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Freiwirtschaftliche Organe

Titelleisten verschiedener freiwirtschaftlicher Organe, die in Österreich zwischen 1947 („Der Ausweg“) und 1987 („arbeit und umwelt“) erschienen

Nachdem erkennbar geworden war, dass getrennt agierenden freiwirtschaftlichen Organisationen in Österreich keine allzu große Zukunft beschieden sein kann, wurde ab Ende der 1940er Jahre eine Vereinigung der Freiwirtschaftlichen Sozialisten mit dem Demokratischen Freiheitsbund angestrebt. Im Jahr 1950 erfolgte die Fusion der beiden Verbände zur Österreichischen Freiwirtschaftlichen Union (ÖFU).
(Bildquelle: Titelleisten verschiedener Blätter, Pierre Ramus-Archiv, Wien)

Zwar gelang es, in allen Bundesländern Landesorganisationen zu schaffen, die Anstrengungen konzentrierten sich aber weiterhin auf die Kerngebiete Wien, Oberösterreich und Vorarlberg. In der Bundeshauptstadt übernahm der Bahnbedienstete Eduard Ziesel (1884-1974), der Silvio Gesell noch persönlich gekannt hatte, den Vorsitz des örtlichen Verbandes. Der umtriebigste Aktivist im Raum Linz blieb zweifellos Alois Dorfner. In Westösterreich spielte Hugo Mayer eine zentrale Rolle, jedoch musste er sich im Laufe der 1950er Jahre erkrankungsbedingt zurückziehen. Aus der Zusammenlegung der Blätter „Freie Tat“ und „Der Ausweg“ entstand 1950 die „Neue Ordnung. Monatsschrift für alle Schaffenden“, deren langfristige Finanzierung abgesichert werden konnte. Der Titel änderte sich jedoch mehrmals. Ab 1957 hieß die Zeitschrift „Neue Ordnung für Kultur, Wirtschaft und Politik“. Die Redaktion hatte zunächst Karl F. Stockhammer inne. Dieser wurde 1951 abgelöst von Dorfer, der die Schriftleitung 1973 an Franz Weizenbauer übergab. Unterbrochen wurde das Erscheinen des Organs in den 36 Jahren seines Bestehens 1970 (1971 und 1972 erschienen die von Dorfner hrsg. „Rundbriefe an meine Freunde“). Unter der Herausgeberschaft von Ernst Dorfner wurde das Blatt 1983 umbenannt in „Freiwirtschaft. Herrschaftsfreie Ordnung einer natürlichen Wirtschaft“ (Redaktion: Maria Dorfner, Manfred Köppl). Mit der Auflösung der ÖFU 1988 wurde auch das Erscheinen der Zeitschrift eingestellt (zuletzt trug sie die Bezeichnung „arbeit und umwelt. zeitschrift für sozial-ökonomie & ökologie“). Bei den regelmäßigen Treffen freiwirtschaftlicher Ortsgruppen wurden Materialen für Büchertische zusammengestellt und die nächsten Schritte in der Öffentlichkeitsarbeit geplant. Zum Teil ausgesprochen gut besuchte Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen fanden vor allen in Wien, Linz und Bregenz statt. Wahlwerbend trat die ÖFU lediglich einmal hervor – und zwar durch die Unterstützung der Kandidatur des Pazifisten Johannes Ude bei der Bundespräsidentenwahl Anfang Mai 1951. Das Ergebnis blieb mit 5.413 Stimmen jedoch weit unter den Erwartungen (immerhin aber war mehr als ein Drittel der Stimmen aus Vorarlberg gekommen). Verbandsintern lieferte man sich während der 1950er Jahre heftige Auseinandersetzungen um die städtische Grundrente. Ein solches Thema hat in langfristiger Betrachtung natürlich einen entscheidenden Stellenwert, doch zu einer Zeit, als sich die Bodenpreise im moderaten Bereich einpendelten, war es alles andere als tagesaktuell. Ausgesprochen schwach erschien die freiwirtschaftliche Programmatik in Fragen des Außenhandels. Hatten die Freiwirtschaftsbewegten der Zwischenkriegszeit noch für ungehinderten internationalen Freihandel und für die absolute Freizügigkeit geworben (niemand soll durch „Ein- und Auswanderungsgesetze, durch Pass- und andere Kontrollvorschriften beschränkt“ sein), fehlten nach 1945 ähnlich klare Ansagen zur Außenwirtschaft. Dabei hätte es in den 1950er Jahren zum Protektionismus in der österreichischen Landwirtschaft einiges anzumerken gegeben. Innerhalb der SPÖ einigte man sich damals darauf, eine Freihandelszone mit verschiedenen europäischen Ländern anzustreben, gleichzeitig aber auf einen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zu verzichten. Für freiwirtschaftsorientierte Personen blieb die Sozialdemokratie Ansprechpartnerin Nummer eins. Weiterhin landeten auf den Schreibtischen im Zentralsekretariat der SPÖ Denkschriften und freiwirtschaftliche Entwürfe, in denen festgehalten wurde, dass das Gemeinwesen in Österreich einer grundsätzlich anderen Wirtschaftsordnung bedarf, dass die wiedergewonnene Volkssouveränität durch eine demokratische ökonomische Verfassung zu ergänzen sei. Aus den Eingaben resultierten Korrespondenzen mit Gewerkschaftern wie Johann Böhm oder Sepp Wille. Von den Wirtschaftsfachleuten innerhalb der SPÖ waren vor allem Heinz Kienzl und Stefan Wirlandner geneigt, sich mit alternativen Geldkonzepten zu beschäftigen. Jedoch überwogen die Abwehrhaltungen. Die Vorstellung eines Negativzinses oder einer Nullzinspolitik fehlte bei Wirlandner völlig. In einer Marktwirtschaft könne die Verbilligung des Kredits nicht so weit gehen, dass der Kapitalzins seine Funktion als Kostenfaktor gänzlich einbüßt. – Der Zins habe eine wichtige wirtschaftliche Funktion, zeigte sich Wirlandner überzeugt. Die häufigen Zurückweisungen führten dazu, dass die Freiwirtschaftler/innen auch Andockmöglichkeiten bei anderen Fraktionen zu sondieren begannen. Mitte der 1950er Jahre konnte mit Nationalrat Alwin Assmann vom Verband der Unabhängigen (VdU) ein Mandatar gefunden werden, der eine (entschärfte) freiwirtschaftliche Kritik in die Parlamentsdebatte zum Nationalbankgesetz 1955 hineintrug. Der VdU war 1949 von zwei Rechtsliberalen als Auffangbecken für ehemalige Nationalsozialisten gegründet worden. Die Einwendungen zum neuen Gesetzeswerk blieben auf parlamentarischem Boden unberücksichtigt, und Assmann verschwand wieder von der politischen Bühne. Der stärker rechtsgerichteten Nachfolgepartei des VdU, der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), gehörte er nicht mehr als Mandatar an.

Literatur:
  • [Alwin Assmann:] Ein historischer Tag im österreichischen Parlament: Nationalrat Alwin Assmann spricht zum Nationalbankgesetz, Dornbirn 1955.

  • Ernst Dorfner (Hg.): Beitrag zur Lösung der Bodenfrage. Das Bodenrecht als Ordnungsgesetz eines freien, demokratischen Gemeinwesens. Zwei bodenpolitische Gesetzesvorschläge, ausgearbeitet von Richard Frank (Salzburg), in enger Zusammenarbeit mit Herbert K. R. Müller (Braunschweig), Linz o. J.