Unternehmen gründen mit 50plus?
Mit der Zunahme an erwerbstätigen Personen über 50 Jahren wächst auch das wirtschaftspolitische und wissenschaftliche Interesse am Thema der Beschäftigung in späteren Lebensabschnitten. Ein aktuelles Forschungsprojekt von Isabella Hatak vom Institut für KMU-Management an der WU widmet sich insbesondere dem „Unternehmer/innengeist“ der Generation 50 plus.
Mit der Zunahme an erwerbstätigen Personen über 50 Jahren wächst auch das wirtschaftspolitische und wissenschaftliche Interesse am Thema der Beschäftigung in späteren Lebensabschnitten. Ein aktuelles Forschungsprojekt von Isabella Hatak vom Institut für KMU-Management an der WU widmet sich insbesondere dem „Unternehmer/innengeist“ der Generation 50 plus.
Bereits 2013 wurde in einer Studie der WU (Isabella Hatak) gemeinsam mit der Aalto University (Teemu Kautonen) und der Johannes Kepler Universität Linz (Matthias Fink) gezeigt, dass unternehmerische Intentionen der Generation 50 plus abnehmend sind. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf demographische und institutionelle Einflussfaktoren unternehmerischer Intentionen von 3.847 Personen (50-74 Jahre) aus 27 europäischen Ländern gelegt. „Die Untersuchung zeigt deutlich, dass das Bild der Unternehmerperson in der älteren Bevölkerung noch stark maskulin geprägt ist. Höhere Bildung begünstigt die unternehmerische Aktivität. Auch üben Berufserfahrungen, die unternehmerischer Tätigkeit ähnlich sind, einen positiven Einfluss auf das unternehmerische Potenzial aus“, erklärt Isabella Hatak vom Institut für KMU-Management. Ein überraschendes Ergebnis zeigt die Untersuchung des Einflusses der Eltern auf das unternehmerische Potenzial der 50 plus-Bevölkerung. Selbst mit über 50 Jahren ist der unternehmerische Hintergrund der Eltern noch mitverantwortlich dafür, dass eine Tätigkeit als Entrepreneur erwogen bzw. angestrebt wird. Diese Prägung wirkt demnach nicht nur entscheidend, sondern auch nachhaltig. Weitere Faktoren, die eine wesentliche Rolle spielen, sind die Regelungen staatlicher Arbeitslosenunterstützung sowie die Wertschätzung, die Arbeitnehmer/innen am nationalen Arbeitsmarkt erfahren.
Einfluss von Alter und Jobidentifikation
Aufbauend auf dieser Analyse aus dem Jahr 2013 untersuchte Isabella Hatak gemeinsam mit Rainer Harms von der University Twente und Matthias Fink von der JKU Linz, wie der organisationale Kontext, in den Angestellte über 50 Jahre eingebettet sind, unternehmerische Intentionen beeinflusst. „Unternehmerische Tätigkeit ist tief im kulturellen und sozialen Kontext verwurzelt, daher muss neben der individuellen und der institutionellen Ebene auch die organisationale Ebene berücksichtigt werden“, so Isabella Hatak zu den Hintergründen der Studie. Basierend auf einer repräsentativen Stichprobe von Angestellten in Österreich zeigt die 2015 publizierte Analyse, dass die unternehmerischen Intentionen von älteren Arbeitnehmer/inne/n noch geringer ausgeprägt sind, wenn eine starke Jobidentifikation vorliegt. Eine solche Jobidentifikation ergibt sich aus der Jobzufriedenheit, der Bedeutung, die dem Job zugeschrieben wird und der Anstellungsdauer im Unternehmen.
Neue Ziele
Der gemeinsame Einfluss von Alter und Jobidentifikation auf unternehmerische Intentionen lässt sich anhand altersabhängiger Zieländerungen erklären: Während jüngere Personen wissensakquirierende Ziele verfolgen, treten für ältere Personen emotionsregulierende Ziele in den Vordergrund. „Diese altersbedingte Zieländerung resultiert aus dem wahrgenommenen Zeithorizont: Während jüngere Personen fühlen, dass noch eine Vielzahl an Möglichkeiten vor ihnen liegt, nehmen ältere Personen verstärkt Limitationen hinsichtlich ihrer zukünftigen Handlungsoptionen wahr – die Zeit läuft ab. Als Ergebnis dieses kürzeren Zeithorizonts sehen ältere Personen ihre gegenwärtige Anstellung in einem positiveren Licht und ziehen mehr Befriedigung aus der Identifikation mit ihrer unselbstständigen Beschäftigung als aus wissensakquirierenden Tätigkeiten, die notwendig wären, um unternehmerische Chancen zu erkennen und zu realisieren“, erklärt Isabella Hatak.
Einfluss altersabhängiges Selbstbild auf Unternehmensgründungen
Aktuell untersucht Isabella Hatak im Rahmen einer Longitudinalstudie gemeinsam mit Kolleg/inn/en der Aalto University und der University of Southhampton sowie der University of Nottingham nun den Einfluss des altersabhängigen Selbstbildes in Bezug auf Unternehmertum sowie des subjektiven Alters (gefühltes Alter in Jahren) auf die Umsetzung unternehmerischer Intentionen in Handlungen und damit Unternehmensgründungen. Erste Ergebnisse lassen darauf schließen, dass ein positives altersabhängiges Selbstbild unabhängig vom chronologischen Alter den Handlungseffekt unternehmerischer Intentionen verstärkt. Dagegen entfaltet ein positives subjektives Alter („Ich fühle mich jünger als ich bin“) seine Wirkung auf die unternehmerische Intention-Handlung-Beziehung erst ab einem chronologischen Alter von etwa 40 Jahren. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass Unternehmertum ein komplexer emotionaler Prozess ist, in dem neben dem chronologischen Alter das gefühlte Alter und das altersabhängige Selbstbild in Bezug auf Unternehmertum differenzierte Rollen spielen.
Kontakt:
Anna Maria Schwendinger
PR-Referentin
Tel: + 43-1-31336-5478
anna.schwendinger@wu.ac.at
WU-Presseinformation: Unternehmensgründung mit 50plus als PDF