Digitalisierung: Österreichs Unternehmenszentralen im Wandel
Die Digitalisierung bringt in nahezu allen Wirtschaftsbereichen Veränderungsprozesse mit sich. Auch für Unternehmenszentralen und deren Rolle gegenüber Tochterunternehmen erwarten Experten deutliche Verschiebungen. WU-Professor Phillip Nell und Wissenschaftler Jan Schmitt untersuchten in einer aktuellen Studie gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger und Headquarters Austria, welchen Einfluss Digitalisierung auf internationale Unternehmenszentralen nimmt. Dabei zeigt sich: Trotz massiver zu erwartender Veränderungen sieht sich nur ein Viertel aller Unternehmenszentralen in Österreich ausreichend vorbereitet.
Rund 850 Unternehmenszentralen sind derzeit in Österreich verzeichnet. Sie sehen sich alle mit neuen technologischen Möglichkeiten konfrontiert. Und davon gibt es eine Vielzahl: Neue und massenhaft zur Verfügung stehende Daten, Artifical Intelligence und das „Internet of Things“ bringen Chancen und Herausforderungen mit sich und lassen Transformationsprozesse erwarten. Wie sich all diese auf die internationalen Firmenzentralen auswirken und welche Entwicklungen seitens der Unternehmensführung erwartet oder geplant sind, untersuchten WU-Professor Phillip Nell und Wissenschaftler Jan Schmitt vom Institut für International Business der WU in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Roland Berger und Headquarters Austria. Basis der aktuellen Studie bilden Umfragen sowie Interviews mit insgesamt 85 Top-ManagerInnen in Österreich.
Viel Veränderung, wenig Vorbereitung
Die Studie zeigte, dass zwar durchgehend tiefgreifende Veränderungen in den Firmenzentralen im Zuge der Digitalisierung erwartet werden, allerdings geben nur 26% der Befragten an, darauf gut vorbereitet zu sein und eine klare Firmenstrategie dafür vorliegen zu haben. Besondere Chancen in der Digitalisierung sahen die Befragten weniger in der Kostensenkung, sondern insbesondere in der Steigerung der Wertschöpfung. Dies begründeten die Befragten vor allem durch:
schnellere Informations- und Datengewinnung zur Entscheidungsfindung (92%)
die höhere Qualität der Informationen und Daten (86%)
die daraus resultierende bessere Identifikation relevanter Faktoren z.B. durch genauere Prognosen (66%).
Potenziale zur Kostenersparnis sehen die StudienteilnehmerInnen vor allem durch die Effizienzsteigerung (75%), die Reduktion administrativer Aufwände (66%) und durch die Beschleunigung von Entscheidungsprozessen (59%).
Gleiche Größe, mehr Einfluss
In Bezug auf ihre Größe rechnen die Unternehmenszentralen kaum mit Veränderungen: 78 Prozent geben an, keine oder nur eine geringe personelle Veränderung kommen zu sehen. Zuwachs erwarten die Unternehmenszentralen allerdings in der Stärke gegenüber ihrer Tochterkonzerne bzw. den einzelnen Sparten. Dies werde sich laut TeilnehmerInnen sowohl in der stärkeren Einbindung der Unternehmenszentrale in das operative Handeln der Tochterkonzerne (36%), einer generell stärkeren Vernetzung zwischen Unternehmenszentrale und Tochtergesellschaften (46%) oder auch in der zunehmenden Zentralisierung von Aufgaben manifestieren (52%). „Wir erwarten, dass viele internationale Unternehmen mit Change Management-Prozessen und auch firmeninternen Machtkämpfen im Management konfrontiert sein werden“, so die Einschätzung von Studienautor Phillip Nell. Zudem sind 56% der befragten Headquarter-ManagerInnen davon überzeugt, dass die Digitalisierung insbesondere Raum für strategisches Denken schaffen wird. „Traditionelle Entscheidungsprozesse in Headquarters werden zunehmend hinterfragt“, so Co-Autor Leo Hauska, Vorsitzender von Headquarters Austria, „Big Data und Artificial intelligence – aber auch neue Modelle wie Open Strategy oder Open Decision Frameworks werden das Arbeiten in Organisationszentralen grundlegend verändern.“
Personelle Herausforderung
Zwar gaben die StudienteilnehmerInnen durchgehend an, über ausreichend finanzielle Ressourcen sowie Partnernetzwerke für Digitalisierungsprozesse innerhalb der Unternehmenszentralen zu verfügen, anders gestalte sich dies aber in Bezug auf personelle Ressourcen im eigenen Haus. Nur 24% der Führungskräfte gaben an, ausreichend Zugang zu Digitalisierungs-SpezialistInnen zu haben. „Viele Unternehmen sind auf die Digitalisierung nicht ausreichend vorbereitet; hinzu kommt der Fachkräftemangel auf dem österreichischen Markt“, warnt Co-Autor Vladimir Preveden, Partner von Roland Berger. Diese zwei Faktoren können die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen beeinträchtigen. „Unternehmen sollten daher das notwendige Know-How im eigenen Haus aufbauen, ansonsten wirkt sich der technologische Rückstand vom Headquarter auf das gesamte Unternehmen aus.“
Zur Studie
Basis der Studie bildet eine Onlineumfrage, die im Zeitraum zwischen Mai und September 2018 an alle Unternehmenszentralen in Österreich gesendet wurde. Diese beinhalten sowohl Unternehmenszentralen mit Verantwortung für den Gesamtkonzern (knapp 500) als auch regionale Unternehmenszentralen, die Verantwortung für eine begrenzte Region und/oder Produktkategorien haben (ca. 350). Im selben Zeitraum wurden mit ausgewählten Unternehmen Interviews durchgeführt. Insgesamt wurden auf diese Weise 85 verwendbare Antworten gesammelt (Rücklaufquote von ca. 10%), die von sehr diversen Unternehmenszentralen mit Bezug auf Industrie und Firmengröße stammen.
Die Studienautoren
<link iib team faculty nell>Phillip Nell ist Professor für International Business an der WU und leitet das Kompetenzzentrum für Emerging Markets & Mittel- und Osteuropa.
<link iib team faculty jan-schmitt>Jan Schmitt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für International Business der WU.
Vladimir Preveden ist Co-Managing Partner bei Roland Berger Österreich.
Leo Hauska ist Geschäftsführender Gesellschafter von Hauska & Partner Corporate Relations und Vorsitzender von Headquarters Austria.
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Mag. Anna Maria Schwendinger
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Tel: + 43-1-31336-5478
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