Institut für Kommunikationsmanagement und Medien

Lange Nacht der Forschung 2024

Nacht der nachhaltigen Konversationen

Franzisca Weder, Ursula Lutzky, Julia Stranzl, Florentina Höhs, Mathew Gillings
 

Die ‚Lange Nacht der Forschung‘ bietet den Besucher*innen einen Einblick in die Forschung an der WU. Wir als Forscher*innen haben die Möglichkeit, von unseren Projekten, Studienergebnissen aber auch Ideen zu erzählen, sie in einfache Worte zu packen und Menschen jeden Alters für unsere Themen zu begeistern. Am Freitag, den 24. Mai 2024, wurde nun an unserem Stand zu Nachhaltigkeitskommunikation gemalt, gerätselt und gelacht. So wurden Assoziationen und Gedanken zum Nachhaltigkeitsbegriff auf einer langen Stoffbahn festgehalten, die Spotify Playlist „Sounds like Sustainability“ erweitert, Gender-Aspekte bei nachhaltigkeitsbezogenen Berufsrollen diskutiert und auch ein kritischer Blick auf die mediale Klimaberichterstattung geworfen. Ein gelungener Abend mit viel Resonanz und nachhaltigen Konversationen!

Nachhaltigkeit ist nach wie vor ein wicked term, ein Begriff, unter dem wir alle irgendetwas, aber nicht alle das Gleiche, verstehen. Aus einer sprach- und kommunikationswissenschaftlichen Perspektive ist eines besonders spannend: obwohl Nachhaltigkeit eigentlich eine normative Dimension hat und damit ein handlungsleitendes Prinzip ist, wird der Begriff vor allem in der strategischen Kommunikation oftmals „benutzt“, um einem Unternehmen beispielsweise einen grünen Anstrich zu geben oder ein spezielles Produkt besser zu verkaufen. Nachhaltigkeitskommunikation mit einem besonderen Fokus auf Sprache und Sprechakte bedeutet also, die Komplexität des Konzeptes, aber eben auch die Ambivalenzen entsprechender Handlungen und Entscheidungen, mitzudenken. An unserer Station bei der ‚Langen Nacht der Forschung‘ haben wir mittels einiger Aktivitäten, an denen sich die Besucher*innen beteiligen konnten, versucht, diese Ambivalenzen und Dissonanzen in den Vordergrund zu rücken und die Rolle von Kommunikation bei gesellschaftlichen Transformationsprozessen herauszuarbeiten. Im Folgenden ein paar Eindrücke, jeweils geleitet von einer Frage, die auch zum Weiterdenken anregen kann – und soll. :)

 
Was sind die ersten Assoziationen, die im Kopf entstehen, wenn Sie/Du das Wort „Nachhaltigkeit“ hören/hörst?

Auf einer der Stellwände sowie auf einem Leintuch am Boden konnten die Besucher*innen der ‚Langen Nacht der Forschung‘ ihre Gedanken in Wort und Bild fassen. Besonders bemerkenswert dabei waren die Zeichnungen, in denen das individuelle, liebevolle Verhältnis zur Natur zum Ausdruck gebracht wurde. Ebenso wurde deutlich, dass Schlüsselworte wie ‚Recycling‘, aber auch ‚Responsibility‘, offenbar in direktem Zusammenhang zu ‚Nachhaltigkeit‘ stehen. Auch der Begriff ‚Greenwashing‘ ̶   und damit eine kritische Auseinandersetzung mit werblicher Nachhaltigkeitskommunikation ̶    war Teil der Diskussionen. Spannend war, dass gerade jüngere Besucher*innen soziale Nachhaltigkeit wichtiger fanden als umwelt- bzw. auf den Klimawandel bezogene Aspekte.

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Welche Songs fallen Ihnen/Dir ein, wenn Sie/Du an Nachhaltigkeit denken/denkst?

Neben dem regen Austausch mit dem Team, konnten sich die Besucher*innen mit Kopfhörern durch eine über den Abend hinweg stetig anwachsende Playlist hören. Der Spotify Kanal „Sounds like Sustainability“ (QR-Code unten) bot ein buntes Sammelsurium an Liedern, die mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden. Die Liste reichte von Michael Jacksons „Earth Song“ bis hin zu neuseeländischem Reggae und Rock von The Feelers.

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Welche neuen Berufsrollen entstehen in Unternehmen für das „Nachhaltigkeitsmanagement“?

Basierend auf einem aktuellen Forschungsprojekt zum sich immer weiter ausdifferenzierenden Berufsfeld des Nachhaltigkeitsmanagers/der Nachhaltigkeitsmanagerin oder des/der Nachhaltigkeitsbeauftragten in Unternehmen wurden die Besucher*innen aufgefordert, an einem kleinen Quiz teilzunehmen.

Ein Szenario beschrieb die Tätigkeiten einer Person im Nachhaltigkeitsmanagement eines Unternehmens, ohne den Jobtitel zu verraten – und auch der gewählte Name (Alex) war genderneutral gewählt. Die Aufgabe war nun, sich eine Berufsbezeichnung zu überlegen sowie eine Vermutung zum möglichen Geschlecht der Person im Szenario abzugeben. Als Stellenbezeichnung wurde sehr häufig eine Kommunikationsrolle genannt (PR, Kommunikationsmanager*in, mit / ohne Nachhaltigkeitsschwerpunkt, siehe Tabelle 1 unten); spannenderweise hat sich auch hier – wie bereits bei der ersten Aktivität an dieser Station – vor allem das jüngere Publikum bezüglich der Geschlechterbezeichnung für genderneutral bzw. binär entschieden oder bewusst keine Geschlechterzuordnung getroffen (weiblich: 17, männlich: 18, divers: 5; Rest: unentschieden; n = 51).

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Tab. 1.: Berufsbezeichnungen in Bezug auf Szenario mit Beschreibung der Tätigkeit eines/einer Nachhaltigkeitsmanager(s)*in, n = 51

 
 

Bemerkenswert ist aber nicht nur die Tatsache, dass die Besucher*innen neue Rollen wie den/die „Sustainability Manager*in“ kennen; darüber hinaus ist auch eine sehr kritische Perspektive gegenüber diesen deutlich geworden, haben doch die Befragten oftmals kritische Berufsbeschreibungen wie „Greenwasher“, „Chief Disinformation Officer“ oder auch „Sustainable Evangelist“ gewählt.

 
Wie steht es um die Berichterstattung zur Klimakrise?

Bei der letzten Aktivität an der Station konnten sich die Besucher*innen an der Analyse deutscher und englischer Zeitungsberichte zur Klimakrise versuchen. Gemeinsam mit dem Team wurden Texte unter die kommunikative Lupe genommen, um sprachliche Mittel aufzudecken, die dazu verwendet werden, die Dringlichkeit des Themas zu betonen (z.B. durch Adjektive mit negativer Bedeutung, wie „terrifying“ oder „world-ending“) und/oder zu beobachten, wie die Botschaft durch multimodale Elemente unterstrichen werden kann (z.B. Bilder oder Videos von Waldbränden oder Überflutungen, die unterschiedliche Auswirkungen der Klimakrise illustrieren). Gleichzeitig wurden aber auch positive Assoziationen hergestellt und die Klimaveränderung beispielsweise mit dem warmen Wetter in Verbindung gebracht, das noch weit in den Herbst hinein mit einer Vielzahl an Sonnenstunden erfreut hat. Durch die genaue sprachliche Analyse der Berichterstattung zur Klimakrise lassen sich die Diskurse rund um das Thema aufdecken und erlauben somit einen kritischen Blick auf dessen mediale Darstellung und eine mögliche Perzeption.

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