Sozioökonomie

ERC Grant für MINE-THE-GAP: Mit Satelliten und KI gegen blinde Flecken im Bergbau

06. Dezember 2024

Weltweit steigt die Nachfrage nach Rohstoffen immer weiter. Doch woher diese Rohstoffe stammen und unter welchen Bedingungen sie abgebaut werden, ist oft unklar. Mit dem Projekt MINE-THE-GAP will WU Forscher Victor Maus diese Wissenslücke schließen – unter Verwendung von Satellitendaten und künstlicher Intelligenz.

Obwohl wir in einer Ära immer größerer Datenmengen leben, herrscht in einem zentralen Bereich unserer modernen Welt noch immer ein Mangel an Daten: dem Bergbau. Wesentliche Informationen über Minenstandorte, geförderte Rohstoffe und Abfallaufkommen sind oft unvollständig oder veraltet. Durch Digitalisierung und Dekarbonisierung wird die Nachfrage nach Rohstoffen in Zukunft deutlich wachsen – von Lithium für Batterien über Kobalt für Smartphones bis zu Neodym für Windturbinen. Dadurch könnte sich dieses Problem in Zukunft noch verschärfen.

Victor Maus, Forscher am WU Institute for Ecological Economics und am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), möchte dieses Problem angehen: Sein neues Forschungsprojekt MINE-THE-GAP zielt darauf ab, die weltweiten Wissenslücken im Bergbausektor zu schließen. Das Projekt wurde kürzlich für einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats ausgewählt – eine Förderung für exzellente Forscher*innen zur Festigung ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit und zum Ausbau einer Forschungsgruppe. Dazu wird ihnen eine Fördersumme von maximal 3 Mio. Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestellt.

Foto einer Tagebau-Mine

Eine Mine am Rio Tinto in Spanien: Hier werden Kupfer, Silber, Gold und andere Mineralien abgebaut. Die Folgen für die Umgebung sind deutlich und unübersehbar. (Bild: Adobe Stock)

Mehr Daten dank Satelliten und KI

Der Bergbau geht mit vielen negativen Folgen einher: Für Minen werden Wälder abgeholzt und seltene Arten zum Aussterben gebracht. Der Abbau von Ressourcen führt zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden, zur Vertreibung der indigenen Bevölkerung in Bergbaugebieten und zum Verlust ihrer Lebensgrundlagen. Doch viele dieser Folgen lassen sich derzeit nur sehr grob abschätzen.

„Uns hat selbst überrascht, dass es kaum detaillierte Geodaten über den weltweiten Bergbau gibt“, sagt Victor Maus. „Dadurch hat die Forschung nur ein unvollständiges Bild von den Umweltfolgen des Bergbausektors. Für die Beurteilung von Dekarbonisierungsstrategien und die Entscheidungsfindung in der Politik ist das alles andere als ideal.“

Mit Hilfe von hochpräzisen Satellitendaten und den neuesten KI-Modellen soll MINE-THE-GAP diese Lücke schließen. Denn durch die Kombination dieser Methoden lassen sich aktuelle, hochauflösende und global vergleichbare Daten bis auf die Ebene einzelner Minen generieren.

Portraitfoto von Victor Maus

Victor Maus ist Forscher am WU Institute for Ecological Economics und in der Novel Data Ecosystems for Sustainability Research Group des IIASA Advancing Systems Analysis Program. (Bild: privat)

Globale Zusammenarbeit gegen ein globales Problem

 „Um die Auswirkungen des Bergbaus bewerten zu können, müssen wir die weltweiten Bergbau-Aktivitäten erst besser verstehen“, erklärt Victor Maus. „Diese Daten können uns also helfen, den Klimawandel wirkungsvoller zu bekämpfen, Ökosysteme und die biologische Vielfalt zu schützen und ethische Standards bei Lieferketten durchzusetzen.“

Gerade für die Einhaltung des EU-Lieferkettengesetzes könnte dieses Projekt also eine wichtige Rolle spielen – und zugleich kann es dazu beitragen, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung voranzubringen. In den nächsten Jahren ist ein deutliches Wachstum des weltweiten Bergbau-Sektors zu erwarten, und MINE-THE-GAP kann die Datengrundlage liefern, um diese Expansion zu überwachen und möglichst nachhaltig zu gestalten.

„Zu wissen, wo und wie sich der Bergbau auf Umwelt und Mensch auswirkt, hilft uns, die Akteure in die Verantwortung zu nehmen und sachkundige Entscheidungen auf allen Ebenen zu fördern“, fasst Maus zusammen. Das Projekt MINE-THE-GAP ist an der Wirtschaftsuniversität Wien angesiedelt, wird aber in Kollaboration mit Forscher*innen auf der ganzen Welt umgesetzt – darunter auch mit denen des IIASA. Denn für die Lösung dieses globalen Problems ist globale Zusammenarbeit notwendig.

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