Hintere Außenansicht des D2 Gebäudes

Evaluation des Projekts „HPC-MOBIL – Integration von Hospizkultur und Palliative Care in der Hauskrankenpflege“

Hospiz Österreich hat ein vom Fonds Gesundes Österreich gefördertes Interventionsprojekt zur Integration von Hospizkultur und Palliative Care im Rahmen der Hauskrankenpflege initiiert, welches in den vergangenen drei Jahren (Laufzeit: Juni 2015 bis Mai 2018) durchgeführt wurde. Durch den demografischen Wandel ist dieses Thema wichtig und wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Im Rahmen des Projekts „HPC Mobil – Integration von Hospizkultur und Palliative Care in der Haus-krankenpflege“ (kurz: HPC Mobil) wurden umfassende Maßnahmen gesetzt, um Hospizkultur und Palliative Care in den teilnehmenden Trägerorganisationen der Hauskrankenpflege nachhaltig zu verankern mit dem Ziel, die MitarbeiterInnen (HeimhelferInnen und MitarbeiterInnen der Hauskrankenpflege) in ihrer Arbeit mit schwerkranken und sterbenden Menschen zu unterstützen. Das Projekt wurde im Rahmen einer Evaluierungsstudie vom Kompetenzzentrum für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship der Wirtschaftsuniversität Wien begleitet.

Das Evaluierungsdesign umfasste quantitative (schriftliche Fragebögen) und qualitative (leitfadengestützte Interviews und Fokusgruppen) Erhebungstools. Die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen stellt für die MitarbeiterInnen der Hauskrankenpflege immer wieder eine Belastung dar, allen voran die Sorge, in die Wohnung von KlientInnen zu kommen, bei denen das Sterben absehbar ist. Im Rahmen des Projekts wurde deutlich, wie stark tabuisiert das Thema Sterben ist. KlientInnen sowie An- und Zugehörige setzen sich nicht gerne damit auseinander. Auch in den Trägerorganisationen der mobilen Pflege und Betreuung wurde das Thema bislang nur wenig besprochen. Eine wichtige Maßnahme von HPC Mobil war es, die MitarbeiterInnen weiterzubilden und sie im Umgang mit schwerkranken und sterbenden KlientInnen zu stärken und zu unterstützen. Die beteiligten Träger haben sich daher verpflichtet, mindestens 80 Prozent ihrer MitarbeiterInnen aller Organisationsebenen im Rahmen eines dreitätigen Workshops zu schulen, die Hälfte davon (40 Prozent der MitarbeiterInnen) innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit. Dafür wurde im Rahmen von HPC Mobil zunächst ein Curriculum entwickelt und dann von jeder Organisation TrainerInnen ausgebildet. Diese haben im Projektzeitraum 95 Schulungen mit mehr als 1.500 TeilnehmerInnen durchgeführt und damit die vorgegebene 40 Prozent-Marke weit überschritten. Die Schulungsrate lag zu Projektende zwischen 60 und 80 Prozent.

Auch inhaltlich wurden die Workshops äußerst erfolgreich beurteilt. Unter Anwendung der Story-Line-Methode haben die WorkshopteilnehmerInnen ein Fallbeispiel kreiert, anhand dessen wichtige Themen und Abläufe der Pflege und Betreuung schwer kranker und sterbender Menschen bearbeitet wurden. Die Ausbildung der TrainerInnen hat sehr gut funktioniert, wie die Feedbackbögen der TrainerInnen selbst sowie das Feedback der WorkshopteilnehmerInnen aufzeigen, die den TrainerInnen Bestnoten ausstellten. Jeweils 99 Prozent der TeilnehmerInnen beurteilten die TrainerInnen als gut ausgebildet sowie gut vorbereitet und motiviert. In den Fokusgruppengesprächen und Projekttreffen war die Begeisterung für die angewandte Methode und die Ergebnisse der Workshops ebenfalls spürbar.

Atmosphärisch wahrnehmbar war auch eine Erleichterung darüber, für die Themen Sterben und Tod eine gemeinsame Sprache zu finden. Bestätigt wurde dies durch die Ergebnisse der Befragung der MitarbeiterInnen, die zu zwei Zeitpunkten durchgeführt wurde, um Veränderungen aufzeigen zu können. So sind etwa der Tod und das Sterben von KlientInnen verstärkt ein Thema, die MitarbeiterInnen können besser einschätzen, wann bei KlientInnen das Sterben absehbar ist und die Dokumentation hat sich dahingehend verbessert, die Wünsche und Bedürfnisse der KlientInnen zu kennen. Außerdem haben MitarbeiterInnen eher die Möglichkeit, sich von Verstorben und deren Angehörigen (z.B. durch einen Begräbnisbesuch) zu verabschieden. Bei manchen Zielen konnte noch keine signifikante Verbesserung erzielt werden, beispielsweise bei der Durchführung von Runden Tischen mit allen am Pflege- und Betreuungsprozess Beteiligten. Hier fehlt allerdings auch die Honorierung, dies liegt demnach außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs des Projektes. Verschlechtert hat sich die Beurteilung der Zusammenarbeit mit den HausärztInnen in der zweiten Erhebung, was als zunehmendes Bewusstsein darüber interpretiert werden kann, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den HausärztInnen eingeschätzt und wie sehr sie von den MitarbeiterInnen gewünscht wird. Sinnvoll wäre eine erneute Evaluierung zu einem späteren Zeitpunkt, da manche Maßnahmen durch HPC Mobil initiiert wurden, zu Projektende jedoch noch nicht vollständig umgesetzt waren.

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen, die in der mobilen Pflege und Betreuung gegeben sind, konnte HPC Mobil in dem dreijährigen Projektzeitraum immens viel bewegen, wie die Ergebnisse aller eingesetzten Erhebungsinstrumente der Evaluierung widerspiegeln. Das Projekt setzte an vielen verschiedenen Stellen an, um Veränderungen zu bewirken. Wichtig war dabei die Unterstützung der obersten Führungsebene, die im Rahmen der Steuergruppe regelmäßig eingebunden war. Der Vertrag und die Verschriftlichung der Ziele, Leistungen und Indikatoren waren wirksame Instrumente, um ein gemeinsames Verständnis und Commitment zu erzeugen. Die Entwicklungsgruppe, bestehend aus den Projektleiterduos der Trägerorganisationen sowie der HPC Mobil Projektleitung, Projektkoordination und dem Organisationsentwicklungsberater spielten eine tragende Rolle in der Entwicklung der verschiedenen Maßnahmen und darin, diese in die Organisationen zu tragen.

Unterstützt wurden sie dabei von den Palliativbeauftragten und –gruppen, die im Zuge des Projekts neu eingeführt wurde. Gemeinsam wurde erarbeitet, wie Hospiz und Palliative Care den über 2.000 MitarbeiterInnen der vier Trägerorganisationen nähergebracht und in den Arbeitsalltag integriert werden können, sodass die MitarbeiterInnen in ihrer Arbeit mit schwerkranken KlientInnen unterstützt werden und die Wünsche der KlientInnen für ihre letzte Lebensphase besser erfüllt werden können. Als besonders hilfreich wurde von den Beteiligten der trägerübergreifende Austausch gesehen, der in Wien im Bereich der mobilen Pflege und Betreuung in dieser Form ein Novum darstellte. HPC Mobil eröffnete außerdem Räume für einen Austausch zwischen den Berufsgruppen, der in der mobilen Pflege nicht häufig gegeben ist, was ebenfalls positiv erwähnt wurde. Ein Punkt, der im Nachhinein betrachtet, noch stärker forciert werden hätte können bzw. sollen, war die Einbindung der operativen Führungskräfte. Das ist jene Gruppe, die die Leistungen, Ziele und Indikatoren ganz wesentlich mittragen sowie für deren Umsetzung sorgen muss. Gleichzeitig hat sie nicht direkt an der Entwicklung mitgearbeitet.

Im Rahmen des Projekts wurden Handlungsbereiche deutlich, die nur schwer beeinflussbar sind. Das betrifft insbesondere die Kooperation mit den HausärztInnen. Hier wurde seitens HPC Mobil auf Information gesetzt, um jene ÄrztInnen zu erreichen, die ein besonderes Interesse an dem Thema haben. Die erfolgten Maßnahmen sind auf positive Resonanz gestoßen. Um nachhaltigen Erfolg erzielen zu können, benötigt es jedoch auch entsprechende finanzielle Rahmenbedingungen sowohl für die ÄrztInnen als auch für die Trägerorganisationen der mobilen Pflege und Betreuung. Verbesserungen sind insbesondere bei der Bezahlung von Leistungen der vorausschauenden Planung sowie der Begleitung der An- und Zugehörigen anzustreben, wie im Rahmen eines Policy Papers ausgearbeitet wurde. Die Nachhaltigkeit war vielen im Rahmen der Evaluierung Befragten ein besonderes Anliegen. Neben finanziellen Ressourcen und strukturellen Veränderungen (Betreuungskontinuität, flexible Zeiten, schnellere Bewilligungen…) durch den Fördergeber, wurden hier vor allem die Fortführung der (Traine-rInnen-) Workshops, die Weiterführung der Palliativbeauftragten und der Palliativgruppe sowie des trägerübergreifenden Austausches auf verschiedenen Ebenen als wichtige Maßnahmen genannt.

Mehr Informationen zum Projekt gibt es hier.

Kontakt:
Mag.rer.soc.oec. Eva More-Hollerweger

Eva More-Hollerweger

Senior-Researcherin, Obfrau des NPO-Instituts (Verein)
Aufgaben: NPOs, Zivilgesellschaft, Freiwilligenarbeit, Evaluationen und strategisches Management.
Mag.rer.soc.oec. Selma Sprajcer

Selma Sprajcer

Senior Researcherin
Aufgaben: Themen im Bereich Menschen mit Behinderung und Barrierefreiheit, Freiwilligenarbeit, Zivilgesellschaft, wissenschaftliche Begleitung von Projekten