NPO-Institut (Verein)

Neues aus der Forschung

Inhalt dieses Kapitels

NPO Kompetenzzentrum | Work 4.0 Care

Wirkungen von Technisierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen auf Pflege- und Betreuungskräfte

In der Altenpflege und -betreuung herrscht akuter Personalmangel. Je nach Szenario wird der Pflegepersonalbedarf (Zusatzbedarf und Ersatzbedarf) laut einer Studie des Sozialministeriums[1] bis 2030 auf rund 73.000 - 76.000 zusätzlich benötigte Personen (inkl. Krankenhäuser) für Österreich geschätzt. Gleichzeitig ist die Arbeitsbelastung in der Pflege sehr groß, so dass sich laut einer Auswertung des Arbeitsklima Index[2] nur 25% der Pflege- und Betreuungskräfte in der Langzeitpflege vorstellen können, ihre Tätigkeit bis zur Pension auszuüben. Eine Reihe von Vorschlägen zur Erhöhung der Anzahl an Mitarbeiter:innen in der Pflege wurden bereits gemacht, unter anderem wird im Bericht zur Pflegebedarfsprognose des Sozialministeriums auch die "vertiefte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Digitalisierung zur Unterstützung des Pflege- und Betreuungspersonals" erwähnt. Hier setzt der vorliegende Studienvorschlag an.

Im Rahmen des Projekts "Work 4.0 Care" werden die Auswirkungen ausgewählter technischer und digitaler Hilfsmittel auf Pflege- und Betreuungskräfte in unterschiedlichen Settings der Langzeitpflege (stationär/teilstationär/mobil) mittels qualitativer Interviews und Fokusgruppen erhoben. Es werden Fallbeispiele von Organisationen untersucht, die im Bereich der Technisierung und Digitalisierung eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Einsatzbereiche technischer und digitaler Hilfsmittel sind vielfältig: In der direkten körperbezogenen Pflege unterstützen digitale und technische Hilfsmittel beispielsweise bei der Wundversorgung, der Mobilisation und der Medikamentengabe. In der Betreuung können sie bei der Kommunikation mit den Klient:innen sowie bei der Alltagsgestaltung unterstützen. In vielen Organisationen werden digitale Hilfsmittel auch in der Pflegedokumentation, aber auch im Bereich des Monitorings eingesetzt. Neben der direkten Pflege und Betreuung ist die Digitalisierung auch im Bereich der Unternehmensführung und Verwaltung nicht mehr wegzudenken.

Durch den verstärkten Einsatz technischer und digitaler Hilfsmittel verändern sich die Arbeitsbedingungen und die Qualität der Leistungserbringung in der Pflege und Betreuung (Bovenschulte et al., 2021). Diese Veränderungen können von den Pflege- und Betreuungskräften einerseits als Entlastung wahrgenommen werden, andererseits können aber auch neue Belastungen entstehen. Die Auswirkungen werden auf einer webbasierten Plattform systematisch dargestellt und damit öffentlich zugänglich gemacht. Die Plattform bietet auch die Möglichkeit, dass Pflege- und Betreuungskräfte ihre eigenen Erfahrungen rückmelden. Das Sichtbarmachen der Auswirkungen technischer und digitaler Hilfsmittel auf die Arbeitnehmer:innen ist eine wichtige Voraussetzung für die zukünftige Gestaltung von Pflege- und Betreuungsberufen.

[1] BMSGPK. (2019). Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege, & Konsumentenschutz. https://www.sozialministerium.at/Themen/Pflege/Pflegepersonal.html

[2] BMSGPK. (2021). Arbeitsbedingungen in Pflegberufen. Sonderauswertung des Österreichen Arbeitsklima Index. Bundesministerium, Soziales, Gesundheit, Pflege, & Komsumentenschutz. https://www.sozialministerium.at/Themen/Pflege/Pflegepersonal.html

Social Entrepreneurship Center | Austrian Startup Monitor 2022

Der Austrian Startup Monitor 2022 ist wieder erschienen - heuer mit einem Fokus auf Migrant Entrepreneurship und vielen spannenden Findings:

  • 25% der innovativsten Startups Österreichs werden von Menschen mit Migrationshintergrund gegründet

  • 14% der Entrepreneure mit Migationshintergrund, fast dreimal so viele wie Gründer:innen ohne, planen einen Exit an der Börse

  • Ungestoppt bleibt der Trend zu Wirkungsorientierung: inzwischen gründen 49,5% mit einer ökologischen oder sozialen Zielsetzung.

Den gesamten Report mit weiteren relevanten Einsichten in die Welt der österreichischen Startups gibt es hier zum Download.

Institut für Nonprofit Management | A Test for the Welfare-Partnership: Austria’s Nonprofit Human Service Organizations in Times of Covid-19

The pandemic has impeded Austrian NPHSOs on multiple levels: service delivery, income streams, costs, and human resources. To analyze the consequences, we tackle two questions: 

How has the neo-corporatist welfare-partnership between the government and NPHSOs passed this stress-test? What are the potential effects on the overall composition of the sector? Theoretically, we draw on social origins theory to explain the welfare-partnership in Vienna. Empirically, we analyze online-survey-data and interviews with NPHSO-executives from 2021. The results indicate that Vienna’s welfare-partnership has passed this stress-test successfully, but overall in favor of large NPHSOs, thus forwarding concentration in the sector.

Read the full article here.

Institut für Nonprofit Management | Civic Life of Cities: Neue Erhebungswelle 2023

Mit Beginn des Jahres 2023 haben wir eine neue Erhebungswelle für das internationale Forschungsprojekt Civic Life of Cities (http://civiclifeofcities.org/) gestartet. Die letzte Erhebung hat 2019/20 stattgefunden. Zum Einsatz kommt ein weiterentwickelter Fragebogen, der deutlich kürzer ist, aber neben klassischen Themen wie Organisations- und Finanzierungsstruktur auch neue Themen wie Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt stärker abdeckt. 

Die Einladung zur Teilnahme wurde an rund 1.000 zufällig ausgewählte zivilgesellschaftliche Organisationen in der Stadtregion Wien verschickt.
Mit dieser zweiten Erhebungswelle verfolgen wir zwei Ziele. Erstens wollen wir, wie schon 2019/20, ein repräsentatives Gesamtbild des zivilgesellschaftlichen Sektors in der Region zeichnen und den Puls der aktuellen Entwicklungen erfassen. Zweitens ermöglicht die erstmalige Erhebung von Paneldaten, die Auswirkungen unterschiedlicher Organisationspraktiken und Umfeldbedingungen mit verbesserten statistischen Methoden zu untersuchen und damit belastbarere empirische Evidenz zu theoretischen Fragestellungen zu gewinnen.

Civic life of Cities

NGO Academy | 40 Stunden Zugfahrt, um einen Workshop zu besuchen? 

NGO Academy Mitglied Ștefania Neagoe (Ateliere Fara Frontiere) hat sich dazu entschieden, die insgesamt 2000 Kilometer Strecke von Bucharest nach Wien und zurück mit dem Zug zurückzulegen - und dabei zwar keine Zeit, dafür aber über 400 Kilogramm CO₂ eingespart!

Dazu gibt es einen kurzen Blogbeitrag, in dem man sowohl erfährt, wie Ștefania die Zeit genutzt hat, als auch veranschaulicht wird, welche Auswirkungen die kleine Entscheidung zwischen Luft- und Bodentransport wirklich hat.

Universität Klagenfurt | Interview mit Anna Oppelmayer: Nicht jede Betriebswirtin ist eine gute NPO-Managerin.

„Non-Profit-Organisationen sind mit heterogenen, oft sogar widersprüchlichen Interessen, Bedürfnissen, Erfolgserwartungen und Zielen ihrer verschiedenen Stakeholdern konfrontiert“, so Anna Oppelmayer, die kürzlich ihre Dissertation am Institut für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen hat. NPOs sehen sich einer Vielzahl von Anspruchsgruppen gegenüber – von der Spenderin bis zum Zivildiener, von der Steuerzahlerin bis zu den Ehrenamtlichen. Für den Umgang mit ihnen brauche es eine professionelle Strategie.

Frau Oppelmayer, Sie beschäftigen sich mit Stakeholder-Management in Non-Profit Organisationen. Worin unterscheiden sich NPOs im Umgang mit ihren Anspruchsgruppen von profitorientierten Unternehmen?

Jede Organisation und jedes Unternehmen ist mit den Erwartungen verschiedener Anspruchsgruppen und den von ihnen verfolgten Zielen konfrontiert. Was das Stakeholder- Management in Non-Profit-Organisationen besonders macht, ist, dass es einerseits eine Vielzahl an Anspruchsgruppen gibt, und dass andererseits aufgrund einiger Spezifika von NPOs das aktive Stakeholder-Management einen besonders hohen Stellenwert einnimmt bzw. einnehmen sollte. Non-Profit-Organisationen interagieren mit anderen Stakeholdern, die es bei gewinnorientierten Unternehmen einfach nicht gibt. Ein Beispiel ist die Gruppe der Mitarbeiter:innen, wo auch viele Freiwillige tätig sind. Und auch die Gestaltung der Beziehung zwischen der NPO und ihren Anspruchsgruppen ist besonders. NPOs müssen beispielsweise gegenüber ihren Spender:innen, aber auch gegenüber der breiten Öffentlichkeit Rechenschaft ablegen. Außerdem haben NPOs andere Zielsetzungen, daher müssen Manager:innen auch anders agieren.

Es ist ganz wichtig zu betonen, dass Non-Profit-Organisationen private Organisationen sind, auch wenn sie oftmals öffentliche Aufgaben erfüllen. Damit unterscheiden sie sich einerseits ganz klar von der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Unternehmen, sowie andererseits von gewinnorientierten Unternehmen und bedürfen einer besonderen betriebswirtschaftlichen Betrachtung.

Bleiben wir bei dem Spezifikum der freiwilligen Mitarbeiter:innen. Vor welche Anforderungen stellen diese die Führungskräfte?

Human Resources Management muss bei einer NPO anders aufgestellt werden. Wir haben es mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Motiven zu tun, warum Menschen für eine Organisation oder ein Unternehmen arbeiten. Die Personalstruktur in NPOs ist hierbei eine Besonderheit; oft sind es ehrenamtliche Mitarbeiter:innen, hauptamtlich Angestellte, solche, die ein freiwilliges Soziales Jahr absolvieren und Zivildiener, die gleichermaßen zum Einsatz kommen. Diese müssen unterschiedlich angeworben und an das Unternehmen gebunden, und letztlich geführt, werden. Ein besonderer Fokus in meiner Forschung widmete sich in diesem Kontext der Frage, warum sich junge Menschen, konkret die viel zitierte Generation Z, in einer NPO freiwillig engagieren. Denn letztlich ist ein tiefergehendes Verständnis über die Motive unabdingbar für eine erfolgreiche Rekrutierung und langfristige Bindung von Freiwilligen an die Organisationen.

Welche Anforderungen werden an Führungskräfte gestellt?

In einer Untersuchung von Stelleninseraten für Führungskräfte erster Ebene in NPOs konnte deutlich gezeigt werden: die Professionalisierung in der Führung von NPOs nimmt zu, nicht zuletzt als Antwort auf vielfältige NPO-spezifische Managementprobleme. Die Studie zeigte, dass betriebswirtschaftliche Kompetenzen stark nachgefragt werden, wobei wir gerade bei Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich natürlich auch andere, fachspezifische Ausbildungsanforderungen sehen.  Wenig eingefordert werden hingegen eine spezifische Aus- oder Weiterbildung im Non-Profit-Management oder Erfahrung mit der Führung von Non-Profit-Organisationen. Ich glaube, dass aber gerade das notwendig wäre, weil die Anforderungen in NPOs anders sind und zwar in nahezu allen betrieblichen Funktionen: im Personalmanagement, Controlling, Marketing und Fundraising sowie Finanzmanagement und Accountability.

Warum soll ein:e Betriebswirt:in überhaupt NPO-Manager:in werden? In profitorientierten Unternehmen gibt es ja auch mehr zu verdienen?

In einer NPO ist das Ziel nicht der Gewinn, sondern die Erfüllung ihrer Mission. NPOs dürfen Gewinne erwirtschaften, aber nicht ausschütten. Die Geschäftsführer:in hat also nicht primär etwas vom finanziellen Erfolg der NPO. Der wahre Gewinn der NPO, wenn man diesen Begriff betriebswirtschaftlich nicht ganz sauber verwenden darf, ist die Zielerreichung in ihrem jeweiligen Bereich, sei es eine Tierart besser zu schützen, junge Menschen für einen Sport zu begeistern, die Rechte der Gewerkschaftsmitglieder zu schützen oder Hilfe für Menschen in Not zu leisten. Das ist der wahre Gewinn der NPO. Diese Mission und die Sinnhaftigkeit von Arbeit ziehen heute aber auch viele Nachwuchsführungskräfte an.

Woran lässt sich der Bedarf nach mehr Betriebswirtschaft noch sichtbar machen?

Nehmen wir den Bereich der Accountability, den ich bereits angesprochen habe. NPOs sind nicht nur gegenüber ihren Spender:innen im Wort, sondern sie haben auch eine Reihe von steuerlichen Privilegien und werden dadurch mit Unterstützung der Öffentlichkeit finanziert. Daher gibt es auch eine Rechenschaftspflicht gegenüber der breiten Öffentlichkeit, eine wichtige Anspruchsgruppe, die vielleicht nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist. Wir haben eine Analyse österreichischer NPOs und ihrer Rechenschaftslegungsbemühungen durchgeführt und so genannte Accountability Reporter Types identifiziert.

Was ist ihre Erkenntnis daraus?

Es gibt große Unterschiede im Ausmaß und in der Tiefe der Rechenschaftslegung. Beispielsweise sind Informationen wie die Bilanz oder Informationen zur Spendenverwendung bei vielen, auch bei großen NPOs, nicht öffentlich kommuniziert. Dabei würde die Spender:innen vielleicht auch interessieren, wie viel der Spende tatsächlich dem Spendenzweck zugutekommt und wie viel in den Verwaltungsaufwand fließt. Viele bemühen sich, aber interessanterweise sind es große wie kleine NPOs, die offenbar an der Aufgabe scheitern, Accountability sauber umzusetzen. Der österreichische NPO-Sektor hängt in der aktiven Informationspolitik anderen Ländern hinterher.

Warum ist das so problematisch?

Non-Profit-Organisationen müssen öffentlich vertrauenswürdig sein; ihre Basis ist Public Trust. Wenn auch nur gerüchteweise in Frage gestellt werden kann, ob sauber gearbeitet wird, kann das enorme Auswirkungen auch auf die Finanzierung der NPO haben und letztlich auch auf ihre Zielerreichung. Ich glaube daher, dass es sinnvoll ist, hier in betriebswirtschaftliche Expertise zu investieren; und gleichzeitig viel aktiver die Stakeholder zu informieren und mit ihnen zu interagieren.

Professionalisierung auf der einen Seite und der Dienst an der guten Sache auf der anderen Seite – wie kann man das zusammen abdecken?

Wir schauen uns das Problem auf der institutionellen Ebene an und sehen dabei auch, dass es viel abzuwägen gilt: Professionalisierung kostet, der Verwaltungsaufwand steigt. Wie viel Professionalisierung ist notwendig, und wann geht sie auf Kosten der Missionserfüllung? Interessant ist ja auch, dass NPOs oft Vereine sind, an deren Spitze eine ehrenamtliche Führung, ein:e Präsident:in, ein ehrenamtlicher Vorstand, stehen. Sie treffen oft die letzte Entscheidung. Gleichzeitig gibt es aber auch eine hauptamtliche Geschäftsführung. Wir haben es hier mit interessanten Spannungsfeldern zu tun, auf die wir unsere Studierenden auch im Betriebswirtschaftsstudium mit einem eigenen Wahlfachmodul vorbereiten wollen.

Foto Anna Oppelmayer

Anna Oppelmayer


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