Der Preis der Periode: Was brachte die Steuersenkung auf Tampons und Binden?
Mehrere europäische Länder haben die Umsatzsteuer auf Periodenprodukte gesenkt, darunter auch Österreich – wobei Zweifel laut wurden, ob die Steuersenkung bei den Konsument*innen ankommt. Eine WU Studie zeigt: Die niedrigere Umsatzsteuer führte zu niedrigeren Preisen, der Zugang zu Periodenprodukten verbesserte sich aber nur minimal.
Ob Tampons, Binden, Periodenslips oder Menstruationstassen: Die Hälfte der Weltbevölkerung ist in ihrem Leben zirka 450-mal auf Periodenprodukte angewiesen. Sie sind nicht nur essenziell, um während der Tage am öffentlichen Leben teilzunehmen, sondern beugen auch Gesundheitsproblemen vor – sofern sie leistbar sind.
Um den Zugang zu Tampons, Binden und Co. zu erleichtern, haben in den letzten Jahren mehrere europäische Staaten die Umsatzsteuer auf Periodenprodukte gesenkt: In Österreich sind es seit 2021 zehn statt bis dahin 20 Prozent. Doch kommen diese Steuersenkungen tatsächlich bei den Frauen an? Das haben die Ökonom*innen Klara Kinnl und Ulrich Wohak von der WU anhand vier europäischer Ländern analysiert: Österreich, Deutschland, Belgien und Frankreich.
„Die Steuersenkungen haben in diesen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefunden“ sagt Klara Kinnl. „Deshalb lassen sich die Preisentwicklungen zwischen diesen Ländern und anderen, wo es keine Steuersenkung gab, sehr gut vergleichen, um den kausalen Effekt zu berechnen.“
Die Steuersätze auf Periodenprodukte unterscheiden sich in Europa stark. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatten Deutschland, Österreich, Frankreich und Belgien die Umsatzsteuer gesenkt (mit Punkt markiert). Vor kurzem haben auch Italien und Spanien die Steuern auf Tampons, Binden und Co. auf fünf bzw. vier Prozent heruntergesetzt.
Billigere Tampons für die einen …
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Preise ein Jahr nach der Umsatzsteuersenkung je nach Land um 10 bis 14 Prozent gesunken sind. Das entspricht einer kompletten Weitergabe der Steuersenkung an die Konsument*innen.
In Österreich, wo die Umsatzsteuer auf Periodenprodukte um zehn Prozentpunkte gesenkt wurde, ergab sich ein Jahr nach Einführung der Steuersenkung eine durchschnittliche Preisreduktion um zehn Prozent. Auf den einzelnen Einkauf heruntergebrochen, wird dieser Unterschied für die meisten Frauen jedoch wenig spürbar sein: Wenn eine Packung Tampons Ende 2020 noch fünf Euro kostete, ist sie laut dieser Berechnung bis Ende 2021 um durchschnittlich 50 Cent günstiger geworden – die Inflation nicht mitberechnet.
… bessere für die anderen
Und doch zeigte sich in den Konsum-Daten der vier Länder, die Klara Kinnl und Ulrich Wohak analysiert haben, eine Änderung des Kaufverhaltens: Haushalte im niedrigen Einkommensbereich kauften nach der Steuersenkung mehr Periodenprodukte. Die Maßnahme wirkte also offenbar bei den Personen, für die sie gedacht war. Zudem verkauften sich Markenprodukte besser; viele Konsumentinnen glichen den niedrigeren Preis also durch den Griff zum Produkt mit höherer (wahrgenommener) Qualität aus.
Insgesamt gesehen blieb der Absatz von Periodenprodukten in den untersuchten Ländern aber in etwa gleich – was für Klara Kinnl keine Überraschung war. Tampons und Binden sind typische Beispiele für Güter mit geringer Nachfrage-Elastizität: „Das sind Produkte, bei denen man unabhängig vom Preis die Menge kauft, die man eben braucht“, erklärt die Ökonomin Klara Kinnl. „Auch bei Toilettenpapier oder Taschentüchern käme kaum jemand auf die Idee, mehr davon zu verbrauchen, weil sie gerade günstiger sind.“
Während die Preise in den untersuchten Ländern durch die Steuersenkung deutlich nachgaben, blieb der Absatz in etwa gleich. Das ist nicht weiter überraschend, da die Nachfrage nach Periodenprodukten inelastisch ist.
Ein wirksames Instrument
Für ihre Studie nutzten Klara Kinnl und Ulrich Wohak Daten aus einem Scanner-Haushaltspanel in 14 europäischen Staaten. Dabei erfasst eine repräsentative Auswahl an Haushalten über einen längeren Zeitraum die Kassenzettel all ihrer Einkäufe. „Dadurch lassen sich Änderungen im Konsumverhalten bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr detailliert erfassen“, sagt Klara Kinnl.
Ihre Studie zeigt nun erstmals, dass Steuersenkungen auf essenzielle Produkte tatsächlich bei den Konsumentinnen ankommen. Dennoch: Um die „Period Poverty“ – also den mangelhaften Zugang zu Periodenprodukten für einkommensschwache Personen – nachhaltig zu bekämpfen, brauche es zielgerichtetere Maßnahmen, so Klara Kinnl – etwa mehr Aufklärungsarbeit und das Verteilen von Periodenprodukten in Schulen.
Detaillierte Ergebnisse der Studie und weitere Informationen
Kinnl, K., & Wohak, U. (2023). Free the Period? Evaluating Tampon Tax Reforms Using Household Scanner Data. WU Vienna University of Economics and Business. Department of Economics Working Paper Series Nr. 356
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