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Inhalt dieses Kapitels

NPO Kompetenzzentrum | Bericht über die Studienreise zur Evaluierung der PATRIZIA KinderHaus Projekte in Tansania

Bild Reisebericht Bogorin Tansania

Vision der PATRIZIA Foundation

Die PATRIZIA Foundation wurde 1999 gegründet, um Kindern in aller Welt Bildung und somit ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Seitdem wurden weltweit 19 KinderHaus-Projekte umgesetzt, in denen diese Vision Realität werden soll. Konkret fördert PATRIZIA die lokalen Projekte durch den Aufbau von qualitätsvoller Infrastruktur sowie durch an die umsetzenden, lokalen Partnerorganisationen gerichteten Capacity-Building-Angebote. Somit werden diese Projekte nicht von der Stiftung selbst baulich umgesetzt, sondern in Zusammenarbeit mit den lokalen Partnerorganisationen, die auch den vertraglich auf 25 Jahre fixierten Betrieb sicherstellen.

Kooperation mit dem NPO Kompetenzzentrum

Im Zuge der Weiterentwicklung und Professionalisierung der PATRIZIA Foundation soll nun auch eine Wirkungsmessung der realisierten Projekte etabliert werden. Dementsprechend wurde im Rahmen der Kooperation zwischen der Stiftung und dem NPO Kompetenzzentrum ein allgemein gültiges Wirkungsmodell auf Basis des Stiftungskonzepts erarbeitet sowie ein Monitoring & Evaluation Framework und konkrete Erhebungsinstrumente zum regelmäßigen Wirkungsmonitoring entwickelt. 

Vor dem Ausrollen des regelmäßigen Wirkungsmonitorings bedarf es eine Prüfung des Frameworks und der einzelnen Erhebungstools auf ihre Praxistauglichkeit und Vollständigkeit im Sinne eines „Proof of concept“-Ansatzes. Darüber hinaus wurde eine einmalige, tiefgehende ex-post-Evaluierung von langjährigen Projekten der Stiftung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, als eine sinnvolle Ergänzung zum regelmäßigen, standardisierten Wirkungsmonitoring betrachtet.

Dies war Anlass für die Studienreise, im Zuge deren das NPO Kompetenzzentrum, vertreten durch Flavia Bogorin, vier PATRIZIA KinderHaus-Projekte in Songea und Peramiho, Tansania, besichtigte und vor Ort Interviews mit lokalen Stakeholdern durchführte. Diese Region wurden für die Rückschau gewählt, weil in Peramiho das PATRIZIA Kinderkrankenhaus zu finden ist, das heuer sein 20-jähriges Jubiläum feierte und somit als das älteste und etablierteste Projekt der Stiftung gilt. Dies ermöglichte uns, auch mittel- und langfristige Wirkungen der Projekte rückblickend zu erheben und deren Einfluss auf die Entwicklung der Regionen in den 20 Jahren Projektlaufzeit zu untersuchen. Gleichzeitig wurden gemeinsam mit den lokalen Partnern in Tansania auch Möglichkeiten für die Umsetzung des erarbeiteten Frameworks und der Erhebungstools für das regelmäßige Wirkungsmonitoring reflektiert. Dies wurde ebenfalls im Rahmen der Interviews mit den lokalen Partnern thematisiert. Dafür wurde auch ein weiterer Standort in Ndanda, Tansania, besucht, wo die lokalen Partner mit   Unterstützung der PATRIZIA Foundation ein neues Projekt aktuell aufsetzen. Im Rahmen eines Workshops wurde das geplante Wirkungsmonitoring den lokalen Partnern präsentiert und die geplante Umsetzung diskutiert.  

Ex-post-Evaluierung der vier langjährigen PATRIZIA KinderHaus Projekte in Tansania

Flavia Bogorin wurde von den lokalen Partnerorganisationen der PATRIZIA Foundation, den Missions-Benediktinerinnen von Tutzing und den Missionsbenediktinern St. Ottilien, die schon seit über 100 Jahre in Tansania aktiv sind, in Peramiho empfangen. Zu Beginn der Studienreise hat Flavia Bogorin das Kinderkrankenhaus in Peramiho besucht. Das Krankenhaus betreut, über alle Abteilungen zusammengezählt, jährlich ca. 20 Tausend Patient:innen. Die PATRIZIA Foundation hat als ihr erstes Projekt 1999 ein neues Gebäude hierfür errichtet, das anschließend 2016 umfassend saniert, renoviert und ausgebaut wurde. Aufgrund dessen Größe, der guten Ausstattung sowie des umfassenden Leistungsangebotes, wurde das Krankenhaus als regionales Krankenhaus eingestuft. Dies bedeutet, dass auch viele schwierigere Fälle aus der gesamtem Region sowie darüber hinaus hier zugewiesen werden. Die Leitung des Krankenhauses legt viel Wert auf die gute Ausbildung des ärztlichen Personals, weshalb die Mitarbeitende auch gut vorbereitet zu sein scheinen, auch schwer erkrankte Patient:innen gut zu betreuen. Oft kommt es ebenfalls vor, dass Personen ohne gültige Krankenversicherung medizinische Hilfe aufsuchen. Da das Krankenhaus über die lokalen Partner über zusätzliche Finanzierung verfügt, ist es meistens möglich, auch diese Patient:innen aufzunehmen und entsprechend zu versorgen. Wie auch aus den Interviews hervorging, dies schafft einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert, insbesondere in einer Region, die sonst nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung hat.

Als Nächstes besuchte Flavia die Secondary School, eine Mädchenschule in Peramiho, die ebenfalls von den Missions-Benediktinerinnen betrieben wird. Die Schule adressiert Schülerinnen ab der fünften Klasse und nimmt aktuell ca. 300 Mädchen im Jahr auf. Trotz dem christlichen Hintergrund, ist die Schule für alle Konfessionen offen. Dies wird tatsächlich auch oft in Anspruch genommen, bis jetzt tatsächlich auch ohne dass es zu Konflikten führt, da Tansania über große christliche sowie muslimische Glaubensgemeinschaften verfügt. Die Schule ist als Internatschule aufgesetzt und unterbringt somit ihre Schülerinnen vor Ort für die gesamte Dauer des Schuljahres. Dies führt dazu, dass die Mädchen ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur Schule entwickeln sowie stolz darauf sind, die Schule besuchen zu dürfen und deren Werte zu vertreten. Dies prägt ihre Entwicklung und den weiteren Lebensweg auch nach dem Schulabschluss, wie es auch aus den Interviews ersichtlich war.

Des Weiteren besuchte Flavia ein Waisenhaus in Songea, das derzeit ca. 35 Kinder unterbringt. Besonders beeindruckend war, dass der Großteil dieser Kinder zwar Angehörige haben und, dass es zum Teil sogar regelmäßigen Kontakt zu diesen besteht, sie verfügen aber nicht über Möglichkeiten, die Kinder entsprechend zu versorgen und suchen daher Unterstützung bei den Missions-Benediktinerinnen, die das Kinderheim betreiben. Die Interviews zeigten, dass die gute Betreuung den Kindern neue Wege für die Zukunft eröffnet, etwa dadurch, dass ihnen der Zugang zu Bildung und zur medizinischen Versorgung sichergestellt wird.

Schließlich besuchte Flavia die Primary School in Songea, die als das neueste Projekt der PATRIZIA Foundation in dieser Region gilt. Auch viele Burschen und Mädchen aus dem Kinderheim gehen hier zur Schule. Die Notwendigkeit für eine Grundschule mit hohen Bildungsstandards hat sich schon seit Jahren gezeigt, insbesondere wenn die Secondary School externe Schülerinnen aufnimmt, die aufgrund einer unzureichenden Vorbereitung auf Grundschulniveau dann nicht oder kaum mit der Unterricht Schritt halten können. Es besteht die Hoffnung, dass die neue Primary School diese Lücke zumindest teilweise schließen könnte. Die Schule verfolgt somit das Ziel, früh anzusetzen und auch jüngeren Kindern aus der Region die Change auf qualitätsvolle Bildung zu bieten.

Vorbereitung der Umsetzung des regelmäßigen Wirkungsmonitorings in Zusammenarbeit mit den lokalen Partner:innen der PATRIZIA Foundation

Die Gespräche, die in den vier PATRIZIA KinderHaus Einrichtungen in Peramiho und Songea stattgefunden haben, thematisierten unter anderen auch die Praxistauglichkeit des bereits entwickelten Monitoring & Evaluation Frameworks und der konkreten Erhebungstools. Dafür wurden konkrete Verbesserungsvorschläge von den Interviewpartner:innen eingeholt. Darüber hinaus wurden auch Möglichkeiten zur konkreten Umsetzung des Monitorings mit ihnen besprochen.

Dieser Prozess wurde anschließend in Ndanda fortgesetzt, wo Flavia Bogorin von den lokalen Partnern der PATRIZIA Foundation, den Missionsbenediktinern der Abtei Ndanda, empfangen wurde. Im Rahmen eines gemeinsamen Workshops sind weitere Schritte in Richtung Wirkungsorientierung und –monitoring gegangen. Die PATRIZIA Foundation plant derzeit, zusammen mit den Partnern, ein zusätzliches Gebäude für die bereits überbelegte Primary School in Ndanda zu errichten und geht dadurch eine auf 25 Jahre angelegte Kooperation in dieser neuen Region von Tansania ein. Es wurde für sinnvoll erachtet, sich schon von Beginn der Zusammenarbeit dem Wirkungsthema zu widmen und jetzt schon den Weg für die Einführung des regelmäßigen Wirkungsmonitorings zu ebnen. Die Partner haben mit Begeisterung und Engagement am Workshop teilgenommen und haben ein neues Verständnis für die Wirkung ihrer Arbeit entwickelt.

Was noch folgt

Unterm Strich war die Studienreise eine sehr aufschlussreiche Erfahrung für Flavia Bogorin, die dadurch viele neue und persönliche Einblicke in die Arbeit der lokalen Partner:innen der PATRIZIA Foundation in Tansania gewinnen könnte. Dieses Wissen wird nun in die Überarbeitung und Finalisierung des Konzeptes und der Instrumente für das regelmäßige Wirkungsmonitoring sowie in die Evaluierung der Langzeitwirkungen der bestehenden PATRIZIA KinderHaus Projekte in Tansania einfließen.
 

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Kontakt:

Flavia-Elvira Bogorin, MSc
Wirtschaftsuniversität Wien
Gebäude AR, 1. OG
Welthandelsplatz 1
1020 Wien

E-Mail: flavia-elvira.bogorin@wu.ac.at
Tel: + 43 1 313 36 5818

NPO-Kompetenzzentrum | Evaluierung des GASBA-Siegerprojekts ÜBAFLIEGER von Sindbad

Wie jedes Jahr hat das NPO Kompetenzzentrum auch heuer wieder das Siegerprojekt des Get Active Social Business Awards (GASBA) evaluiert. Gewinner 2020 war Sindbad Social Business Wien mit dem Projekt „ÜBAFLIEGER“. ÜBAFLIEGER bringt Jugendliche in der überbetrieblichen Ausbildung/Lehre (ÜBA) (= Mentees) mit erfahrenen Mitarbeiter:innen aus Unternehmen (= Mentor:innen) in Form eines 1:1 Mentoringprogramms zusammen. Durch die Unterstützung von den Mentor:innen und weiteren Förderangeboten sollen Jugendliche vermehrt die Lehre abschließen, einen Wechsel in die bessergestellte betriebliche Lehre schaffen und einen Arbeitsplatz bekommen. Evaluiert wurde die Pilotphase des Projekts 2021/22.

Konkret wurde für die Evaluierung eine pragmatische Wirkungsanalyse eingesetzt, um zu überprüfen, ob bzw. inwieweit die gesetzten Wirkungsziele des Projekts auch erreicht werden. Zu Beginn wurden die zentralen Stakeholder des Projekts, inklusive der jeweils angestrebten Wirkungen, definiert. Um eine Einschätzung zur Erreichung dieser Wirkungsziele zu ermöglichen, und auch um noch nicht bedachte, aber eingetretene Wirkungen zu erheben, wurden Interviews mit den vier zentralen Stakeholdern durchgeführt: den Mentees, den Mentor:innen, Mitarbeiter:innen der ÜBA-Träger (pädagogische Einrichtungen) und dem AMS.

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass ÜBAFLIEGER seine Wirkung bei den Mentees aktuell weniger in der primären Zielsetzung des Programms, also der Vermittlung in einen Lehrbetrieb, sondern in der Persönlichkeitsentwicklung der Mentees entfaltet. Die Mentor:innen des Programms stellen für Mentees eine wichtige emotionale Bezugsperson dar, die als Sicherheitsnetz fungiert. Die Jugendlichen werden in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Resilienz gestärkt; zusätzlich wird ihnen eine Orientierungshilfe geboten, wodurch sie Zukunftsperspektiven entwickeln und festigen können. Dies trägt zu einer verbesserten mentalen und physischen Gesundheit der Jugendlichen bei. Zudem zeigen sie sich in ihrer Freizeit aktiver und in ihrem Umfeld hilfsbereiter.

Mentor:innen profitieren neben dem positiven Gefühl, das bei ihnen durch ihr soziales Engagement ausgelöst wird, am meisten von einer Horizonterweiterung, welche sie durch den Einblick in die Lebensrealitäten der Jugendlichen erhalten, und einer Wissenserweiterung durch die Module des Programms. Zudem bauen sie ihre Sozialkompetenzen aus und wirken in ihrem Umfeld als positive soziale Multiplikator:innen. Als negative Wirkungen wurden bei Mentor:innen Frustration als Folge von ausbleibenden Fortschritten bei den Jugendlichen, sowie der zusätzliche Zeitaufwand, der durch ihr Engagement entsteht, identifiziert.

Mitarbeiter:innen der ÜBA-Träger werden durch ÜBAFLIEGER sowohl in der berufsbezogenen Unterstützung der Jugendlichen entlastet, z.B. bei der Praktikumssuche, als auch in der sozialen Betreuung der Jugendlichen, also wenn es darum geht, ihnen auf persönlicher Ebene Hilfe zu leisten. Durch ein erweitertes Berufsnetzwerk, das zur Lehrlingsvermittlung nützlich werden könnte, und gesteigerte Innovationskraft aufgrund von neuen Perspektiven und Ideen, kann das Angebot der ÜBA-Träger verbessert bzw. ergänzt werden.

Aufgrund der begrenzten Größe des ÜBAFLIEGER-Programms hat das Projekt derzeit keinen finanziellen Entlastungseffekt auf das AMS. Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die Beteiligung des AMS am Projekt eher Personalressourcen bindet. Als positiv wird jedoch hervorgehoben, dass durch das Programm kontinuierliches persönliches Mentoring als Angebot entsteht und dadurch die Arbeit des AMS ergänzt wird. Darüber hinaus wird das Netzwerk des AMS erweitert.

Diese Ergebnisse, plus einige aus den Interviews abgeleitete Handlungsempfehlungen, können Sindbad dabei helfen, ÜBAFLIEGER wirksam weiterzuentwickeln. Auch dieses Jahr wird das letztjährige Siegerprojekt, die Kleidertausch-App uptraded, vom NPO Kompetenzzentrum evaluiert. Ebenso wird wieder der Prozess des diesjährigen GASBA begleitet, inklusive eines Erst-Screenings der Einreichungen. Die Einreichungsfrist 2022 ist leider schon vorüber, Einreichungen werden aber im nächsten Jahr wieder möglich sein. Mehr Informationen unter: https://www.coca-cola-oesterreich.at/get-active/get-active-social-business-award