Hintere Außenansicht des D2 Gebäudes

Wissenschaftliche Evaluierung des Bundesgesetzes zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz - FreiwG)

Das Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz beauftragte uns mit einer wissenschaftlichen Evaluierung des Bundesgesetzes zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz). Ziel der Studie war es, eine Bestandsaufnahme und Bewertung der mit dem Freiwilligengesetz erzielten und einhergehenden Wirkungen auf das freiwillige Engagement und dessen Förderungen vorzunehmen. Weiters wurden die im Regierungsprogramm festgehaltenen Ziele zur Förderungen des ehrenamtlichen Engagements sowie der Freiwilligentätigkeit und der Zivilgesellschaft ebenfalls in der vorliegenden Wirkungsanalyse berücksichtigt. Die Studie bezieht sich auf jene Abschnitte des Freiwilligengesetzes, welche die Ziele des Gesetzes, die Förderungsmöglichkeiten sowie die Definition von Freiwilligenorganisationen festhalten. Weiterer Bestandteil der Studie ist die Evaluierung der im Freiwilligengesetz verankerten Instrumente zur Förderung des freiwilligen Engagements, und zwar des Freiwilligenberichtes, des Freiwilligenwebs sowie des Österreichischen Freiwilligenrates und des Anerkennungsfonds. Explizit nicht untersucht wurden die Regelungen zu den Sonderformen des freiwilligen Engagements (z.B. FSJ, FUJ).

Die Evaluierung erfolgte auf Basis von qualitativen Befragungen in Form von Interviews und Fokusgruppengesprächen mit zentralen Stakeholdern aus Tätigkeitsbereichen, die stark von freiwilligem Engagement geprägt sind. Ziel war es zu eruieren, welche Wirkungen das Freiwilligengesetz aus Sicht der befragten Vertreter:innen von Freiwilligen- und Infrastrukturorganisationen hat und wo sie Verbesserungsvorschläge haben. Aufbauend auf den Ergebnissen der qualitativen Befragung wurde ein quantitativer Fragebogen entwickelt und eine Online-Befragung durchgeführt. Diese Umfrage wurde sehr breit angelegt, um mittels einem Snowballing-Verfahren eine möglichst zahlreiche Teilnahme sicherzustellen sowie um die Vielfalt der Freiwilligenorganisationen möglichst gut abzudecken.  An der Befragung beteiligten sich rund 600 Freiwilligenorganisationen, welche sich hinsichtlich ihrer Größe sowie der Tätigkeitsbereiche und der Region der Aktivität wesentlich unterschieden. Daraus wurden die bereits beobachtbaren Wirkungen des Freiwilligengesetzes für zentrale Stakeholder eruiert und in einem Wirkungsmodell zusammengetragen. Zusätzlich wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um die Wirksamkeit des Gesetzes weiter zu verbessern.

Wie die Ergebnisse der Erhebungen zeigen, gibt es einen Konsens über den Beitrag des Freiwilligengesetzes zur Schaffung von entsprechenden Rahmenbedingungen für freiwilliges Engagement. Damit sind beispielsweis die Entwicklung von Definitionen für Begriffe aus dem Freiwilligenbereich sowie von Standards für die Sicherung der Qualität im Freiwilligenbereich gemeint, aber auch die Schaffung von mehr Rechtssicherheit für Freiwillige sowie für Freiwilligenorganisationen. Nichtdestotrotz zeigen die Ergebnisse auch, dass die Förderung des freiwilligen Engagements ein laufender Prozess ist und dass noch Weiterentwicklungsbedarf besteht. Aus der Online-Umfrage geht hervor, dass die im Rahmen des Freiwilligengesetzes geregelten Instrumente und Maßnahmen nur bei einem sehr kleinen Teil der befragten Freiwilligenorganisationen ankommen. Der Großteil der Organisationen, die sich an der quantitativen Befragung beteiligt haben, kennt weder das Freiwilligengesetz noch die verschiedenen Instrumente.

Weitere, schwerer greifbare Wirkungen des Freiwilligengesetzes wie etwa die Sichtbarmachung des Wertes des freiwilligen Engagements für die Gesellschaft, ließen sich eher aus den qualitativen Gesprächen ableiten. Hier muss aber angemerkt werden, dass sich die Wirkungen des Gesetzes von Wirkungen, die aus anderen Maßnahmen der Freiwilligenpolitik oder sogar auf die Aktivitäten der Freiwilligenorganisationen zurückzuführen sind, schwer abgrenzen lassen. Somit lassen sich viele der angenommenen hypothetischen Wirkungen nicht bzw. nur sehr schwer mittels einem empirischen Zugang verifizieren.

Handlungsempfehlungen wurden einerseits im Hinblick auf die Verbesserung einzelner bestehender Instrumente, wie des Freiwilligenwebs, des Freiwilligennachweises und des Freiwilligenberichts formuliert. Angesichts der Entwicklungen des freiwilligen Engagements weg von traditionellen hin zu stärker interessengeleiteten Formen, ist der Ausbau unterstützender Infrastruktur wichtig. Einige Bundesländer verfügen bereits über landesweite Stellen bzw. Freiwilligenzentren, die (potenzielle) Freiwillige und Freiwilligenorganisationen zusammenbringen und verschiedenste Dienstleistungen, etwa im Bereich der Aus- und Weiterbildung, für diese erbringen. Solche Freiwilligenzentren könnten auch in anderen Bundesländern errichtet werden. Empfohlen wird außerdem die Errichtung der im Rahmen des Regierungsprogramms vorgesehene nationalen Koordinations-, Beratungs- und Servicestelle für Freiwillige, gemeinnützige Vereine, Stiftungen und soziale Unternehmen. Diese wäre zuständig für eine verstärkte Vernetzung und die strategische Weiterentwicklung des freiwilligen Engagements und der Rahmenbedingungen für die verschiedenen Organisationen im zivilgesellschaftlichen Kontext. In Bezug auf die Definition des freiwilligen Engagements im Freiwilligengesetz wurde eine Schärfung bei Unentgeltlichkeit angeregt. Aufwandsentschädigungen, die in der Praxis in manchen Bereichen üblich sind, sollten klarer geregelt sein, etwa in Form von Höchstsätzen, wie sie derzeit etwa in den Vereinsrichtlinien für Sozialdienste vorgesehen sind. Außerdem sollte dafür gesorgt werden, dass alle Menschen, die sich in Organisationen engagieren unfall- und haftpflichtversichert sind. Manche, aber nicht alle Bundesländer bieten diesbezüglich einen landesweiten Versicherungsschutz für Freiwillige an, damit Freiwillige im Schadensfall nicht privat dafür aufkommen müssen.

Kontakt
Mag.rer.soc.oec. Eva More-Hollerweger

Eva More-Hollerweger

Senior-Researcherin, Obfrau des NPO-Instituts (Verein)
Aufgaben: NPOs, Zivilgesellschaft, Freiwilligenarbeit, Evaluationen und strategisches Management.