SROI-Analyse für "Miteinander leben"
Das NPO-Kompetenzzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) erhielt von der Miteinander leben - Organisation für Betreutes Wohnen GmbH den Auftrag, die Organisation mittels einer SROI-Analyse zu evaluieren. Hierbei wurde nur der Bereich Betreutes Wohnen berücksichtigt. Andere Wohnformen, die durch die Miteinander leben GmbH ebenfalls angeboten werden, fanden keinen Eingang in die Analyse. Der Beobachtungzeitraum bezieht sich auf die Aktivitäten und Leistungen des Jahres 2012.
Foto: Elke Merl (Miteinander leben GmbH), Dr. Christian Schober (NPO-Kompetenzzentrum), Michael Chalupka (Diakonie Österreich); Quelle
Die Evaluation erfolgt mittels einer Social Return on Investment (SROI)-Analyse, deren Ziel es ist, den durch die Miteinander leben GmbH geschaffenen gesellschaftlichen Mehrwert möglichst umfassend zu erfassen und zu bewerten. Die Methode will neben den finanziellen, explizit auch die sozialen Wirkungen des Projekts messen. Die vorliegende Analyse basiert auf dem Modell der new economic foundation (nef), was grundsätzlich bedeutet, dass zu Beginn die wichtigsten Stakeholder identifiziert werden müssen. Danach wird der investierte Input, dem erzielten Output sowie dem Outcome (Wirkungen) je Stakeholder in einer Impact Value Chain gegenübergestellt. Im Anschluss gilt es die identifizierten Wirkungen in geeignete Indikatoren zu übersetzen und diese mit Daten zu belegen, um schlussendlich den SROI-Wert berechnen zu können.
Die Forschungsfrage 1 lautet: „Welche Wirkungen bzw. welchen Nutzen entfaltet der Bereich Betreutes Wohnen der Miteinander leben GmbH bei den relevanten Stakeholdergruppen?“
Die Forschungsfrage 2 lautet: „Lassen sich die im Rahmen des Bereichs Betreutes Wohnen der Miteinander leben GmbH erzielten Wirkungen sinnvoll und valide messen und monetarisieren?“
Die Forschungsfrage 3 lautet: „Welcher monetarisierte Gesamtnutzen ergibt sich aus einem in den Bereich Betreutes Wohnen der Miteinander leben GmbH investierten Euro?“
Als Alternativszenario wird angenommen, dass der Bereich Betreutes Wohnen der Miteinander leben GmbH ceteris paribus nicht existiert. Die BewohnerInnen müssten entsprechend, soweit Kapazitäten vorhanden sind, in anderen Betreuungssettings untergebracht werden (alleine, bei Angehörigen, privater Zukauf von Betreuung, anderes Betreutes Wohnen oder Pflegeheim).
Die Studie zeigt welch vielfältige Aufgaben und Tätigkeiten die Miteinander leben GmbH in der Steiermark erfüllt. Sie identifiziert darüber hinaus vor allem Wirkungen für unterschiedliche Gruppen, die mit der Miteinander leben GmbH in Kontakt stehen, sogenannten Stakeholdern. Als Stakeholder wurden folgende Gruppen identifiziert: BewohnerInnen, MitarbeiterInnen, Angehörige, BauträgerInnen, Gemeinden, Mobile Dienste, AMS, Bund, Land Steiermark, Sozialversicherungsträger & Mitarbeitervorsorgekassen, Allgemeine Bevölkerung, EigentümerInnen, LieferantInnen, Krankenhäuser, Pflegeheime, VermieterInnen und andere Betreutes Wohnen Einrichtungen.
Im Verlauf der Studie zeigte sich relativ rasch, dass aufgrund der guten Datenlage bei der Miteinander leben GmbH sowie einer zufriedenstellenden Datenlage im Sekundärmaterialbereich vielfach eine sinnvolle Monetisierung der Wirkungen möglich ist.
Insgesamt ergeben sich auf Basis der hier durchgeführten Erhebungen und Berechnungen für das Jahr 2012 monetarisierte Wirkungen in der Höhe von rund 3,6 Mio. Euro. Demgegenüber stehen Investitionen von rund 1,6 Mio. Euro.
Der größte Profit entsteht für die BewohnerInnen (91%). Unter dem Stakeholder BewohnerInnen werden alle BewohnerInnen der Häuser der Miteinander leben GmbH im Bereich Betreutes Wohnen im Jahr 2012 verstanden. Der Profit der BewohnerInnen liegt bei insgesamt € 3.315.058,-. Die bedeutendste Wirkung, die den BewohnerInnen durch die Miteinander leben GmbH entsteht, ist die verbesserte Wohnsituation im Vergleich zur ursprünglichen Wohnsituation. Diese Wirkung macht einen Profit von € 1.388.993 aus.
Der zweitgrößte Profit entsteht für das Land Steiermark (8%). Im Vergleich zu den BewohnerInnen ist der Profit beim Stakeholder des zweitgrößten Profits deutlich geringer. Das Land Steiermark profitiert durch den Bereich Betreutes Wohnen der Miteinander leben GmbH vor allem durch Einsparungen. Würde es die Miteinander leben GmbH nicht geben, müssten BewohnerInnen Pflege und Betreuung durch Mobile Dienste zukaufen. Ein anderer Teil der BewohnerInnen würde im Pflegeheim unterkommen. Bei diesen Alternativen kämen auf das Land Steiermark Kosten, in Form von Landesbeiträgen für Mobile Dienste sowie von Sozialhilfeausgaben für BewohnerInnen im Pflegeheim, zu. Insgesamt ergibt sich ein Profit von € 278.229 beim Land Steiermark.
Der größte Verlust entsteht für den Bund mit € -719.332. Dies ist auf höhere Auszahlungen beim Pflegegeld zurückzuführen, die erhöhte Einnahmen aufgrund der Beschäftigungswirkung bei weitem kompensieren. Forschungsfrage 2 kann somit positiv beantwortet werden: Die Wirkungen lassen sich weitgehend sinnvoll und valide berechnen und monetarisieren.
Durch die Gegenüberstellung der gesamten Investitionen aus dem Jahr 2012 zu der Summe der Profite, ergibt sich ein SROI-Wert von 2,26. Dies bedeutet, dass jeder investierte Euro Wirkungen im monetarisierten Gegenwert von 2,26 Euro schafft. Damit ist auch Forschungsfrage 3 beantwortet.
Um die Wichtigkeit der größten Wirkung der Miteinander leben GmbH zu verdeutlichen, wurde im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse ein Szenario berechnet, das die Auswirkungen von 50% weniger Nachfrage an barrierefreien Wohnungen durch die BewohnerInnen darstellt. Dadurch fällt der Profit für die Verbesserung der Wohnsituation auf 694.497 Euro und beeinflusst relativ stark den SROI-Wert. Dieser fällt von 2,26 auf 1,83.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die Miteinander leben GmbH sehr wirkungsvoll ist. Vor allem die BewohnerInnen im Betreuten Wohnen kommen in den Genuss von vielfältigen positiven Wirkungen durch die Existenz der Miteinander leben GmbH. Die monetarisierten Wirkungen der Organisation, bezogen auf das Jahr 2012, waren insgesamt rund 2,3 Mal so hoch wie die getätigten finanziellen Investitionen.
Nachstehende Tabelle stellt eine Gesamtbetrachtung der Investitionen und Profite der Miteinander leben GmbH in der Steiermark in 2012 dar:
Investitionen und Profite der Miteinander leben GmbH – Gesamtbetrachtung
Medienberichte:
ORF Steiermark: „ Studie: Betreutes Wohnen zahlt sich aus“
Kleine Zeitung: „Diakonie fordert mehr Mittel für betreutes Wohnen“, Ausgabe vom 8.10.2013
Kleine Zeitung Online: „Diakonie fordert mehr Mittel für betreutes Wohnen“
Für nähere Informationen stehen Ihnen die AutorInnen der Studie zur Verfügung:
Dr. Christian Schober
Tel: + 43 1 313 36 / 5888
Mobile: +43 699 19250584
christian.schober@wu.ac.at
Mag. Ina Pervan-Al Soqauer
Tel: + 43 1 313 36 / 5870
ina.pervan@wu.ac.at