Zwei Studierende stehen vor dem D4 und reden miteinander

Nachhaltigkeitsberichterstattung in Ö: Transparenz steigend, Zuverlässigkeit noch immer mangelhaft

12. November 2018

Seit 2017 ist die Veröffentlichung einer nichtfinanziellen Erklärung für knapp 120 große Unternehmen in Österreich Pflicht. Das Institut für Unternehmensrechnung und Revisi-on der WU und PwC Österreich nahmen gemeinsam den aktuellen Status Quo der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Österreich unter die Lupe. Die Ergebnisse dieser Studie bringen nach wie vor große Unterschiede in der nichtfinanziellen Berichterstattung zum Vorschein. Noch immer mangelt es an inhaltlicher Prüfung der Informationen. Thematisch stehen in den Berichten besonders Umwelt- und Arbeitnehmerbelange im Fokus, Menschenrechte und Korruption sind weniger Thema.

Seit dem Geschäftsjahr 2017 ist die „Nichtfinanzielle Berichterstattung“ EU-weit für große Unternehmen von öffentlichem Interesse verpflichtend. Das durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverpflichtungsgesetz verpflichtende Reporting bezieht sich dabei mindestens, aber nicht ausschließlich, auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte sowie auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung. In der Studie „Das erste Jahr NaDiVeG. Ergebnisse, Erfahrungen, Empfehlungen“ des Instituts für Unternehmensrechnung und Revision der WU mit PwC Österreich, die sich an der vorangegangen Studie „Nichtfinanzielle Berichterstattung, Fokus: NaDiVeG“ orientiert, wurden 40 der berichtspflichtigen Unternehmen analysiert. „Unsere Studie zeigte deutlich, dass es national noch große Unterschiede in der nichtfinanziellen Berichterstattung gibt. Das zeigt sich bereits beim Umfang: Dieser reicht von 9 bis 166 Seiten. Zwar zeigt die starke Zunahme bei der strategischen Auseinandersetzung mit nichtfinanziellen Themen sowie bei der Berichterstattung zu Leistungsindikatoren, dass die Transparenz zugenommen hat. Demgegenüber gab es keinen Anstieg bei der inhaltlichen Prüfung von nichtfinanziellen Informationen und damit auch nicht bei deren Zuverlässigkeit für externe Stakeholder“, erklären die Studienleiterinnen Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder, Assistenzprofessorin am WU-Institut für Unternehmensrechnung und Revision und Julia Fessler, Managerin bei PwC. Der Anteil der Unternehmen, die sich strategisch mit nichtfinanziellen Themen auseinandersetzen, hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt.

Jedes vierte Unternehmen nutzt externe Prüfung

Rund 40 Prozent der Unternehmen veröffentlichen ihre nichtfinanzielle Berichterstattung im freien Teil des Geschäftsberichts sowie als Nachhaltigkeitsbericht - ein Fünftel veröffentlicht diese im Lagebericht. Die externe Prüfung ist noch für wenige Unternehmen selbstverständlich: Nach wie vor lässt nur jedes vierte Unternehmen die nichtfinanzielle Berichterstattung extern prüfen – in Deutschland greifen bereits 67 Prozent auf externe PrüferInnen zurück. Als wichtige Leitlinie wird für viele die Global Reporting Initiative (GRI) gesehen. „Zwei Drittel geben an, sich bei ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung an den Vorgaben der Global Reporting Initiative zu orientieren, knapp die Hälfte davon „in Übereinstimmung“ mit den Anforderungen der GRI-Standards der Option „Core““, so Mittelbach-Hörmanseder.

Umwelt- und Arbeitnehmerbelange im Vordergrund, Menschenrechte und Korruption kaum Thema

Über 85 Prozent der österreichischen Unternehmen berichten über Konzepte zu allen im Gesetz verlangten Belangen, gleich 90 Prozent der untersuchten Berichte beinhalten auch die Auswirkungen ihres Geschäftsmodells auf Umwelt und Soziales. Zu Umwelt- und Arbeitnehmerbelangen finden sich auch die detailliertesten Konzepte. Die häufigsten Indikatoren werden zum Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen und Arbeitsunfällen berichtet, während nur 1/3 der Unternehmen gleichermaßen zu allen Belangen Indikatoren veröffentlicht. Wie auch im vergangenen Jahr werden in den Bereichen Menschenrechte (43 Prozent) und Korruption (58 Prozent) nach wie vor am seltensten Leistungsindikatoren dargestellt, vor allem bei Unternehmen, die nicht am ATX Prime notieren. „Auch die Berichterstattung zu Risiken und Due-Diligence-Prozessen stellt nach wie vor eine Herausforderung für Unternehmen dar“, ergänzt die Studienautorin Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder.

Umfassenderes Bild für bessere Entscheidungen

„Wie die Studie zeigt, stellen die Anforderungen des NaDiVeG viele heimische Unternehmen vor neue Herausforderungen. Eine zielgruppenspezifische Darstellung der Informationen und die Veröffentlichung von Indikatoren im Jahresvergleich sorgen für eine höhere Transparenz. Das NaDiVeG verlangt auch eine Bezugnahme auf den Jahresabschluss und unterstreicht damit die Notwendigkeit, wesentliche finanzielle und nicht finanzielle Unternehmensaspekte nicht getrennt voneinander zu betrachten, was von den meisten Unternehmen noch nicht umgesetzt wird“, so Julia Fessler, Nachhaltigkeitsexpertin bei PwC Österreich, „Eine Darstellung des Unternehmens und seiner Performance aus unterschiedlichen Blickwinkeln ermöglicht Management und Stakeholdern langfristig bessere Entscheidungen zu treffen“.

Über die Studie

Die Studie wurde von der WU gemeinsam mit PwC Österreich durchgeführt. Sie analysierte die externe Berichterstattung von 40 NaDiVeG-pflichtigen Unternehmen in Österreich mit Stand 31.08.2018. Zu den analysierten Unternehmen zählen alle Unternehmen des ATX Prime, welche die Größenkriterien des NaDiVeG erfüllen und deren Geschäftsjahr vor dem 30.04.2018 endet (33 Unternehmen) und sieben Unternehmen, die keine ATX Prime-Unternehmen sind, Wertpapiere am geregelten Markt begeben, die Größenkriterien des NaDiVeG erfüllen und deren Geschäftsjahr vor dem 30.04.2018 endet. Im Rahmen der Studie wurden Nachhaltigkeitsberichte und Geschäftsberichte bzw. Integrierte Berichte untersucht.

Zur Studie

Pressekontakt:
Mag. Anna Maria Schwendinger
PR-Referentin,
WU Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: anna.schwendinger@wu.ac.at

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