Sozioökonomie

Gesundheit Geflüchteter in Österreich besser als in Deutschland

17. Juni 2021

Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. Wie es um die Gesundheit von Asylwerber/innen und Geflüchteten in Deutschland und Österreich steht, untersucht nun eine neue Studie im Fachjournal PLOS ONE. Gemeinsam mit Kolleginnen aus Deutschland verglichen Forscher/innen der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) die selbsteingeschätzte Gesundheit von Geflüchteten in beiden Ländern. Eines der Ergebnisse: Ein von Anfang an uneingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung, wie es in Österreich der Fall ist, hat bessere Gesundheit zur Folge.

Grundsätzlich gaben Geflüchtete in Österreich an, einen besseren Gesundheitszustand zu haben als jene in Deutschland. „Während neun von zehn Geflüchteten in Österreich ihre Gesundheit als gut oder sehr gut bewerten, sind es in Deutschland nur rund sieben von zehn. Strukturelle Unterschiede der Befragten in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunftsland, Bildungsniveau und Partnerschaftsstatus erklären nur einen kleinen Teil dieser Unterschiede“, so Studienautorin Isabella Buber-Ennser (ÖAW).

Eine signifikante Rolle scheint hingegen der freie Zugang zu Gesundheitsleistungen zu spielen. Während in Österreich Asylwerber/innen von Beginn an uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen haben, ist das in Deutschland erst 15 Monate nach Einbringen des Asylantrags der Fall. Die in Deutschland festgestellte gesundheitliche Benachteiligung von Geflüchteten legt daher nahe, dass vor allem ein uneingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung ihre Gesundheit verbessern könnte, so die Forscher/innen.

Bei den strukturellen Unterschieden der Befragten hatten Alter und Bildung größere Auswirkungen auf die Einschätzung der eigenen Gesundheit als die Effekte der Aufenthaltsdauer und der Dauer des Asylverfahrens. Die Daten deuten darauf hin, dass viele der Gesundheitsfaktoren von Geflüchteten denen in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund entsprechen. Gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit von Geflüchteten können also an denselben Stellschrauben ansetzen, wie die zur Verbesserung der Gesundheit von in Österreich Geborenen.

Da insbesondere afghanische Geflüchtete angaben, einen schlechteren Gesundheitszustand zu haben, könnte ein Bedarf an nationalitätsspezifischer und kultursensibler Versorgung bestehen. Die Studienautor/inn/en gehen davon aus, dass Sprachkenntnisse, institutionalisiertes Wissen und soziale Netzwerke wichtige Gesundheitsressourcen sind und ihre Förderung zu einer besseren Gesundheit führt.

„Frauen, ältere Menschen und Personen aus Afghanistan konnten als besonders vulnerable Gruppen mit durchschnittlich schlechterer Gesundheit identifiziert werden. Für sie braucht es zielgruppenspezifische Versorgung und Prävention. Denn die körperliche und seelische Gesundheit bildet das unabdingbare Fundament für Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt“, fasst Judith Kohlenberger (WU) die Studienergebnisse zusammen.

Hintergrund

Die Studie analysiert vergleichbare und harmonisierte Umfragedaten aus Österreich und Deutschland für syrische, afghanische und irakische Staatsangehörige im Alter von 18 bis 59 Jahren, die zwischen 2013 und 2016 zugewandert sind (Deutschland: n = 2.854; Österreich: n = 374). Sie wurde erstellt von Wissenschaftler/inne/n der WU Wien, des Instituts für Demographie der ÖAW und der Universität Rostock. Die Studie ist in der Fachzeitschrift PLOS ONE erschienen.

Zum Bericht

Daniela Georges, Isabella Buber-Ennser, Bernhard Rengs, Judith Kohlenberger, Gabriele Doblhammer: “Health determinants among refugees in Austria and Germany: A propensity-matched comparative study for Syrian, Afghan, and Iraqi refugees”. Verfügbar unter https://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0250821

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