Ehemalige Institutsleiter
Josef Aff (2005 - 2016)
Als ich im Jahr 2005 nach einer 10-jährigen beruflichen Tätigkeit in Deutschland, wo ich an den Universitäten Köln und Nürnberg WIPÄD-Lehrstühle leitete, als Vorstand an das WIPÄD-Institut der WU Wien berufen wurde, war ich u. a. mit der Realität konfrontiert, dass zu diesem Zeitpunkt die Umstrukturierung der Magisterstudien an der WU in die „Bologna-Architektur“ (Bachelor, Master) weitgehend abgeschlossen war. Es galt daher in kurzer Zeit ein WIPÄD Masterstudium zu entwickeln und zu implementieren sowie das Profil des Lehrstuhls zu verbreitern. Da es in Österreich zu diesem Zeitpunkt nur WIPÄD-Magisterstudien gab, musste curriculares Neuland beschritten werden. Die wichtigsten Eckpunkte/Überlegungen der Reform können wie folgt zusammengefasst werden:
Integration der Praxisphase in das Studium im Sinne einer einphasigen Ausbildung (daher fünf statt vier Semester – Studienende mit „Lehrbefähigung“). Kein ein-bis zweijähriges Referendariat nach Ende des Studiums wie in Deutschland, also keine zweiphasige Ausbildung.
Abschluss des Studiums mit einem Master of Science (kein Master of Education), um Anschlussfähigkeit an die WU-Abschlüsse zu gewährleisten und Polyvalenz (Beschäftigungsoptionen auch in beruflichen Handlungsfeldern jenseits der Schule) zu fördern.
Verankerung einer „WIPÄD-Duftmarke“ im Bachelor-Studium durch das Angebot der speziellen BW „Wirtschaftstraining & Bildungsmanagement“.
Etablierung einer Ausbildungsschiene für Berufstätige („Quereinsteiger-Angebot“) für ganz Österreich.
Initiierung jährlicher WIPÄD-Kongresse – alternierend an allen vier Standorten in Österreich – zur Institutionalisierung eines disziplinären wissenschaftlichen Diskurses sowie Organisation von Wirtschaftsdidaktik-Kongressen am Standort Wien im Zweijahres-Rhythmus zur Förderung eines Praxisdialogs mit BMHS-Lehrer:innen.
Realisierung von EU-Bildungskooperationsprojekten mit anderen EU-Mitgliedsstaaten zur Förderung der ökonomischen Bildung in Transformationsstaaten (Bulgarien, Russland, Zentralasien etc.).
Betonung der ökonomischen Fachdidaktik im Masterstudium – in keinem anderen WIPÄD-Studium im deutschen Sprachraum hat die ökonomische Fachdidaktik einen ähnlich hohen Stellenwert (= USP der Wiener WIPÄD).
Curriculare Verankerung der Volkswirtschaft (VW) in das Masterstudium (Pflichtfach und optionale Vertiefung), weil dieses Fach wesentlich dazu beiträgt, ethische, ökologische und wirtschaftspolitische Fragestellungen zu thematisieren und einen wesentlichen Beitrag zur Reflexion und Aufklärung zu leisten vermag.
Selbstverständlich kann man so umfassende strukturelle, curriculare und inhaltliche Reformen nur im Team realisieren – für die loyale und engagierte Unterstützung möchte ich mich (nochmals) bei meinen damaligen Mitarbeiter:innen bedanken. Mein Handeln basiert(e) auf einem pädagogischen Grundverständnis, das der deutsche Pädagoge Hartmut von Hentig wie folgt auf den Punkt bringt:
„Die Menschen stärken, die Sachen klären.“ |
Josef Aff am 2. September 2024
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Wilfried Schneider (1971 - 2004)
Wilfried Schneider war von 1971 bis 2004 Vorstand des Instituts für Wirtschaftspädagogik. Er war Nachfolger von Hans Krasensky, der als erster die wirtschaftspädagogischen Ansätze in Österreich entwickelt hatte.
Wilfried Schneider habilitierte sich bereits 1970 mit einer Arbeit über programmierten und computerunterstützten Unterricht. Die Arbeit ist in einer überarbeiteten Auflage (Verlag Facultas) seit 2016 wieder zugänglich. Er gründete um 1972 das Österreichische Lehrmaschinenlabor, in dem Vorgängermodelle zum computerunterstützten Unterricht entwickelt und erprobt wurden.
Sein didaktisches Modell orientiert sich an der Kognitiven Psychologie (vgl. z.B. J.R. Anderson). Mit Hilfe von gut strukturierten, auf die Eingangsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler abgestellten Texten, die durch reale Beispiele angereichert werden, sollen komplexe Arbeitsaufgaben in Einzel- und Gruppenarbeit gelöst werden. Detaillierte Rückmeldungen durch Lehrtexte, durch Mitschüler oder Lehrerinnen und Lehrer sollen die Erkenntnisse vertiefen. D. h. der Schwerpunkt liegt nicht auf der selbständigen Informationserarbeitung, sondern auf der möglichst selbständigen komplexen Anwendung und der Rückmeldung.
Diesem Modell lagen auch die verschiedenen Lehrbuchreihen für die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen in Österreich zu Grunde, die von Schneider zu einem erheblichen Teil selbst verfasst und vollständig von ihm redigiert wurden. Die Lehrbücher erreichten einen Marktanteil von bis zu 80 % und eine Gesamtauflage von rund drei Millionen.
Um 1995 entwickelte Schneider im Auftrag des Rektors das Konzept für das Programm „Soziale Kompetenz“ an der Wirtschaftsuniversität. Er schrieb auch einen Teil der Unterlagen. Die Texte sind 2022, bearbeitet von seiner Nachfolgerin, Bettina Greimel-Fuhrmann, im Verlag Facultas neu erschienen.
Eines der letzten Projekte war ein Versuch um das Jahr 2000, an der Wirtschaftsuniversität Wien die Grundstudien der ersten zwei Semester zu vereinheitlichen, um eine einheitliche Basis für die weiteren Studienabschnitte zu schaffen. Lehrmaterial, Fallstudien und Kontrollaufgaben wurden im Netz zur Verfügung gestellt. Schneider betreute den didaktischen Aufbau, der Informatiker Neumann den computerunterstützten Teil. Die Arbeiten wurden nach Einführung der Bachelor- und Masterstudien nicht mehr fortgesetzt.
Schneider engagierte sich auch, „zum Schrecken der Universitätsleitung“, für die Einführung der Fachhochschulen in Österreich. Er entwickelte Konzepte für die erste Fachhochschule in Ostösterreich (Wiener Neustadt 1994) und schließlich für die Ferdinand-Porsche-Fernfachhochschule (2007), bis heute die einzige akkreditierte und mit Budgetmittel unterstützte Fernfachhochschule in Österreich.
Das umfangreiche Schriftenverzeichnis von Wilfried Schneider ist im Internet aufzufinden, z. B. unter https://research.wu.ac.at. |
Wilfried Schneider am 3. September 2024
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Hans Krasensky (1951 - 1971)
Inhalt folgt
Mit der Publikation des Buches Grundzüge der Wirtschaftpädagogik - entwickelt aus dem Objekt der Betriebswirtschaftslehre hat Hans Krasensky 1935 vermutlich zum ersten Mal den Terminus Wirtschaftspädagogik in die österreichische Diskussion eingebracht und gilt damit als Begründer der österreichischen Wirtschaftspädagogik. |