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Führen, Leisten, Leben - Friedmund Malik

Führen, Leisten, Leben - Friedmund Malik (Teil 1 & 2)

Friedmund Malik

Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik (Jg. 1944) leitet seit 1977 das Management Zentrum St. Gallen und lehrte an den Universitäten in St. Gallen, Innsbruck und Wien. Der hier vorgestellte Long- und Bestseller „Führen, Leisten, Leben erschien erstmals im Jahr 2000.

Wahrscheinlich hat mich das Buch auch deshalb nachhaltig beeinflusst, weil Malik sehr Vieles vom Begründer der modernen Managementlehre, Peter Drucker, übernimmt, und zusammen mit seinen eigenen Gedanken in eine beeindruckende Systematik bringt, wobei er eine ausdrucksstarke und gut verständliche Sprache verwendet.

Für mich ist es das beste deutschsprachige Werk zum Thema Management.

Im Vorwort schreibt Malik: „Dieses Buch gibt Antwort darauf, was Menschen wissen und können müssen, wenn sie wirksam und erfolgreich sein wollen. Es enthält das Rüstzeug, das jede Person in einer Organisation benötigt und zwar immer und überall. Es ist ein Buch über die Effektivität von Menschen in den Organisationen der Zukunft.“

Ganz bewusst schließt Malik in seine Überlegungen auch nichtgewinnorientierte Organisationen ein.

Er unterteilt sein Buch in 4 Teile 

(ProfessionalitätGrundsätze wirksamer FührungAufgaben wirksamer Führung – 

Werkzeuge wirksamer Führung)

Teil 1: „Professionalität”

In diesem Teil betont Malik u. a. die Notwendigkeit der Wirksamkeit einer Führungskraft. 

Er spricht sich vehement gegen die Idee der „großen Führungspersönlichkeiten” (great man theory) aus, weil sie sich zu sehr mit Persönlichkeitsmerkmalen und Eigenschaften großer Führungspersonen beschäftigt und nicht mit den Gemeinsamkeiten professionellen und wirksamen Handelns. Letzteres kann man lernen und weitergeben und es sollte ganz gewöhnliche Menschen befähigen, nachhaltig und nicht nur punktuell außergewöhnliche Leistungen zu erbringen.

Für Malik ist Management der wichtigste Massenberuf in modernen Gesellschaften. Vom Management – der gestaltenden, steuernden und lenkenden Funktion einer Gesellschaft –hängen die Wertschöpfung und damit das Wohlstandsniveau einer Gesellschaft ab. Daher ist eine systematische Managementausbildung für Führungskräfte – nicht nur der obersten Ebene – unumgänglich.

Teil 2: „Grundsätze”

Hier beschreibt Malik Prinzipien, die man bei der Erfüllung von Aufgaben (Teil 3) und bei der Anwendung von Werkzeugen (Teil 4) einhält. Sie regeln die Qualität der Aufgabenerfüllung und des Einsatzes von Werkzeugen. Grundsätze und Prinzipien sind einfach zu verstehen, erfordern jedoch Disziplin bei ihrer Anwendung und können gerade in schwierigen oder komplexen Situationen handlungsleitend sein.

1. Grundsatz: Resultatorientierung

Management ist der Beruf des Resultate Erzielens oder Resultate Erwirkens. Das Erreichen von Zielen und die Erfüllung von Aufgaben ist der Prüfstein jedes Managements. Wirksamkeit bereitet Freude und macht stolz, setzt jedoch eine gründliche Auseinandersetzung mit den gestellten Themen und eine konsequente Verfolgung derselben voraus.

Einstellung, Denken und Handeln aller Menschen in der Organisation müssen auf das ausgerichtet sein, wozu die Organisation geschaffen wurde.

Malik erwähnt NPOs implizit, wenn er von Organisationen spricht, bei denen nicht materielle oder finanzielle Ergebnisse im Vordergrund stehen und eine Quantifizierung von Resultaten nicht möglich ist.

Eine persönliche Anmerkung dazu: wenn man die geplante Wirkung weder messen, noch beurteilen, noch spüren/beobachten kann, dann sollte man sich überlegen, ob man wirklich ein relevantes Ziel ansteuert. 

2. Grundsatz: Beitrag zum Ganzen

Ein wirksamer Manager ist jemand, der das Ganze (die Vision, den großen Wert, und Ziele der Organisation) versteht und seine Aufgabe darin sieht, einen Beitrag zu eben diesem Ganzen zu leisten. Dieser Beitrag und nicht die Position des jeweiligen Managers sollte entscheidend sein. Damit kann auch ein ganz wesentlicher Beitrag zu flachen und miteinander kommunizierenden Hierarchien und dauerhafter Mitarbeitermotivation geleistet werden.

Führungskräfte müssen das Ganze sichtbar, anschaulich und verständlich machen.

Als Hobbymusiker gefällt mir in diesem Zusammenhang der Vergleich mit dem Dirigenten eines Orchesters oder dem Leader einer Jazzband. Beide erarbeiten gemeinsam mit den Musikern die Interpretation von Musikstücken, wobei allen Beteiligten bewusst sein muss, dass sie einen ganz wesentlichen Beitrag zum Gelingen leisten.

Oder ein ganz plakatives Beispiel aus der Beschäftigung mit meinen Enkelkindern: wann immer wir gemeinsam ein Puzzle zusammensetzen, verlangen die Kleinen, dass sie den „Schachteldeckel” als Vorlage = Gesamtbild vor Augen haben. Erst dann kann's mit Begeisterung losgehen! 

Vielen von euch ist wahrscheinlich Maliks Beispiel von den 3 Maurern bekannt, die von einem Passanten gefragt werden, was sie da machen.

Der erste Maurer sagt: „ich verdiene meinen Lebensunterhalt”. Der zweite Maurer sagt stolz: „ich bin der beste Maurer im ganzen Land” und der dritte Maurer sagt: „ich helfe hier mit eine Kathedrale zu bauen”.

Wahrscheinlich habt ihr alle 3 Typen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in euren Organisationen.

Diejenigen, die – aus bestimmten Gründen – einfach ihren Job machen, aber auch nicht mehr, oder diejenigen, die sich für (unentbehrliche) Spezialisten halten. Am liebsten wahrscheinlich diejenigen, die das Ganze als höchst relevant ansehen. 

3. Grundsatz: Konzentration auf das Wesentliche

Für Malik sind sämtliche Wunder und Geheimrezepte für erfolgreiches Management ein nutzloses Unterfangen.

Aber wenn es solche gäbe, dann plädiert er für Konzentration als einen der ersten Kandidaten.

Und zwar für Konzentration auf das Wesentliche, auf eine kleine Zahl von sorgfältig ausgesuchten Schwerpunkten, die für das Erreichen von Wirkungszielen Priorität haben.

In seiner typisch direkten und unverblümten Art behauptet Malik, dass der Beruf des Managers wie kein anderer die Gefahr der Verzettelung und Zersplitterung der Kräfte mit sich trägt, und dieses Phänomen dann noch als Zeichen besonderer Dynamik und Leistungsfähigkeit missverstanden wird.

Zwischenzeitig ist ja auch wissenschaftlich erwiesen, dass Multitasking als gleichzeitige Beschäftigung (Input) mit mehreren Inhalten zwar möglich ist, jedoch nicht mit erfolgversprechenden Ergebnissen (Output).

Malik gibt uns 4 Tipps mit auf den Weg:

– das Dringliche nicht dauernd vor das Wichtige stellen

– mit Zielen führen (management by objectives)

– große Zeitblöcke für Wichtiges im Kalender Freimachern

– möglichst 30 % der Arbeitszeit eigenbestimmt gestalten

4. Grundsatz: vorhandene Stärken nutzen

Wir sind in unserer Wahrnehmung zu oft auf Schwächen, Unzulänglichkeiten, Nicht-Funktionierendes fixiert. 

Diese stechen oft sofort ins Auge, während man sich für die Identifikation von Stärken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zeit nehmen muss, um zu beobachten, was den Menschen leicht von der Hand geht, wofür sie Talent und Leidenschaft aufbringen.

Ein wirksamer Manager muss die Stärken seiner Mitarbeiter:innen kennen, um sie mit entsprechenden Aufgaben in der Organisation zu kombinieren.

Er muss aber auch die Schwächen seiner Mitarbeiter:innen kennen, um sie bedeutungslos für die Organisation zu machen!

Stärken mit entsprechenden Aufgaben zu kombinieren schafft Spitzenleistungen und Motivation.

Schwächen zu trainieren kann nur zu mittelmäßigen Ergebnissen führen.

Malik führt jedoch vier Schwächen auf, die jedenfalls zu beseitigen sind:

- mangelndes Wissen (zum Beispiel Fremdsprachenkenntnis in einer internationalen Spedition)

- mangelnde Fertigkeiten (zum Beispiel PC Kenntnisse im IT Bereich)

- mangelndes Verständnis (zum Beispiel bei Führungskräften für Digitalisierung)

- schlechte Gewohnheiten

Eine kleine Anregung für alle Leser in Form einer Frage meinerseits:

„Was sind die konkreten Stärken Eurer jeweils direkt unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und welche wichtigen Aufgaben in der Organisation wollt ihr mit diesen Stärken kombinieren?” 

5. Grundsatz: Vertrauen

Schon Warren Bennis hat als eines der 4 Charakteristika guter Führung (neben Richtung vorgeben, Sinn vermitteln und Selbstmanagement) „Vertrauen aufbauen und stärken” angeführt.

Malik formuliert noch drastischer: „Worauf es in letzter Konsequenz ankommt, sind nicht Dinge wie Motivation, Führungsstil und Unternehmenskultur, sondern das gegenseitige Vertrauen!”

Und er formuliert ein paar Grundregeln dafür, wie Manager in Organisationen Vertrauen schaffen können.

- Fehler und Niederlagen zugeben und nicht anderen in die Schuhe schieben

- sich selbst dazu zwingen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufmerksam und konzentriert zuzuhören

- authentisch sein und keine Rolle spielen

- charakterlich integer sein, d.h. meinen, was man sagt und auch so handeln, also transparent, berechenbar und damit verlässlich sein

- Intrigen, Missbrauch und Vertrauensbrüche streng ahnden

Zum Thema „Fehler zugeben und Erfolge würdigen” hat mich folgender Gedankengang Maliks besonders beeindruckt:

- Fehler des Chefs sind Fehler des Chefs – und zwar ohne Ausnahme. Ein Manager muss die Größe haben Fehler zuzugeben.

- Fehler der Mitarbeiter sind Fehler des Chefs – jedenfalls nach außen und nach oben.
Man kann seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ohne Vertrauensverlust im Regen stehen lassen.

- Erfolge der Mitarbeiter gehören den Mitarbeitern. Als Vorgesetzte(r) schmückt man sich nicht mit fremden Federn.

- Erfolge des Chefs/der Chefin, falls er/sie sie im Alleingang erreicht haben sollte, kann er/sie für sich beanspruchen. Die guten Manager sagen allerdings auch dann noch: „wir haben es erreicht!” Malik spricht in diesem Zusammenhang von „Siege verschenken”. 

6. Grundsatz: Positiv denken 

Für Malik ist das Erkennen und Nutzen von Chancen noch wichtiger als die Fähigkeit Probleme zu lösen.

Der Grundsatz, positiv zu denken, hat die Funktion, die Aufmerksamkeit von Führungskräften auf die Chancen zu richten. Das bedeutet nicht, dass Probleme ignoriert geleugnet oder verdrängt werden dürfen.

Positiv denken heißt für Malik auch, die Grenzen, die man sich selbst zuerst und vor allem im Kopf setzt, zu verschieben und sich unabhängiger von Gefühlen, Launen, Empfindungen und Stimmungen zu machen.

Positiv denkende Menschen leisten sich nicht den Luxus Probleme zu ignorieren beziehungsweise diese früher als andere mit größerem Scharfsinn zu erkennen. Sie lassen es jedoch nicht dabei bewenden, sondern fragen sich: „Was kann ich jetzt tun, damit sich die Situation ändert?“

Malek nimmt Anleihe bei Viktor Frankl und sieht das Ergebnis einer grundsätzlich positiven und konstruktiven Einstellung auch darin, dass man dort, wo man durch Schicksal, Zufall oder eigene Entscheidung hingestellt wurde, nach vorne blickt und sein Bestes versucht.

Oder wie formulierte es der US Präsident Theodore Roosevelt so treffend: 

„Do what you can, with what you have got, where you are!”

Literaturhinweis:

Malik, Fredmund: Führen, Leisten, Leben, Campus Verlag, Frankfurt, New York 2000

Führen, Leisten, Leben - Friedmund Malik (Teil 3 & 4)

Wie im vergangenen Newsletter angekündigt, beschäftigt sich mein aktueller Lesetipp erneut mit Fredmund Malik's Long- und Bestseller "Führen-Leisten- Leben" aus  dem Jahr 2000. Wahrscheinlich hat mich das Buch auch deshalb nachhaltig beeinflusst, weil Malik sehr Vieles vom Begründer der modernen Managementlehre, Peter Drucker, übernimmt, und zusammen mit seinen eigenen Gedanken in eine beeindruckende Systematik bringt.

Für mich ist es das beste deutschsprachige Werk zum Thema Management.

Im Vorwort schreibt Malik: „Dieses Buch gibt Antwort darauf, was Menschen wissen und können müssen, wenn sie wirksam und erfolgreich sein wollen. Es ist ein Buch über die Effektivität von Menschen in den Organisationen der Zukunft“

Ganz bewußt schließt Malik in seine Überlegungen auch nichtgewinnorientierte Organisationen ein.

Heute will ich euch das Kapitel 3 "Aufgaben" und - lediglich in Überschriften- das Kapitel 4 "Werkzeuge" wirksamer Führung vorstellen

Natürlich stehen die Aufgaben in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den sechs Grundsätzen wirksamer Führung, genauso wie die Werkzeuge darüber Auskunft geben, wie die Aufgaben optimal bewältigt werden können.


Kapitel 3: "Aufgaben"

Malik beschränkt sich auf fünf Aufgaben, ohne deren professionelle Erfüllung wirksames Management seiner Meinung nach nicht funktionieren kann:

1.Für Ziele Sorgen

2.Organisieren

3.Entscheiden

4.Kontrollieren

5.Menschen entwickeln und fördern

Diese fünf Aufgaben sind - das kommt wohl kaum überraschend- Bestandteil jeder klassischen Managementlehre. Interessant finde ich Malik's Empfehlungen/Interpretationen dazu.

ad1) Für Ziele sorgen

Malik bezieht sich auf Peter Drucker erstes Management Buch ("The Practice of Management") aus dem Jahre 1955 und bezeichnet das "Führen mit Zielen“

(Management by Objectives, MbO), besonders in stark dezentralisierten Organisationen, als einzige Art zu führen.

Er plädiert in diesem Zusammenhang für schriftlich festgelegte und persönliche Jahresziele, wobei die Managementaufgabe nicht darin besteht zu entscheiden, ob Ziele vorzugeben oder zu vereinbaren sind, sondern dafür zu sorgen, dass überhaupt Ziele vorhanden sind.

Weiters empfiehlt er im Sinne eines der von Ihm aufgestellten Grundsätze, nämlich der "Konzentration auf Weniges", sich auf wenige, dafür aber große Ziele zu konzentrieren, auf solche die etwas bedeuten/bewirken, wenn sie erreicht werden.

Große Ziele sind die Quelle von Autorität, Richtung und Kontrolle/Feedback.  Eigentlich führen sie und nicht der Vorgesetzte. Man sollte Mitarbeitern und sich selbst nicht zu viele Ziele aufladen und im Sinne der Wirksamkeit immer wieder fragen: „Ist das wirklich wichtig? Was passiert, wenn wir das nicht machen?

Peter Drucker sagte einmal: "Effective executives do first things first and second things ?Eben nicht  "second"  sondern "not at all" !

Wirksame Manager beginnen bei der Festlegung ihrer Ziele mit der Frage: „Was sollte ich und will ich – nicht mehr tun?“ (siehe dazu auch das Werkzeug "Systematische Müllabfuhr")

Idealerweise sollte eine Präzisierung/ Quantifizierung von Zielen erfolgen. Jedenfalls ist aber festzulegen, woran man am Ende einer Periode messen, beurteilen, oder zumindest beobachten kann, ob man einem Ziel näher gekommen ist. Im Sinne einer Festlegung realistischer Ziele sind jedenfalls auch die dafür erforderlichen humanen und finanziellen Ressourcen zu definieren und Maßnahmen zur Zielerreichung zu beschreiben. 

ad 2) Organisieren

Schon vor knapp 25 Jahren stellte Malik fest, dass die Strukturierung von Unternehmen und anderen Institutionen unserer Gesellschaft eines der wichtigsten Themen der Zukunft sein wird, da die Veränderungen, die sich in Wirtschaft und Gesellschaft abspielen, dazu zwingen, die Aufbau - und Ablaufstrukturen in immer kürzeren Abständen zu überdenken.

Gleichzeitig übt er jedoch scharfe Kritik an der wachsenden Zahl von Managern, die eine Strategie des ständigen Reorganisierens und Umstrukturierens verfolgen, weil sie glauben, um jeden Preis "dynamisch " sein zu müssen.

Die Menschen könnten zwar Veränderungen und Wandel durchaus verkraften, aber sie brauchen auch Phasen von Ruhe und Stabilität,  um produktive Leistungen zu erbringen. Organisatorische Veränderungen seien vergleichbar mit chirurgischen Eingriffen in einen lebenden Organismus, allerdings ohne Narkose.

Für Malik gibt es die beste oder friktionsfreie Organisationsform nicht, denn alle Organisationen produzieren Konflikte, Koordinationsaufwand, Informationsprobleme und Unklarheiten.

Viel zu häufig wird allerdings übersehen, dass vermeintliche organisatorische Probleme durch besseres Management wenn schon nicht gelöst, dann aber doch gemildert werden können.

Malik postuliert 3 Grundfragen des Organisieren: 

– Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür der Kunde uns braucht/bezahlt im Zentrum der Aufmerksamkeit der Organisation steht und von dort nicht wieder verschwinden kann?

- Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür wir unsere Mitarbeiterinnen bezahlen, von diesen auch wirklich getan werden kann?

- Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür die Führungskräfte bezahlt werden, von diesen auch wirklich getan werden kann

ad3) Entscheiden

Entscheiden ist die für eine Führungskraft typischste und zugleich kritischste Aufgabe.

Gute und effektive Manager treffen wenig Entscheidungen und diese mit Bedacht und wohlüberlegt, weil sie wissen dass allfällige Korrekturen von Entscheidungsfehlern viel mehr Arbeit, Energie und Zeit kosten als für die Entscheidung selbst nötig war. Für das Abwägen von Tempo und Gründlichkeit beim Treffen einer Entscheidung sind Urteilskraft (die man schärfen kann), Erfahrung (deren Erwerb Zeit braucht) und sehr viel Sachkenntnis notwendig (die man nicht durch flotte Sprüche ersetzen kann).

Zwei Arten von Entscheidungen sollten laut Malik immer langsam und äußerst gründlich getroffen werden, weil sie langfristige Konsequenzen haben: Personalentscheidungen und Entscheidungen über Entlohnungssysteme. 

Ich würde hier noch eine dritte Entscheidung anführen, nämlich die über größere Investitionen.

Malik empfiehlt eine Abfolge von 7 Schritten , um zu guten Entscheidung zu gelangen.

  1. Die präzise Bestimmung des Problems. (Worum geht es hier wirklich?)

  2. Die präzise Spezifikation alle Anforderungen, welche die Entscheidung erfüllen MUSS ( und ich würde Malik hier noch ergänzen: und die Bewertung jener Anforderungen, die man darüber hinaus noch gerne erfüllt hätte)

  3. Das Herausarbeiten aller Alternativen nach der Prämisse: es gibt immer noch mehr Alternativen als jene, die wir bisher kennen

  4. Die Analyse der Folgewirkungen jeder Alternative und die Festlegung von Grenzbedingungen dafür

  5. Die Entscheidung selbst

  6. Der Einbau von Umsetzungsschritten in die Entscheidung

  7. Die Etablierung von Feedbackschleifen im Sinne eines Follow up und Follow-through durch die Führungskraft persönlich

  8.  

ad4) Kontrollieren

Bei der Lektüre dieses Kapitels hatte ich wiederholt den Eindruck, dass Malik mit seinem Verständnis von Kontrollieren teilweise sehr nahe an der klassischen Steuerungsidee des Controlling liegt.

Wenn Entscheiden die typischste und kritischste Managementaufgabe ist, so ist seiner Meinung nach Kontrollieren die unbeliebteste und umstrittenste Aufgabe.

Wer allerdings an der Qualität von Management interessiert ist, darf das Thema Kontrollieren nicht zur Diskussion stellen; sehr wohl jedoch sollte man sich gut überlegen, wie man kontrolliert, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht zu demotivieren und Ihnen die notwendigen Freiräume zu lassen.

Anmerkung: unter dem Punkt eins (für Ziele sorgen) wurde Peter Drucker erwähnt. Der volle Titel seines Buches aus dem Jahre 1955 lautet übrigens: „Management bei Objektives and Self-Control" und er plädiert darin dafür, möglichst viele Menschen in einer Organisation in die Lage zu versetzen sich weitestgehend selbst zu kontrollieren/steuern.

Grundlage von Kontrolle muss einer der sechs Grundsätze wirksamer Führung sein, nämlich Vertrauen; vor allem in zwei Dinge: in die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft eines Menschen.

Malik plädiert dafür, sich auf die kleinstmögliche Zahl an Kontrollgrößen zu beschränken. Alles andere schafft Konfusion und hält die Leute vom Arbeiten ab.

Die Frage lautet also nicht: was können wir alles kontrollieren, sondern: was müssen wir unbedingt kontrollieren, um ausreichende Gewissheit zu haben, dass nichts Wesentliches aus dem Ruder läuft?

Auf den Punkt gebracht: das nötige Minimum und nicht das mögliche Maximum.

Vernünftige Kontrolle muss darauf gerichtet sein die Menschen in ihrem Verhalten derart zu unterstützen, dass sie die gewünschten Wirkungen erzielen.

Erfahrene Führungskräfte vertrauen daher auf Stichproben anstatt Vollerhebungen, legen großen Wert darauf, dass jedenfalls Unerledigtes nicht übersehen oder vergessen wird, beziehen ihre Informationen nicht ausschließlich aus Berichten, sondern gehen selbst an den Ort des Geschehens.

Abschließend noch eine Empfehlung von Malik: wo immer man messen kann soll man messen. Wo man nicht messen kann, darf dieser Umstand aber nicht zum Anlass genommen werden überhaupt auf Kontrolle zu verzichten. Wo nicht gemessen werden kann muss mithilfe entsprechender Erfahrung beurteilt werden. 

ad5) Menschen entwickeln und fördern

Schon in der Überschrift  ist mir aufgefallen, dass Malik nicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spricht, sondern vonMenschen und er zitiert diesbezüglich sinngemäß den Schweizer Schriftsteller Max Frisch: „Vielleicht werden noch immer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht; kommen aber werden Menschen"

Und daher muß die Förderung und Entwicklung immer bei Individuen ansetzen, eine Voraussetzung, die standardisierte Human Development Programme von Organisationen in der Regel nicht erfüllen.

Malik nennt 4 wesentliche Elemente für erfolgreiche Förderung- und Entwicklungsprogramme:

1.Die Aufgabe  

Menschen entwickeln sich mit und an ihren Aufgaben und Ausbildungsprogramme verpuffen, wenn nicht dann am Ende eine Aufgabe steht, für die oder auf welche hin ausgebildet wird. Und diese Aufgabe muss größer und schwieriger sein, als die bisherige.

Die meisten Menschen können viel mehr leisten, als sie selbst für möglich halten und daher sollten Ihnen Organisationen die Möglichkeit geben, diese Erfahrung zu machen. 

Fast alle Menschen beantworten die Frage von wem sie am meisten gelernt haben auf ähnliche Weise: von Lehrern oder Vorgesetzten, die viel von Ihnen verlangt haben und sie bis an ihre Grenzen gefordert haben.

2.Stärken entwickeln

Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Stärkenorientierung sollen bereits vorhandene Stärken, welche aus den bisherigen Leistungen und Ergebnissen der Menschen in der Organisation abgelesen werden können, weiterentwickelt werden. 

3. Welcher Vorgesetzte ?

Die diesbezügliche Frage sollte lauten: „Welche Art von Vorgesetzten - und ich möchte persönlich noch ergänzen: welches Team -  braucht diese Person für ihre nächste Entwicklungsphase?“

Diese Mentorin/dieser Mentor muss fachlich kompetent sein, seine bisherigen Aufgaben verantwortungsvoll erfüllt haben und charakterlich integer sein.

Man könnte sich als für die Auswahl verantwortliche Führungskraft auch fragen: „Würde ich wollen, dass meine Kinder sich diesen Menschen als Beispiel nehmen?“

4. Welche Stelle in der Organisation ?

Diese Frage steht sowohl im Zusammenhang mit der zu übertragenden Aufgabe und den spezifischen Stärken eine Person, hat jedoch auch mit der Persönlichkeit und dem Temperament des Menschen zu tun. Sollte die betroffene Person eher auf einer Linien – oder einer Stabsstelle Verantwortung übernehmen? Eignet sich die Person für Aufgaben mit einem hohen Routineanteil oder mit einem hohen Innovationsanteil ? Ist die Person eher ein Einzelgänger oder ein Teamplayer? Ist sie genau und detailverliebt oder handelt es sich um einen Menschen, der konzeptionell und im Grundsätzlichen stark ist, aber wenig am  Detail interessiert ist?

Malik zeigt Verständnis für die kritische Frage, ob 5 Aufgaben nicht zu wenig seien für wirkungsvolles Management.

Ein eventuelles Hinzufügen weiterer Aufgaben hält er nur dann für gerechtfertigt, wenn ergänzende Aufgaben in ihrer Notwendigkeit ausreichend begründet werden können und damit ein nachweisbar Fortschritt verbunden ist. Er argumentiert auch, dass vielfach geforderte weitere Aufgaben wie planen, motivieren, informieren, kommunizieren, begeistern, Menschen befähigen, Wandel managen oder auch Aufgaben wie  Marketing, Forschung und Entwicklung, Rechnungs- und Personalwesen, Strategie und Vision entweder ohne Schwierigkeiten in seine Aufzählung der 5 Aufgaben zu integrieren seien oder keine spezifischen Managementaufgaben darstellen.

So lässt sich das Planen inkl. strategischer Planung und Vision unter „für Ziele Sorgen“ einordnen und „Menschen zu ermächtigen" seiner fünften Aufgabe zuordnen.

Information und Kommunikation sind für Malik quasi „Schmiermittel“ einer funktionierenden Organisation und die traditionellen Organisationsfunktionen (Marketing, Rechnungswesen etc.) sind für ihn Sachaufgaben und keine Managementaufgaben.
 

Kapitel 4: "Werkzeuge"

Für wirksame Führung ist die Beherrschung von Werkzeugen wichtig. Werkzeuge definieren in gewisser Weise einen Beruf, also auch den Beruf des Managers.

Und Werkzeuge zu beherrschen muss man in erster Linie üben.

Malik empfiehlt, sich jedenfalls sieben dieser Werkzeuge anzueignen.

Nachfolgende einige kursorische Bemerkungen dazu.

1.Die Sitzung

Heute würden wir ja eher von "Meeting" sprechen und Führungskräfte verbringen einen erheblichen Teil ihrer Zeit in solchen Meetings. Allerdings gibt noch immer ein großer Prozentsatz bei Befragungen an, dass mehr als die Hälfte der Meetings nicht effizient seien.

2. Der Bericht

Unter diesem Begriff fast Malik jegliche schriftliche Kommunikation zusammen und betont die erforderliche Empfängerorientierung oder anders ausgedrückt: was soll dieser Bericht beim Empfänger bewirken?

3.Job Design- Stellengestaltung

Malik empfiehlt die Steel/Aufgabe wieder zu klein, noch zu groß zu konzipieren und derart, daß sie möglichst von einer Person und ihrer direkten Organisationseinheit erledigt werden kann.

4.Persönliche Arbeitsmethodik

Auch dabei geht es um Wirksamkeit und die Frage: „Wie will ich meine rund 5800 wachen Stunden pro Jahr nutzen, d.h. wieviel Zeit ermögliche ich für Beruf, Familie und Freunde, Hobbies, Regeneration und  für mch selbst?"

5. Budget und Budgetierung

Der Budgetierungsprozess ist in vielerlei Hinsicht ein optimales Instrument: für den produktiven Einsatz von Ressourcen, die Vorausplanung und Koordination von Tätigkeiten, die Integration und Identifikation von Mitarbeitern, für die Revision von Plänen und letztendlich für wirksame und gute Kommunikation.

6. Leistungsbeurteilung

Gute Leute wollen wissen, wie es um ihre Leistung bestellt ist, beziehungsweise ob sie im Laufe der Zeit besser werden oder möglicherweise nachlassen. Der Verzicht auf Leistungsbeurteilung hat nichts mit Humanität oder Solidarität zu tun, denn man beraubt die Menschen der Möglichkeit zu Wirksamkeit und Erfolg.

7. Systematische Müllabfuhr

Menschen und Organisationen sind Gewohnheitstiere und neigen dazu zu viel zu tun - zu viel Verschiedenes und zu viel Nutzloses. Zu viel Ballast macht Organisation fett statt schlank, ineffizient statt effizient, langsam statt agil und faul statt vital. Daher sollten wir als Führungskräfte regelmäßig die Frage stellen: „Von all dem, was wir heute tun, was würden wir nicht mehr neu beginnen, wenn wir es nicht schon täten? Oder umgekehrt gefragt: "Wovon sollten wir uns trennen? Was sollten wir nicht mehr tun?"

Und wir sollten einen Termin in unserem Kalender fixieren, wo wir gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ballast abwerfen und uns vom "Müll" trennen.

Literaturhinweis:

Malik, Fredmund: Führen ,Leisten, Leben, Campus Verlag, Frankfurt, New York 2000