Seitlicher Blick auf das D2 Gebäude.

Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal

Arbeitsfreud - Arbeitsleid - Arbeitssucht - die Highlights der Veranstaltung vom 28. Februar 2019

Zu einem Zeit­punkt, an dem der Fa­sching ge­wöhn­lich sei­nem Hö­he­punkt zu­steu­ert, haben wir bei un­se­rer Ver­an­stal­tung „Ar­bei­ten an einer Uni­ver­si­tät“ den Blick auf die The­men Ar­beits­sucht und Burn-​Out ge­legt. Dabei hat der Vor­trag von Prof. Mi­cha­el Musa­lek span­nen­de Ein­bli­cke und An­re­gun­gen ge­ge­ben.

Den Blick auf das ei­ge­ne Tun und Han­deln hier als Be­schäf­tig­te an der WU und die ent­spre­chen­den Ar­beits­be­din­gun­gen zu rich­ten, ist kein Neues. Dazu wur­den wir als Mit­ar­bei­te­rIn­nen in den ver­gan­ge­nen 18 Mo­na­ten auch mehr­fach be­fragt – es sei an der Stel­le an die Mit­ar­bei­te­rIn­nen­be­fra­gung im Herbst 2017, die ABI-​Plus-Befragung im Früh­jahr 2018 sowie an die Hoch­schul­be­fra­gung der AK Wien im Früh­som­mer 2018 er­in­nert.

Die Be­fun­de dabei waren jetzt nicht so ge­la­gert, dass „Feuer am Dach“ zu sein scheint, gibt es doch in vie­len Ka­te­go­rien wirk­lich sehr zu­frie­den­stel­len­de Er­geb­nis­se.

Und doch scheint der Beruf als Wis­sen­schaf­te­rIn ein Beruf zu sein, bei dem ein krea­ti­ves, sinn­erfüll­tes Tun oft auch von nicht zu un­ter­schät­zen­den Ar­beits­be­las­tun­gen be­glei­tet ist – diese dunk­le­ren Sei­ten las­sen sich in De­tail­ana­ly­sen der Be­fra­gun­gen fin­den. Aber auch im Ver­lau­fe von Open Space-​Aktivitäten bei Be­triebs­ver­samm­lun­gen und Dis­kus­sio­nen zu un­se­rem Tun als Wis­sen­schaf­te­rIn­nen sind wie­der­holt die Fra­gen auf­ge­taucht, in­wie­weit die Gren­zen zwi­schen Beruf und „Be­ru­fung“ nicht manch­mal aus­fran­sen und wie wir mit un­se­ren Res­sour­cen in Be­las­tungs­si­tua­tio­nen wie z.B. lau­fen­den Habilitations-​ oder Be­wer­bungs­ver­fah­ren um­ge­hen.

Vor die­sem Hin­ter­grund er­folg­te die Ein­la­dung an Pro­fes­sor Mi­cha­el Musa­lek (Fach­arzt für Psych­ia­trie und Neu­ro­lo­gie, seit 2004 Ärzt­li­cher Di­rek­tor des Anton-​Proksch-Institut und Lei­ter des In­sti­tuts für So­zi­al­äs­the­tik und psy­chi­sche Ge­sund­heit an der Sig­mund Freud Uni­ver­si­tät Wien).

Herr Musa­lek hat in sei­nem Vor­trag mit dem Kurz­ti­tel „Ar­beits­sucht und Burn-​Out“ sehr in­ter­es­san­te Ein­bli­cke in die Ge­ne­se der wis­sen­schaft­li­chen Be­schäf­ti­gung mit dem Phä­no­men Ar­beits­sucht ge­ge­ben. Einer sei­ner ein­lei­ten­den Sätze zum Thema Sucht­ge­fähr­dung sei der Kurz­be­schrei­bung die­ses Vor­trags vor­an­ge­stellt:

„Men­schen, denen der Ge­nuss einer Sub­stanz (Al­ko­hol, Dro­gen, …) oder ein be­stimm­tes Han­deln (Spie­len, On­line­ak­ti­vi­tä­ten, Kau­fen oder Ar­bei­ten) Spaß be­rei­tet und die diese als schön er­le­ben, all diese Men­schen sind sucht­ge­fähr­det!“

Somit kann jeder gleich ein­mal eine erste Selbst­re­fle­xi­on ma­chen, wie es um einen selbst in punk­to Sucht­ge­fahr steht.

Ar­beits­sucht – oder auch als „pa­tho­lo­gi­sches Ar­bei­ten“, „work ad­dic­tion“, „work­aho­lism“ oder „er­go­mi­nia“ be­zeich­net – wird noch nicht sehr lange als Krank­heits­bild an­er­kannt. Ar­beits­sucht­ge­fähr­dun­gen zei­gen sich ins­be­son­de­re unter fol­gen­den Rah­men­be­din­gun­gen.

  • Ar­bei­ten ohne Zeit­struk­tu­ren

  • Er­leb­te Ar­beits­at­trak­ti­vi­tät

  • Hoch- bzw. wert­ge­schätz­te Ar­beit

  • Gute Ar­beits­ver­träg­lich­keit

  • Hohe per­sön­li­che An­sprü­che

Hier jetzt gleich eine zwei­te Ge­le­gen­heit für eine Selbst­re­fle­xi­on: Kann man der ei­ge­nen Tä­tig­keit hier an der WU diese Cha­rak­te­ris­ti­ka zu­schrei­ben?

Al­ler­dings, bis zur Sucht­krank­heit sind es dann doch noch ei­ni­ge Stu­fen, wie z.B. das un­ab­weis­ba­re Ver­lan­gen nach einem be­stimm­ten Er­leb­nis­zu­stand (Cra­ving), er­leb­ter Kon­troll­ver­lust, kör­per­li­che Ab­hän­gig­keits­sym­pto­me oder Stu­fen von psy­chi­scher Ab­hän­gig­keit. Das Kniff­li­ge dabei ist, dass die Sym­pto­me hoch­kom­plex sind und das Durch­lau­fen der Sta­di­en teil­wei­se schlei­chend pas­siert.

Bei die­sen Sym­pto­men fin­den sich auch viele Über­lap­pun­gen mit dem der­zeit ge­sell­schaft­lich sehr viel dis­ku­tier­ten Burn-​Out-Syndrom. Von Selbst­ein­schät­zun­gen wie „Ich kann alles …“ (Pro­blemsta­di­um 1) über „Ich kann noch…“ (Über­gangs­sta­di­um 2) ist der Weg in eine Phase von ver­schie­de­nen Lo­sig­kei­ten wie z.B. die Schlaf­lo­sig­keit oder die Aus­weg­lo­sig­keit und den Aus­sa­gen „Ich kann nicht mehr …“ (Er­kran­kungs­sta­di­um 3) ein flie­ßen­der.

Herr Musa­lek hat in die­sem Zu­sam­men­hang die erste ös­ter­rei­chi­sche Prä­va­lenz­stu­die, die 2017 vom Anton Proksch In­sti­tut zu die­sem Sym­ptom durch­ge­führt wurde, vor­ge­stellt und dabei sticht ins Auge, dass 44 % (!) der ös­ter­rei­chi­schen Be­völ­ke­rung sich in einem der drei Burn-​Out-Stadien, die oben grob skiz­ziert wur­den, be­fin­den. Es sind zwar nur 8 % im Sta­di­um drei – also dem Sta­di­um der Er­kran­kung – zu fin­den, aber doch 17 % be­fin­den sich schon in einem Über­gangs­sta­di­um und 19 % im Pro­blemsta­di­um. Be­son­ders be­trof­fen ist dabei die Grup­pe der 30-​40Jährigen – um­ge­legt auf un­se­re Kar­rie­re­stu­fen im wis­sen­schaft­li­chen Be­reich sind das über­wie­gend Early Ca­re­er Scholars im Post-​Doc-Bereich!

Zum Ab­schluss des Vor­trags und auch in der Dis­kus­si­on wur­den dann vor allem mög­li­che In­ter­ven­ti­ons­fo­kus­se the­ma­ti­siert. Hier ist ein­mal ein ganz zen­tra­ler Blick auf die Selbst­für­sor­ge zu legen, wobei das für eine ziel­füh­ren­de Pro­phy­la­xe für Per­so­nen, die sich im Problem-​ und Über­gangs­sta­di­um zum Burn-​Out be­fin­den, nicht aus­reicht. Herr Musa­lek be­ton­te, dass neben einer guten Ar­beits­qua­li­tät vor allem auch die Qua­li­tät des Zu­sam­men­le­bens am Ar­beits­platz sowie ein wert­schät­zen­der Um­gang mit­ein­an­der zen­tral ist:

„Ver­trau­en, En­er­gie und Schön­heit schaf­fen das Mög­li­che mög­lich zu ma­chen.“

Nach einer auf den Vor­trag mit Pro­fes­sor Musa­lek fol­gen­den an­ge­reg­ten Dis­kus­si­on konn­ten wir den Abend mit den Be­su­che­rIn­nen bei einem schmack­haf­ten Buf­fet aus­klin­gen las­sen. Auf die­sem Wege wol­len wir uns auch bei allen Teil­neh­me­rIn­nen der Ver­an­stal­tung fürs Kom­men be­dan­ken.

Für alle, die es nicht ge­schafft haben, den über­aus in­ter­es­san­ten Vor­trag von Herrn Musa­lek live mit­zu­er­le­ben, wer­den wir dem­nächst einen Vi­deo­mit­schnitt zur Ver­fü­gung stel­len.

14.03.2019

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