Außen „Hui“, innen „Pfui“? Umweltmanagement und sein Platz im Unternehmen
Umweltbewusstsein ist für viele Unternehmen nach außen hin längst kein Fremdwort mehr. Bestrebungen nach umweltfreundlichen Produktionsketten gehören beinahe zum „guten Ton“. Sieht man jedoch ins Innere des Unternehmens, zeichnet sich oftmals ein gänzlich anderes Bild. Um Umweltbewusstsein auch im Unternehmen zu verankern, setzt „Green Human Ressource Management“ (Green HRM), einen wichtigen Schritt. Dabei fördern Personalabteilungen aktiv das Umweltbewusstsein der MitarbeiterInnen. WU-Professor Michael Müller-Camen untersucht in seiner Arbeit, welche Unterschiede sich im internationalen Vergleich bei der Implementierung von Umweltmanagement zeigen und welche Funktion dabei den Personalabteilungen zukommt. Von reinen Image- und Branding-Kampagnen bis hin zur ernstgemeinten Nachhaltigkeitsstrategie finden sich dabei viele Zugänge. Auch internationale Vorreiter zeichnen sich ab.
Ökologische Nachhaltigkeit hält mehr und mehr in verschiedenste Bereiche von Unternehmen Einzug, von „Green Supply Chain Management“, „Green Marketing“ oder „Green Accounting“ ist die Rede. Ein Bereich blieb bislang allerdings vielfach ausgespart, obgleich seine Rolle dabei groß ist: das Personalmanagement. Dabei eröffnet Green HRM eine breite Palette an Möglichkeiten für Personalabteilungen, um das Bewusstsein der MitarbeiterInnen für ihre Umwelt und ressourcenschonendes Verhalten zu schärfen – vielfach auch mit Maßnahmen, die neben ökologischem auch ökonomischen Nutzen mit sich ziehen. „Beispielsweise können im Employer Branding Umweltstrategien der Organisation kommuniziert werden, aber auch bei der Rekrutierung sind ökologische Einstellungen der BewerberInnen wichtige Kriterien. Die Personalentwicklung hat auch die Möglichkeit, das ökologische Verhalten der MitarbeiterInnen gezielt zu fördern, auch spezielle Anreizsysteme können zum Einsatz kommen“, erklärt Michael Müller-Camen, Vorstand des Instituts für Personalmanagement an der WU. Für einen besseren Überblick über den Status Quo von Green HRM untersuchte Müller-Camen gemeinsam mit KollegInnen, wo Umweltmanagement in internationalen Unternehmen verankert ist und welche Strategie dabei verfolgt wird. Hierfür analysierten die WissenschaftlerInnen mittels 50 Interviews und Gesprächen mit Fokusgruppen drei Tochterfirmen einer amerikanischen Restaurantkette in Großbritannien, Deutschland und Schweden – insbesondere der Bereich Ernährung gilt als massiv ressourcenintensiv und weist einen hohen ökologischen Fußabdruck auf.
Zwischen Branding-Kampagne und Unternehmensstrategie
Die Studie verdeutlicht die unterschiedlichen Zugänge zu Umweltmanagement: Während in der deutschen Niederlassung Umweltmanagement der CSR-Abteilung zugeordnet war, wurde Umweltmanagement in Schweden nach einer anfänglichen Zuteilung zum Bereich Supply Chain Management der Marketingabteilung zugeteilt. „Hier zeigt sich deutlich der strategische Wechsel vom direkten Anwendungsbereich hin zur Kommunikation. Dies erweckt den Eindruck, dass es für die schwedische Tochterfirma eher wichtig ist, nach außen Umweltfreundlichkeit zu kommunizieren, als es tatsächlich umzusetzen“, so Müller-Camen.
In Deutschland setzte man auf einen ganzheitlichen Zugang, für bessere Transparenz und Evaluierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurde sogar ein eigenes Kontrollsystem abseits finanzieller Kennzahlen eingeführt. Trotz verschiedenster partizipativer Maßnahmen wie Road Shows und Think Tanks, gaben die Verantwortlichen dort allerdings an, dass sich die interne Implementierung von Umweltschutzmaßnahmen als herausfordernd erweist. Nur in Großbritannien erreichte der Bereich Umweltmanagement die Personalabteilung. „The environment is about behaviors, so it should sit within the HR function“, lautete die Begründung.
Green HRM für viele noch Zukunftsmusik
„Unsere Forschung zeigt eines sehr deutlich: Neben der unklaren Zuständigkeit für Umweltagenden in den Betrieben, ist ein weiteres Problem, dass CSR oft mit sozialen Aspekten wie Diversity und betriebliche Gesundheit gleichgesetzt wird und ökologische Aspekte vernachlässigt werden“, erklärt Müller-Camen, „ Eine weitere Herausforderung speziell für internationale Unternehmen wie die untersuchte Restaurantkette ist das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturkreise und Wirtschaftssysteme, da diese der ökologischen Nachhaltigkeit unterschiedliche Bedeutsamkeit zuschreiben können.“ Deutlich wurde im Zuge auch die wichtige Rolle der Führungskräfte – sie setzen für MitarbeiterInnen einen wichtigen Orientierungspunkt in puncto umweltbewusstem Verhalten.
Internationale Vorreiter
Obgleich nachhaltiges Umweltmanagement in vielen Unternehmen noch wenig bis gar nicht verankert ist, finden sich auch Pioniere des Green HRM: Patagonia, ein globales Bekleidungsunternehmen, bietet seinen MitarbeiterInnen ökologische Sabbaticals an, um unter Lohnfortzahlung umweltorientierte Projekte voranzutreiben. Der Versicherungskonzern Allianz erreicht gar eine gezielte Reduktion von CO2-Emissionen pro MitarbeiterIn durch gesenktes Reiseaufkommen. Der Automobilzulieferer Continental bindet Teile des variablen Gehalts auf Managementebene an die Erreichung von Umweltzielen, ähnlich werden beim Automobilhersteller BMW ökologische Innovationen durch Managementgehälter belohnt. Die österreichische Firma Sonnentor bietet für ihre MitarbeiterInnen interne Schulungen zu Produkten, Kräutern und Gewürzen an, um die Umweltaspekte ihres Kerngeschäfts aufzuzeigen.
Nächster Schritt
Mit Ende 2017 startet Michael Müller-Camen gefördert durch den FWF und gemeinsam mit der Universität Augsburg ein weiteres großes, dreijähriges Projekt zum Thema Green HR. Dabei setzt er den Fokus auf Green HRM, auf MitarbeiterInnen- und Teamebene sowie auf die Spannungen, die sich aus Interaktionen unterschiedlicher Ebenen im Rahmen von Green HRM ergeben können, um herauszufinden, was MitarbeiterInnen dazu bewegt, sich am Arbeitsplatz umweltfreundlich zu verhalten. Im Zentrum stehen bei dieser Fragestellung der Einfluss vom Team und der Führungsperson, aber auch die Persönlichkeit, eigene Moralvorstellungen, und Einstellungen, um das umweltfreundliche Verhalten am Arbeitsplatz zu erklären.
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