Nash und Pareto: Neue Erkenntnis in der Spieltheorie
Risiko und Rendite, Gleichgewichtspreise oder systemisches Risiko – wenn eine Situation auf mehreren Kriterien oder mehreren Akteuren beruht, helfen Konzepte wie Nash oder Pareto um Entscheidungen zu treffen. Bislang galten die Konzepte von Nash und Pareto als verschieden. Birgit Rudloff, stellvertretende Leiterin des Instituts für Statistik und Mathematik an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), konnte nun nachweisen, dass die Konzepte unter bestimmten Umständen übereinstimmen. Konstruiert man das zu einem beliebigen nicht-kooperativen Spiel gehörende Pareto-Optimierungsproblem auf eine bestimmte Art und Weise, stimmt die Menge aller Pareto-Lösungen mit der Menge aller Nash-Gleichgewichte überein. Diese Erkenntnis ermöglicht es, Methoden und Algorithmen der Pareto-Optimierung nun auch auf Nash-Gleichgewichte anzuwenden.
Birgit Rudloff
Researcher of the Month
Das aus der Spieltheorie bekannte Nash-Gleichgewicht beschreibt eine Strategie, von der niemand einseitig abweichen kann, ohne sich zu verschlechtern. Es spielt etwa bei der Preis- oder Mengenbildung in Wettbewerbsmärkten eine Rolle. Das Pareto-Optimum bezeichnet eine Lösung, bei der zwei oder mehrere, sich oft widersprechende Kriterien gleichzeitig betrachtet werden – etwa, wenn es bei der Optimierung eines Portfolios darum geht, die Rendite zu maximieren und gleichzeitig das Risiko zu minimieren.
Jahrzehntelang galten diese beiden Konzepte als verschieden. Gemeinsam mit Zachary Feinstein vom Stevens Institute of Technology in der USA, hat Birgit Rudloff gezeigt, dass das nicht der Fall ist. Zu jedem nicht-kooperativen Spiel kann man ein Pareto-Optimierungsproblem konstruieren, so dass die Menge aller Pareto-Lösungen mit der Menge aller Nash-Gleichgewichte übereinstimmt. Dies gilt nicht nur für klassische Nash-Spiele, sondern in ähnlicher Weise auch für verallgemeinerte Nash-Spiele und sogar für vektor-wertige Spiele.
Der Vorteil dieser Charakterisierung ist, dass man nun Methoden und Algorithmen der Pareto-Optimierung auf Nash-Gleichgewichte anwenden kann. Algorithmen können nun unter gewissen Voraussetzungen die Menge aller Nash-Gleichgewichte ausrechnen. Dies steht im starken Kontrast zu den bisher verwendeten Fixpunktalgorithmen, die immer nur ein Nash-Gleichgewicht liefern.
Über Birgit Rudloff
Birgit Rudloff ist stellvertretende Leiterin des WU-Instituts für Mathematik und Statistik sowie Sprecherin des PhD labels Mathematics in Economics and Business. Die gebürtige Ost-Deutsche erhielt ihren Ph.D. in Wirtschaftsmathematik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Sie forschte ein Jahr am brasilianischen Nationalinstitut der reinen und angewandten Mathematik (IMPA) in Rio de Janeiro und arbeitete als PostDoc an der TU Wien. Von 2006 bis 2015 war sie an der Princeton University am Department of Operations Research and Financial Engineering als Assistenzprofessorin tätig, bevor sie 2015 an die WU Wien wechselte.
Birgit Rudloff beschäftigt sich in ihrer Forschung mit finanzmathematischen Fragestellungen, in denen mehrere Kriterien gleichzeitig eine Rolle spielen – wie die Regulierung des systemischen Risikos eines Bankennetzwerkes, das dynamische Mean-Risk Portfolio-Optimierungsproblem oder dynamische Nash-Gleichgewichte. Insbesondere ist sie an der Zeitkonsistenz interessiert und konnte das Bellman-Prinzip der dynamischen Programmierung auf mehrkriterielle Probleme verallgemeinern.
Rudloffs Arbeiten wurden in führenden internationalen Fachzeitschriften wie Operations Research, Finance and Stochastics, Bernoulli, SIAM Journal on Financial Mathematics, Mathematical Programming oder Mathematics of Operations Research veröffentlicht. Für Ihre Forschung erhielt sie internationale Auszeichnungen.
Researcher of the Month
Mit dem „Researcher of the Month“ stellt die WU herausragende Arbeiten von Forscher*innen vor, die mit ihrer Forschung maßgeblich zur Lösung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und rechtlicher Fragen beitragen. Das monatliche Video „Researcher of the Month“ präsentiert die Arbeit der Forscher*innen und gewährt einen Blick hinter die Kulissen der vielfältigen WU Forschung.
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