Studie zu „grünen“ Startups: Was ist der richtige Investitions-Mix für erfolgreiche Klima-Technologien?
Innovationen für den Klimaschutz kommen oft von „grünen“ Startups. Wenn das dafür nötige Kapital sowohl von öffentlichen Förderstellen als auch von Unternehmen kommt, erhöht das die Chancen für eine erfolgreiche Markteinführung. Das zeigt eine neue Studie einer internationalen Forscher*innengruppe mit Beteiligung der WU Wirtschaftsuniversität Wien.
Um weltweite CO2-Neutralität zu erreichen, werden Technologien nötig sein, die heute noch in der Entwicklungsphase stecken. Dabei spielen „grüne“ Startups eine zentrale Rolle: Sie zielen darauf ab, neue Technologien im Energie- und Klimasektor zu entwickeln und schnell auf den Markt zu bringen – was angesichts der sich verschärfenden Klimakrise den entscheidenden Unterschied bedeuten könnte.
Doch Investitionen in derartige Technologien sind riskant: Sie haben eine lange Entwicklungszeit und benötigen viel Kapital. In einer neuen Studie, die im Journal Nature Energy veröffentlicht wurde, haben Forscher*innen die Finanzierungsstrategien für „grüne“ Startups analysiert und zeigen, dass eine Mischung aus öffentlichen und Unternehmensinvestitionen die Erfolgschancen deutlich erhöhen kann.
Hohes Risiko im Tal des Todes
„Klimatechnologie-Startups bleiben oft im so genannten ‚Valley of Death‘ stecken“, sagt Co-Autorin Kavita Surana, Leiterin des WU Institute for Data, Energy, and Sustainability und Forscherin am Complexity Science Hub. Mit dem „Valley of Death“ ist die Phase eines Startups gemeint, in der eine technische Innovation zu einem kommerziellen Produkt skaliert werden muss – was gerade bei Klima-Startups, die technisch anspruchsvolle, physische Produkte herstellen, hohe Investitionen nötig macht. Viele Jungunternehmen, die innovative Lösungen gegen die Klimakrise entwickeln, scheitern in dieser Phase: „Um Technologien zu entwickeln, die uns auf dem Weg zu Net-Zero helfen, sind sie auf eine Kombination aus privaten und öffentlichen Investitionen angewiesen“, sagt die Inhaberin der BMK Stiftungsprofessur für datengetriebene Wissensgenerierung: Klimaschutz.
Neben Kavita Surana waren Forscher*innen von der University of Maryland, der University of Wisconsin-Madison und der Technischen Universität München an der Studie beteiligt. Sie haben 2.910 „grüne“ Technologie-Startups untersucht, die in den Jahren 2005 bis 2020 in den USA gegründet wurden.
Die Analyse zeigte, dass die Chance auf einen erfolgreichen Exit um 155 % steigt, wenn öffentlich geförderte Startups auch Investitionen von Unternehmen erhalten. Wenn ein Startup mindestens einen sogenannten Corporate-Investor hat, erhöht das die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Exits um 110 % im Vergleich zu Startups, die nur von der öffentlichen Hand gefördert werden.
„Um die Erfolgschancen von Startups zu erhöhen und Anreize für eine sinnvolle Finanzierung zu schaffen, müssen wir verstehen, welche Auswirkungen die Kombination von verschiedenen Finanzierungsquellen hat“, sagt Kathleen Kennedy, Professorin am Center for Global Sustainability an der University of Maryland und Erstautorin der Studie. „Unsere Analyse zeigt, dass Konzerne strategische Investoren sind, die bevorzugt Neugründungen in ihren Kerngeschäftsfeldern unterstützen und damit wichtiges Wissen aus ihrem Sektor zur Verfügung stellen. Damit helfen sie Startups bei Wachstum und Skalierung und verschaffen ihnen zusätzliche Vorteile – etwa den Zugang zu Lieferketten und anderen Ressourcen.“
In der Analyse zeigte sich, dass Konzerne vor allem in Startups investieren, mit deren Technologien sie schon Erfahrung haben: 42 % der Investitionen von Transportunternehmen fließen in Transport-Startups, 59 % der Investitionen von Agrar-Konzernen gehen an Landwirtschafts-Startups.
„Unternehmensinvestitionen in Startups korrelieren mittlerweile mit Erfolg. Das deutet darauf hin, dass viele Unternehmen aus früheren Verlusten gelernt haben und in Zukunft eine wichtigere Rolle bei der Entwicklung neuer Klimatechnologien spielen könnten“, sagt Co-Autorin Morgan Edwards von der La Follette School of Public Affairs an der University of Wisconsin.
Um zukunftsfähige Klimatechnologien zu entwickeln, hat sich allerdings eine Kombination aus öffentlichen und Konzerninvestitionen als ideal herausgestellt. „Öffentliche Finanzierung ist vor allem in der Anfangsphase von ‚grünen‘ Startups essenziell“, sagt Co-Autorin Kavita Surana. „Diese Startups brauchen auf lange Sicht Kapital, um zu wachsen. Dabei spielen strategische Investitionen von Unternehmen eine wichtigere Rolle als kurzfristige Finanzierungen durch Venture-Capital-Gesellschaften.“
„Diese oftmals längerfristigen Investitionen von Corporate-Partnern mit einem ‚längeren Atem‘ sind für Klimainnovationen, die oft technologieintensiv sind und jahrzehntelange Entwicklungszyklen haben, essenziell“, bestätigt Co-Autorin Claudia Doblinger von der Technischen Universität München.
Empfehlungen für Innovationsfinanzierung
In ihrer Studie geben die Forscher*innen drei Empfehlungen für evidenzbasierte Innovationsstrategien ab:
Öffentliche Gelder können Innovationen ankurbeln, insbesondere bei Startups, die sich mit herausfordernden Technologien beschäftigen.
Unternehmensinvestitionen bringen vor allem für Start-ups, die schon öffentliche Gelder erhalten und Patente angemeldet haben, positive Ergebnisse. Um Anreize dafür zu schaffen, könnten staatliche Stellen gezielt Public-Private-Partnerschaften mit risikoreichen Klimatechnologie-Startups fördern.
Auch mit Unternehmensinvestitionen ist das Risiko des Scheiterns für Klimatechnologie-Startups hoch. Allerdings korrelieren andere private Investitionen – vor allem von Venture-Capital-Gesellschaften – noch weit stärker mit dem Scheitern eines Startups. Das liegt laut den Forscher*innen vor allem an „Corporate Shark“-Praktiken, bei denen das Know-how eines Startups abgesaugt wird, um ein etabliertes Unternehmen zu stärken. Die Politik sollte diesen Praktiken einen Riegel vorschieben.
Laut den Forscher*innen ist von entscheidender Bedeutung, verschiedene Finanzierungsquellen für die Entwicklung von Klimatechnologien zu nutzen. Zu diesem Zweck haben die Autor*innen schon zuvor im Rahmen eines von der Alfred P. Sloan Foundation finanzierten Forschungsprojekts große Unternehmen bzw. Konzerne als wichtige Investoren in Start-ups identifiziert. Durch die Analyse der Effekte verschiedener Finanzierungsquellen auf die Gründung und Skalierung von Klima-Startups soll die vorliegende Studie politische Entscheidungsträger*innen dabei unterstützen, effektivere Strategien zur Förderung von Innovationen zu entwickeln, um der Bedrohung durch den Klimawandel zu begegnen.
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