Hintere Außenansicht des D2 Gebäudes

Studie "Giving in Austria" zum Thema Lebensstile und Spendenverhalten

Das In­sti­tut für Non­pro­fit Ma­nage­ment und das NPO-​Kompetenzzentrum der WU Wien be­schäf­ti­gen sich unter An­de­rem auch mit dem Thema Spen­den. In die­sem Rah­men wurde im Jahr 2010 von Mi­chae­la Neu­mayr unter Mit­ar­beit von Chris­ti­an Scho­ber ein For­schungs­pro­jekt zum Thema Le­bens­sti­le und Spen­den de­signt und um För­de­rung beim Ju­bi­lä­ums­fonds der Ös­ter­rei­chi­schen Na­tio­nal­bank ein­ge­reicht.

Es han­delt sich hier um ein wis­sen­schaft­li­ches Grund­la­gen­for­schungs­pro­jekt, des­sen Ziel ist, einen Über­blick über das Spen­de­ver­hal­ten der Be­völ­ke­rung in Ös­ter­reich zu geben und über den Ver­gleich mit den Er­geb­nis­sen der Stu­di­en der ver­gan­ge­nen Jahre Aus­sa­gen über die Ent­wick­lung des Spen­den­we­sens zu tref­fen. Von be­son­de­rem In­ter­es­se sind dabei die Spen­den­be­tei­li­gung der Be­völ­ke­rung sowie die Höhe der ge­spen­de­ten Be­trä­ge – und je­weils deren Zu­sam­men­hang mit so­zio­de­mo­gra­fi­schen Merk­ma­len.

Einen Schwer­punkt in der dies­jäh­ri­gen Stu­die bil­det die Un­ter­su­chung der Fak­to­ren, die für die Ent­schei­dung für einen be­stimm­ten Spen­den­zweck aus­schlag­ge­bend sind. Einen wei­te­ren Schwer­punkt stellt die Er­wei­te­rung der Er­klä­rung des Spen­de­ver­hal­tens um Le­bens­sti­le dar. Zu­sätz­lich wer­den erst­mals de­tail­lier­te Er­geb­nis­se zur Nut­zung der im Jahr 2009 aus­ge­wei­te­ten steu­er­li­chen Ab­setz­bar­keit von Spen­den dar­ge­stellt.

Die wichtigsten Ergebnisse

Im Jahr 2011 haben 65,4% der ös­ter­rei­chi­schen Be­völ­ke­rung Geld ge­spen­det. Je Spen­de­rIn wur­den im Durch­schnitt 91,40 Euro pro Jahr ge­spen­det, was einem Be­trag von 57 Euro je er­wach­se­ner Per­son ab 15 Jah­ren ent­spricht. Das ins­ge­samt in Ös­ter­reich 2011 von Pri­vat­per­so­nen ge­spen­de­te Vo­lu­men be­trägt somit etwa 410 Mil­lio­nen Euro.

Im Ver­gleich mit den Er­geb­nis­sen der Stu­di­en aus 1996, 2000, 2004 und 2008, zeigt sich für die Spen­den­be­tei­li­gung eine ge­ring­fü­gi­ge Ab­nah­me (sie lag 2004 bei 73%, 2008 bei 66%). Hin­sicht­lich der durch­schnitt­li­chen Spen­den­hö­he kann im Zeit­ver­lauf aber von einem Zu­wachs ge­spro­chen wer­den (sie lag 2004 bei 60 Euro, 2008 bei 65 Euro), wobei aber die Me­di­an­spen­de mit 30 Euro seit 2008 gleich ge­blie­ben ist. Das be­deu­tet, dass nicht alle Spen­den­den hö­he­re Be­trä­ge ge­spen­det haben, son­dern nur ein klei­ne­rer Teil davon; die­ser spen­de­te aber we­sent­lich mehr als in den Jah­ren zuvor. Da­durch ist auch das ins­ge­samt ge­spen­de­te Vo­lu­men von 296 Mil­lio­nen Euro im Jahr 2008 auf knapp 410 Mil­lio­nen Euro an­ge­stie­gen.

Als Fak­to­ren, die einen Ein­fluss auf die Spen­den­be­tei­li­gung haben, kön­nen ins­be­son­de­re die Zu­ge­hö­rig­keit zu einer Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft und der re­gel­mä­ßi­ge Got­tes­dienst­be­such iden­ti­fi­ziert wer­den. Des Wei­te­ren zei­gen die Aus­wer­tun­gen, dass äl­te­re Per­so­nen sowie jene mit hö­he­rer Bil­dung eher spen­den als jün­ger und we­ni­ger ge­bil­de­te Per­so­nen. Die Höhe des ge­spen­de­ten Be­tra­ges wird eben­falls stark vom Alter und von der höchst ab­ge­schlos­se­nen Aus­bil­dung be­ein­flusst: Mit jedem zu­sätz­li­chen Le­bens­jahr er­höht sich die jähr­li­che Spen­de um 1,7 Euro. Im Ver­gleich zu Per­so­nen mit Pflicht­schul­ab­schluss spen­den jene mit Ma­tu­ra um etwa 97 Euro, jene mit Uni­ver­si­täts­ab­schluss um etwa 130 Euro mehr pro Jahr. Bei hö­he­rem Ein­kom­men wer­den wie bei re­gel­mä­ßi­gem Got­tes­dienst­be­such eben­falls hö­he­re Be­trä­ge ge­spen­det.

Hin­sicht­lich der Art und Weise wie die Ös­ter­rei­che­rIn­nen spen­den zeigt sich, dass mo­der­ne­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mög­lich­kei­ten wie SMS und In­ter­net nach wie vor nur in ge­rin­gem Um­fang für Spen­den ge­nutzt wer­den. Samm­lun­gen in Got­tes­diens­ten, an der Haus- bzw. Woh­nungs­tü­re und Zahl­schei­ne sind immer noch mit Ab­stand die be­lieb­tes­ten Spen­den­ar­ten.

Spendenzweck

Der Spen­den­zweck, für den der größ­te An­teil der Be­völ­ke­rung spen­det, sind Kir­chen und Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten. Die zweit-​ und dritt­be­lieb­tes­ten Spen­den­zwe­cke stel­len die Ka­ta­stro­phen­hil­fe im In­land und die Ka­ta­stro­phen­hil­fe im Aus­land dar. Frau­en spen­den eher als Män­ner für die Be­rei­che Um­welt und Tiere, jün­ge­re Men­schen eben­falls eher für Um­welt, äl­te­re da­ge­gen eher für Ka­ta­stro­phen­hil­fe im Aus­land. Neben so­zio­de­mo­gra­fi­schen Merk­ma­len und Wert­hal­tun­gen stel­len Le­bens­sti­le einen wei­te­ren Fak­tor dar, der das Spen­de­ver­hal­ten der Be­völ­ke­rung mit­be­stimmt. Als Le­bens­stil kön­nen die Ver­hal­tens­wei­sen einer Per­son sowie deren Ein­stel­lun­gen zu­sam­men­ge­fasst wer­den. Es zeigt sich, dass die Spen­den­be­tei­li­gung mit stei­gen­der kul­tu­rel­ler und fi­nan­zi­el­ler Aus­stat­tung steigt, mit zu­neh­men­der Mo­der­ni­tät aber sinkt.

An­teil der Spen­de­rIn­nen nach Le­bens­s­til­grup­pe:

Die Spen­den­hö­he steigt eben­falls mit zu­neh­men­der Aus­stat­tung. In Bezug auf die Spen­den­zwe­cke wird fest­ge­stellt, dass mit zu­neh­men­der Mo­der­ni­tät der Got­tes­dienst als Spen­den­zweck an Be­deu­tung ver­liert und mit zu­neh­men­der Aus­stat­tung eher für Be­rei­che wie Ge­sund­heit und Um­welt ge­spen­det wird. Die Aus­wer­tun­gen zum Be­kannt­heits­grad und zur Spen­de­be­reit­schaft für 29 aus­ge­wähl­te Or­ga­ni­sa­tio­nen, die den Be­frag­ten vor­ge­legt wur­den, er­ga­ben ge­ne­rell, dass, je be­kann­ter eine Spenden-​NPO ist, desto eher sind die meis­ten Men­schen auch be­reit für sie zu spen­den.

Den­noch war die Spen­de­be­reit­schaft in den ver­gan­ge­nen Jah­ren trotz sta­bi­len oder sogar zu­neh­men­den Be­kannt­heits­grads meist rück­läu­fig. Eine dif­fe­ren­zier­te Be­trach­tung nach Le­bens­s­til­grup­pen zeigt, dass die ins­ge­samt hin­sicht­lich Be­kannt­heits­grad und Spen­de­be­reit­schaft top­ge­reih­ten Spen­den­or­ga­ni­sa­tio­nen auch bei den un­ter­schied­li­chen Le­bens­s­til­grup­pen auf den vor­ders­ten Plät­zen zu fin­den sind.Es gibt al­ler­dings ei­ni­ge in­ter­es­san­te Aus­nah­men, so ist bei­spiels­wei­se Green­peace bei der Spen­de­be­reit­schaft nur bei den He­do­nis­tIn­nen unter den Top-​5-Organisationen. Für die Ca­ri­tas wie­der­um zei­gen sich bei­spiels­wei­se Kon­ser­va­tiv und Li­be­ral Ge­ho­be­nen ver­gleichs­wei­se stär­ker spen­den­be­reit. Ins­ge­samt sind die spen­den­sam­meln­den NPOs hin­sicht­lich ver­schie­de­ner Le­bens­stil­ty­pen al­ler­dings nicht allzu stark un­ter­schied­lich po­si­tio­niert.

Die steu­er­li­che Ab­setz­bar­keit von Spen­den wurde im Jahr 2009 von rund 10% der Be­völ­ke­rung ge­nutzt. Dabei wur­den vor allem Spen­den für mild­tä­ti­ge Zwe­cke gel­tend ge­macht, also für jene Zwe­cke, für die erst seit 2009 ab­ge­setzt wer­den darf; nur ein Zehn­tel der Nut­zen­den setz­te Spen­den für For­schung und Er­wach­se­nen­bil­dung ab. Der im Durch­schnitt ab­ge­setz­te Be­trag be­läuft sich auf 180 Euro, wobei sich zeigt, dass die für mild­tä­ti­ge Zwe­cke ab­ge­setz­ten Be­trä­ge deut­lich ge­rin­ger sind als jene, die für For­schung und Er­wach­se­nen­bil­dung ab­ge­setzt wur­den. Be­trach­tet man das ins­ge­samt ab­ge­setz­te Spen­den­vo­lu­men, zeich­net sich ein um­ge­kehr­tes Bild ab: Von den im Jahr 2009 rund 69 Mil­lio­nen Euro an ab­ge­setz­ten Spen­den wur­den etwa 62 Mil­lio­nen Euro für mild­tä­ti­ge Zwe­cke, aber bloß 7 Mil­lio­nen Euro für For­schung und Er­wach­se­nen­bil­dung ab­ge­setzt. Der sich dar­aus er­ge­ben­de Steu­er­aus­fall kann mit 16 bis 27 Mil­lio­nen Euro be­zif­fert wer­den.

Im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich – ins­be­son­de­re mit Deutsch­land und der Schweiz – kann Ös­ter­reich hin­sicht­lich der Spen­den­be­tei­li­gung nach wie vor gut mit­hal­ten. So liegt die ös­ter­rei­chi­sche Spen­den­be­tei­li­gung von 65% auf ähn­li­chem Ni­veau wie jene der Schweiz, aber über jener in Deutsch­land. Be­züg­lich der Spen­den­be­trä­ge pro Spen­de­rIn zeigt sich, dass in Ös­ter­reich mit einer durch­schnitt­li­chen Spen­de von 91 Euro pro Jahr nach wie vor die mit Ab­stand ge­rings­ten Be­trä­ge ge­spen­det wer­den. So ist die durch­schnitt­li­che Spen­de in Deutsch­land mit 179 bis 224 Euro mehr als dop­pelt so hoch, die Durch­schnitts­spen­de der Schweiz in Höhe von 374 Euro ist mehr als vier Mal so hoch.

Bei nä­he­ren In­for­ma­tio­nen ste­hen Ihnen die Au­torIn­nen der Stu­die zur Ver­fü­gung: