EU-Regionalförderung beeinflusst regionales Wahlverhalten
Rund 53,5 Milliarden Euro investierte die EU alleine im Jahr 2017 in die Förderung der europäischen Regionen mit dem Ziel, diese wirtschaftlich zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen. Eine aktuelle Studie von WU-Professor Harald Oberhofer und Wissenschaftlerin Julia Bachtrögler zeigt nun, dass sich die Förderungen der EU in einer Region auch in den Wahlergebnissen niederschlagen. Anhand der Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich konnten sie zeigen, dass jene Regionen, die besonders von EU-Förderungen profitieren, auch tatsächlich „pro-europäischer“ stimmten.
Die EU-Regionalpolitik hilft mittels ihrer Förderungsinstrumente, die insgesamt den zweitgrößten Posten im EU-Budget bilden, den weniger wohlhabenden Regionen innerhalb der EU um zu den weiter entwickelten aufschließen zu können. Damit sollten sie auch angesichts der fortschreitenden Globalisierung wettbewerbsfähiger werden. In Österreich flossen beispielsweise allein in das Burgenland zwischen 1995 und 2006 knapp 1 Milliarde Euro an EU-Geldern. Harald Oberhofer, Professor am WU-Institut für Internationale Wirtschaft, untersuchte gemeinsam mit Julia Bachtrögler vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, inwieweit solche regionalen Förderungen seitens der EU auch das Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger beeinflussen. Im Zentrum stand dabei die Frage, ob Menschen aus Regionen, die von EU-Förderungen stärker profitieren, in ihrem Wahlverhalten pro-europäischer sind. Dies untersuchten Harald Oberhofer und seine Koautorin beispielhaft anhand der französischen Präsidentschaftswahl 2017.
Mehr Beschäftigung, stärkere pro-europäische Haltung
Zunächst wurden die Daten zur Projektförderungen von Unternehmen im Zuge des mehrjährigen Finanzrahmes 2007-2013 analysiert und damit evaluiert, ob die Projektförderung zu mehr Beschäftigungszuwachs in den Unternehmen der jeweiligen Region geführt hatte. „Dies erlaubt uns zu messen, ob die EU-Politik an der Wirtschaftssituation in den Regionen tatsächlich etwas verbessert“, so Oberhofer. Dabei zeigte sich, dass - entgegen bisheriger Studien -, die Förderungen allein in puncto Beschäftigung in 8 von 21 geförderten Regionen signifikante Verbesserungen brachten. Im nächsten Schritt wurde diese Information genutzt, um das regionale Wahlverhalten in Frankreich zu erklären. Dabei zeigte sich, dass jene Regionen, die besonders von den EU-Förderungen profitieren, auch tatsächlich pro-europäischer, das heißt verstärkt für Emmanuel Macron, gestimmt haben. Dies galt insbesondere dann, wenn die EU-Förderungen neue Arbeitsplätze in den Regionen geschaffen haben. Umgekehrt wählten jene Regionen, die relativ weniger EU-Förderungen erhielten, verstärkt die EU-skeptische Kandidatin Marine Le Pen. „In Zahlen heißt das: 1 Prozent mehr Beschäftigte aufgrund der EU-Förderungen reduzierte den WählerInnen-Anteil von Le Pen um ca. 0,2 Prozentpunkte und erhöht die Stimmen für Macron um bis zu 0,1 Prozentpunkte.“
Maßgeschneiderte Förderungen
„Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass pro-europäische PolitikerInnen dann positiver von der Bevölkerung wahrgenommen werden, wenn die politischen Maßnahmen der EU tatsächlich die wirtschaftliche Situation in der direkten Umgebung verbessern. Umso wichtiger ist es, dass die EU-Förderungen zielgerichtet auf die Bedürfnisse der jeweiligen Regionen zugeschnitten werden und dass diese Maßnahmen regelmäßig in Bezug auf ihre Wirkungsweise evaluiert werden“, so Oberhofer.
Über die Studie
Die Studie von WU-Professor Harald Oberhofer und Julia Bachtrögler (im Durchführungszeitraum Dissertantin an der WU) analysiert die Wirksamkeit der EU-Regionalförderungen in Bezug auf die regionale Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung sowie das regionale Wahlverhalten. Eine Beschreibung der Datenbank über EU-Förderung ist online unter epub.wu.ac.at/5545/1/wp246.pdf verfügbar. Für die Berechnung der Effektivität der EU-Regionalförderungen stehen der Analyse circa 1400 geförderte französische Unternehmen und über 120000 nicht geförderte Unternehmen zur Verfügung. Das Wahlverhalten während der französischen Präsidentenwahl 2017 wird sowohl anhand der ersten Runde als auch die Stichwahl zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen untersucht.
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Mag. Anna Maria Schwendinger
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