Österreich: 25% der börsennotierten Unternehmen schütten keine Dividenden aus
An den internationalen Börsen zeichnen sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich ab, auch in Österreich. Die WU-WissenschaftlerInnen Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder und Matthias Petutschnig untersuchten, wie Österreichs börsennotierte Unternehmen auf COVID19 reagieren. Rund 80 Prozent der Unternehmen nehmen in ihrem Geschäftsbericht 2019 bereits Bezug auf die Coronakrise. Die Studienergebnisse zeigen, dass als Folge der Krise Dividendenzahlungen deutlich nach unten revidiert und Hauptversammlungen nach hinten geschoben wurden.
In ihrer Studie analysierte WU-Assistenzprofessorin Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder von der Abteilung für Unternehmensrechnung und Revision und WU-Professor Matthias Petutschnig von der Abteilung für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre die kurzfristigen Auswirkungen der COVID-19 Krise auf die beschlossenen und geplanten Gewinnausschüttungen sowie die Abhaltung der Hauptversammlungen für das Geschäftsjahr 2019 der am Vienna Prime Market gelisteten Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen auch im Rahmen ihrer Gewinnausschüttungen rasch auf die COVID-19-Krise reagierten und die Dividendenzahlungen reduzierten oder sogar aussetzten. Dabei konnte bei vier Unternehmen durch eine Untersuchung der Ad-hoc-Meldungen festgestellt werden, dass die Dividendenvorschläge im Nachhinein nach unten revidiert wurden. Studienautorin Mittelbach-Hörmanseder ergänzt: „Da insgesamt erst ein Bruchteil der Hauptversammlungen stattgefunden hat und nur diese Unternehmen eine Bestätigung ihres Dividendenvorschlages erhalten haben, ist es nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Anpassungen folgen werden.“
25% schütten keine Dividenden aus
Im Durchschnitt beträgt die Dividende für das Bilanzjahr 2019 0,89 € pro Aktie, deutlich weniger als in den Vorjahren. Für das Bilanzjahr 2017 wurden 1,03 € pro Aktie ausgeschüttet, für 2018 wuchs die durchschnittliche Dividende auf 1,10 € pro Aktie. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass nach derzeitigem Stand sieben von 29 Unternehmen, also rund ein Viertel, keine Dividenden ausschütten. Dies stelle laut Studienautor Petutschnig im Vergleich zu den Vorjahren, wo drei bzw. vier Unternehmen keine Dividenden ausschütteten, eine Verdoppelung dar. „Interessant ist dabei auch, dass gerade jenes Unternehmen, welches über den Betrachtungszeitraum konstant den höchsten jährlichen Ausschüttungsbetrag auswies, die Lenzing AG, zu jenen Unternehmen gehört, die den diesjährigen Dividendenvorschlag im Mai 2020 auf 0 € reduzierten“, so die StudienautorInnen.
Die Corona-Pandemie scheint sich auch dadurch abzuzeichnen, dass für 2019 nur 10 Unternehmen ihre Dividenden erhöhten, 2018 taten dies immerhin 17. Acht Unternehmen reduzieren ihre Dividende für das Bilanzjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr.
Hauptversammlung und Dividendenauszahlungen im Verzug
Obwohl die Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung besteht, verzichtete die Mehrheit der untersuchten Unternehmen vorerst auf die Möglichkeit der Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung. Sie verschoben den Termin der Hauptversammlung in das zweite Halbjahr 2020. Bei jenen Unternehmen, die ihre Hauptversammlungen bereits online abhielten, plant ein Unternehmen, keine Dividende auszuzahlen, drei reduzierten die Dividende. Drei weitere Unternehmen hatten ursprünglich eine Erhöhung zum Vorjahr geplant, wobei diese Erhöhung auch von zwei tatsächlich durchgeführt wurde, und ein Unternehmen reduzierte die zuvor höher angekündigte Dividende auf das Vorjahresniveau. „Darüber hinaus verschieben Unternehmen auch die geplanten Auszahlungszeitpunkte ihrer Dividenden nach hinten, um gegebenenfalls kurzfristig auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können“, so Mittelbach-Hörmanseder.
Auswirkungen auf Pensionsfonds
Trotz der derzeitigen Meldungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise zeigt das Bild der letzten Jahre jedoch, dass die am Vienna Prime Market gelisteten Unternehmen in der Regel auf eine positive Entwicklung zurücksehen können. „Vor diesem Hintergrund ist auch die Frage nicht endgültig geklärt, inwieweit die Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere nach einem erfolgreichen Bilanzjahr 2019, vollständig auf die Eigentümer übertragen werden soll, insbesondere wenn die notwendigen bilanziellen Reserven vorhanden sind“, ergänzen die StudienautorInnen. „Darüber hinaus ist wohl auch zu bedenken, dass oftmals institutionelle Investoren an Unternehmen beteiligt sind, deren Anlage-Performance sich wiederum auf Pensionsfonds und dergleichen auswirkt. Andererseits sind natürlich auch Signalwirkungen an MitarbeiterInnen nicht zu unterschätzen sowie die Frage, inwieweit die unvorhersehbaren Auswirkungen durch die COVID-19-Krise schon heute berücksichtigt werden können.“
Zur Studie
Die Grundlage der Untersuchung bilden die am 30. April 2020 an der Wiener Börse gelisteten Unternehmen, wobei acht Unternehmen mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Bilanzjahr sowie ein Unternehmen, das erst seit 2019 gelistet ist, ausgeschlossen wurden. Die finale Stichprobe bestand aus 29 Unternehmen. Alle Finanzdaten für die Bilanzjahre 2017 bis 2019 wurden von Datastream bezogen. Darüber hinaus werden Ad-hoc-Meldungen dieser Unternehmen, die zwischen 1. Jänner 2020 und 10. Mai 2020 herausgegeben wurden, berücksichtigt. Etwaige spätere Ankündigungen und Veröffentlichungen flossen nicht in die Untersuchung ein.
Den vollständigen Bericht stellen wir gerne auf Anfrage zur Verfügung.
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