder di­gi­ta­li­sier­ter Ar­beit ge­se­hen, son­dern auch als ein Ri­si­ko. Die di­gi­ta­le Ar­beits­welt for­dert Fle­xi­bi­li­tät und die Ar­beit­neh­me­rIn­nen müs­sen sich in Selbst­ma­nage­ment üben und den immer hö­he­ren An­for­de­run­gen stand­hal­ten. Dies kann zu Stress und Über­for­de­rung füh­ren, was vor allem Per­so­nen mit einer in­tel­lek­tu­el­len Be­hin­de­rung bzw. psy­chi­schen Be­ein­träch­ti­gung aus­schließt. Auch beim Kom­pe­tenz­er­werb im Um­gang mit den neuen Tech­no­lo­gien sind Per­so­nen mit Be­hin­de­rung teil­wei­se be­nach­tei­ligt.

Um den Ar­beits­markt in­klu­si­ver zu ge­stal­ten, müs­sen Rah­men­be­din­gun­gen neu­ge­stal­tet und Ar­beit an sich in un­se­rer Leis­tungs­ge­sell­schaft neu ge­dacht wer­den.

Das NPO-​Kompetenzzentrum be­schäf­tigt sich seit über 10 Jah­ren mit dem Thema Men­schen mit Be­hin­de­run­gen im All­ge­mei­nen sowie Be­schäf­ti­gung von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen im Spe­zi­el­len.