Neues aus der Forschung
Aktuelle Projektberichte und Studienergebnisse in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für Nonprofit-Management und Social Entrepreneurship zusammensgestellt:
Wie können wir feststellen, wie Langzeitpflege die Lebensqualität beeinflusst?
Mit ASCOT (Adult Social Care Outcomes Toolkit) wird die pflegerelevante Lebensqualität erhoben. Das bedeutet, es werden nur jene Lebensbereiche berücksichtigt, die von Betreuungs- und Pflegedienstleistungen auch beeinflusst werden können.
Seit Kurzem stellt die WU die ASCOT-Ergebungsinstrumente in deutscher Sprache allen zur Verfügung, die sie nutzen wollen. Einige Organisationen und Forschungseinrichtungen verwenden ASCOT bereits. Für Nonprofit-Organisationen und öffentliche Einrichtungen ist die Nutzung kostenfrei.
ASCOT kann für das interne Qualitätsmanagement, für Kund*innen-Zufriedenheitsbefragungen, für Evaluierungen und vieles mehr eingesetzt werden.
Die Datenauswertung ist einfach – eingegeben Daten können buchstäblich „auf Knopfdruck“ als Tabellen und Abbildungen ausgegeben werden. Dafür wurden eigene Datentools (im MS Excel-Format) entwickelt.
Was genau ist ASCOT?
Informieren Sie sich einfach so, wie es Ihrem Zeitbudget entspricht:
Für Eilige: ASCOT in 9 Bildern
Für Cineast*innen: ASCOT als Kurz-Video(in 9 Minuten erklärt)
Für alle, die es ganz genau wissen wollen: https://www.wu.ac.at/altersoekonomie/ascot
Sie wollen ASCOT nutzen oder wissen, welche Forschungsergebnisse es zur pflegerelevanten Lebensqualität für Österreich oder andere Länder gibt?
Mehr Informationen erhalten Sie beim ASCOT-Team des Forschungsinstituts für Altersökonomie der WU (Wirtschaftsuniversität) unter ascot-deutsch@wu.ac.at.
Social Return on Investment (SROI)-Analyse des “Social Impact Voucher” (SIV)
Das Förderprogramm „Beschäftigungsgutscheine“ bzw. Interreg CE „Social Impact Voucher“ in Deutschland (Württemberg)
Dem NPO & SE Kompetenzzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) kam im Rahmen des Interreg Central Europe (CE) Projektes „Social Impact Voucher“ (SIV) die Aufgabe zu, die gesellschaftlichen und ökonomischen Wirkungen des Förderprogramms „Beschäftigungsgutscheine… für langzeitarbeitslose Menschen“ sowie des Nachfolgeprogramms „Kirche trotz Armut und Ausgrenzung“ der Evangelischen Landeskirche und des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche in Württemberg zu analysieren. Das Programm startete im Jahr 2013 und wurde insgesamt sieben Jahre lang durchgeführt. Der Beobachtungszeitraum der durchgeführten Analyse wurde allerdings auf das Jahr 2019 begrenzt.
Social Return on Investment (SROI)-Analyse
Die Evaluation erfolgte mittels einer Social Return on Investment (SROI)-Analyse, deren Ziel es war, den durch das Gutscheinprogramm geschaffenen gesellschaftlichen Mehrwert möglichst umfassend zu erfassen und monetär zu bewerten. Die SROI-Analyse misst und bewertet neben den finanziellen, explizit auch die sozialen Wirkungen des Programms. Ein wesentlicher Punkt ist die Identifikation wichtiger Stakeholder. Für jede Stakeholdergruppe wird der investierte Input dem erzielten Output sowie dem Outcome (Wirkungen) in einer Wirkungskette gegenübergestellt. Solcherart entsteht ein komplexes Wirkungsmodell als Basis für die weitere Analyse. In weiterer Folge werden die Wirkungen verifiziert, ergänzt, quantifiziert und letztlich, soweit möglich und sinnvoll, monetarisiert, also in Geldeinheiten bewertet.
Alternativszenario
Jede SROI-Analyse benötigt einen Alternativszenario zur Quantifizierung und Bewertung. Im vorliegenden Fall wurde angenommen, das Gutscheinprogramm würde (ceteris paribus) nicht existieren. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil der Aktivitäten durch anderen Organisationen der Programme im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten, ersetzt worden wären. Dies würde dazu führen, dass die Wirkungen zum Teil auch ohne das Gutscheinprogramm eintreten würden.
Stakeholder
Die Studie zeigt die vielfältigen unterschiedlichen Wirkungen des Gutscheinprogramms und deren Wert für unterschiedliche Gruppen, die mit dem Gutscheinprogramm zu tun haben, sogenannte Stakeholder. Konkret wurden die Wirkungen der arbeitslosen Personen, die am Programm teilgenommen haben sowie deren persönlichen bzw. familiären Umfelds untersucht. Weitere in die Analyse inkludierte Stakeholder waren die Beschäftigungsunternehmen und Kirchengemeinden sowie deren Schlüsselarbeitskräfte, aber auch die Mitarbeitende des Diakonischen Werkes Württemberg und die Landeskirche. Weiters profitierten auch die Sozialversicherungsträger, die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter sowie der Staat bestehend aus den einzelnen Gebietskörperschaften Bund, Bundesländer, Kreise und Gemeinden vom Gutscheinprogramm.
Gesamtrechnung: SROI-Wert
Insgesamt ergaben sich auf Basis der durchgeführten Erhebungen und Berechnungen für das Jahr 2019 monetarisierte Wirkungen in der Höhe von 4.330.307 Euro. Dem gegenüber stehen Investitionen von 937.061 Euro. Durch die Gegenüberstellung der gesamten Investitionen des Jahres 2019 zur Summe der monetarisierten Wirkungen ergab sich ein SROI-Wert von 4,62. Dies bedeutet, dass jeder investierte Euro Wirkungen im monetarisierten Gegenwert von 4,62 Euro schafft. Die Investitionen kommen somit als positive gesamtgesellschaftliche Wirkungen mehr als vierfach wieder zurück. Dies unterstreicht die hohe Wirkung des Gutscheinprogramms.
Wirkungen der Hauptprofiteure und Beitrag zu den Sustainable Development Goals (SDGs)
Die Verteilung der Gesamtwirkungen und Gesamtinvestitionen auf die inkludierten Stakeholder zeigt, dass die Programmteilnehmenden mit Abstand die größten Nutznießenden des Gutscheinprogramms sind. Auf aggregierter Ebene profitieren sie von einer Stabilisierung der Lebenssituation und Verbesserung der Lebensqualität im Allgemeinen sowie von einem Sicherheitsgefühl, das aus einer Vielzahl an sozialen, ökonomischen sowie psychischen und physiologischen Detailwirkungen resultiert. Auch die Integration in den Arbeitsmarkt sowie die soziale Einbindung und gesellschaftliche Teilhabe der Programmteilnehmenden, was die Hauptziele des Gutscheinprogramms darstellten, werden in vielerlei Hinsicht erreicht. Weitere große Profiteure sind die Sozialversicherungsträger und die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter. Diesen beiden Stakeholdern kommen insbesondere ökonomische Wirkungen, etwa durch die Einnahme von zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträgen oder durch die Einsparung von Grundsicherung für beschäftigte Programmteilnehmende, zugute. Diese drei Stakeholder vereinen gemeinsam rund 90% der Gesamtwirkungen auf sich.
Analysiert wurde auch der Beitrag des Gutscheinprogramms zu den Sustainable Development Goals (SDG). Es zeigte sich, dass sich ein Großteil der hervorgebrachten gesellschaftlichen Wirkungen des Programms in den SDGs wiederfindet. Somit erzeugt das Programm zusätzlich zum monetarisierten Mehrwert auch sozial und wirtschaftliche nachhaltigen Mehrwert. Das Programm adressiert 6 der 17 SDGs, wobei insbesondere die Ziele „Weniger Ungleichheit“, „Keine Armut“ und „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ und deren Unterziele verfolgt werden.
Szenarienberechnungen
Im Rahmen von zwei Szenarienberechnungen wurde in einem weiteren Schritt davon ausgegangen, dass einigen wenigen Programmteilnehmenden eine nachhaltige und dauerhafte Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gelingt, was zur Auslösung von mittel- sowie langfristigen Wirkungen für diesen geringen Anteil der Teilnehmenden führt. Unter Berücksichtigung dieser Effekte erhöht sich der SROI-Wert auf 6,02 bei mittelfristiger Hochrechnung der Wirkungen bzw. sogar auf 8,38 bei Einbezug von langfristig hochgerechneten Wirkungen. Somit zeigt sich, dass bei Berücksichtigung von mittelfristigen Wirkungen über fünf Jahre bzw. von langfristigen Wirkungen hochgerechnet auf die durchschnittliche Lebensdauer, der monetarisierte Nutzen sogar mehr als sechs- bis achtmal so hoch wie die Investitionen ist.
Weitere Informationen
Der Studienbericht wir ab November 2021 auf Deutsch und Englisch auf der Website des NPO Kompetenzzentrums zur Verfügung stehen.
Näheres zum Interreg CE „Social Impact Voucher“ (SIV) Projekt können Sie ebenfalls unserer Website sowie der Projektwebsite entnehmen.
Studie zur „Ermittlung der Anzahl von Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderungen in Niederösterreich und deren Unterstützungsbedarf“
Im Juli 2021 wurde die Studie im Rahmen einer Pressekonferenz in St. Pölten vorgestellt. Sie machte erneut deutlich, wie wichtig Daten für eine bedarfsgerechte Planung von Leistungen für Menschen mit Behinderungen sind und dass eine valide Datenbasis in Österreich immer noch fehlt.
Wir haben in dieser Studie neue und innovative Wege bei den Berechnungen beschritten und uns so der Zielgruppe angenähert. Es wurden Erhebungen an Schulen durchgeführt, Sekundärdaten analysiert und demographische Prognosen berechnet. Die ermittelten Zahlen schaffen eine umfassende Grundlage für die Sozialraumplanung und die Weiterentwicklung der Behindertenhilfe in NÖ.
Von den knapp 1,7 Mio. Niederösterreicher:innen haben etwa 128.000 eine Behinderung und beziehen Leistungen der Behindertenhilfe bzw. hätten Anspruch darauf. Circa 18.500 davon sind stark oder mehrfach behindert, dies sind 1,11% der Gesamtbevölkerung.
Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl um 9,5% – also um ca. 20.300 Personen – erhöhen. Dies ist eine wichtige Planungsgrundlage.
In der Studie haben wir auch den Hilfsmittelbereich näher betrachtet. Fortschritte in der Technik und Digitalisierung haben demnach auch die Weiterentwicklung der Hilfsmittel positiv beeinflusst: Neben autonom fahrenden Rollstühlen, computergesteuerten Beinorthesen oder bionischen Prothesen unterstützen Smartphones, Tablets und Laptops den Alltag von Menschen mit Behinderung.
Die Studie können Sie hier downloaden.