Außenansicht des D3 Gebäudes

Kennzahlen zu Lebensbedingungen 2023: Benachteiligte Bevölkerungsgruppen in Österreich

Karin Heitzmann und Alexander Huber (2025)

Eine Studie im Auftrag des Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK)

Zur Studie
 

Seit 2008 wird mit den „Eingliederungsindikatoren“ und den „Kennzahlen zu Lebensbedingungen“ die Entwicklung zentraler Indikatoren zu den Lebenslagen der Bevölkerung in Österreich, insbesondere zu Armuts- und Ausgrenzungsrisiken, beobachtet. Ziel ist es, die Erreichung der Armuts- und Ausgrenzungsziele der Europa-2030-Strategie zu überwachen. Österreich hat sich verpflichtet, die Zahl der armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Menschen bis 2030 um 204.000 zu senken – von 16,5 % auf 13,4 % der Bevölkerung. Mit einer Quote von 17,7 % im Jahr 2023 entfernt sich Österreich jedoch zunehmend von diesem Ziel und liegt inzwischen sogar über dem Ausgangswert.

Ein zentrales Ergebnis der aktuellen Analyse ist der starke Anstieg der erheblichen sozialen und materiellen Deprivation: Die Zahl der betroffenen Personen stieg innerhalb eines Jahres von 201.000 auf 336.000, was vor allem auf die hohe Teuerung in den Jahren 2021 bis 2023 zurückzuführen ist. Besonders stark traf die Inflation Haushalte mit niedrigem Einkommen. Diese müssen einen Großteil ihrer Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energie und Lebensmittel aufwenden – und damit Bereiche, in denen kaum Einsparungen möglich sind. Während die einkommensstärksten Haushalte nur einen moderaten Einkommenszuwachs benötigt hätten, um die steigenden Kosten auszugleichen, wären für das ärmste Fünftel Einkommenssteigerungen von über 27 % nötig gewesen.

Bestimmte Gruppen sind weiterhin besonders von Armut und Ausgrenzung betroffen. Dazu gehören Arbeitslose, Menschen mit geringer Erwerbsintensität, Geringverdienende mit Stundenlöhnen unter zwei Drittel des Bruttomedianlohns sowie Jugendliche zwischen 16 und 29 Jahren, die weder in Ausbildung noch in Beschäftigung sind (NEETs-Quote 2023: 12 %). Auch gesundheitliche Einschränkungen erhöhen das Armutsrisiko deutlich: 15 % der armutsgefährdeten Menschen leiden unter mehreren gesundheitlichen Problemen, mehr als doppelt so viele wie in der nicht betroffenen Gruppe. Zudem sind Alleinerziehende, Nicht-Staatsbürger:innen sowie Menschen, die in Gemeindewohnungen leben, besonders armutsgefährdet.

Um die steigende soziale und materielle Deprivation zu bekämpfen, sind gezielte sozialpolitische Maßnahmen erforderlich. Während der Sozialstaat mit Einmalzahlungen, der Abschaffung der kalten Progression und Entlastungen bei Strompreisen gegengesteuert hat, waren viele dieser Maßnahmen zeitlich befristet. Langfristig sind strukturelle Ansätze notwendig, die auf eine nachhaltige Absicherung von einkommensschwachen Haushalten, die Förderung von Erwerbsintegration sowie den gezielten Ausbau sozialer Unterstützung für Risikogruppen abzielen.

Kontakt