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Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung von Ein-Eltern-Haushalten in Österreich

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Karin Heitzmann und Astrid Pennerstorfer (2021)

Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK)

Einige Fragestellungen:

  • Welches „Profil“ bzw. welche spezifischen Charakteristika weisen Ein-Eltern-Haushalte in Österreich auf?

  • Warum sind Ein-Eltern-Haushalte überproportional häufig armutsgefährdet und depriviert?

  • Welche Maßnahmen sollten gesetzt werden um die überproportionale Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung von Ein-Eltern-Haushalten einzudämmen oder überhaupt zu verhindern?

Die Studie zum Download:
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Zusammenfassung

Familien von Alleinerziehenden bzw. Mitglieder von Ein-Eltern-Haushalten sind in Österreich deutlich häufiger armutsgefährdet oder sozial ausgegrenzt als Mitglieder anderer Haushaltstypen. 2019 trafen diese Benachteiligungen immerhin auf 46% der Mitglieder von Ein-Eltern-Haushalten zu. Das ist eine fast dreimal höhere Betroffenheit als im österreichischen Durchschnitt (17%), ein Umstand, auf den schon in einer umfangreichen Studie aus dem Jahr 2011 – und auch seither immer wieder – hingewiesen wurde. Grund genug, die Gruppe der Ein-Eltern-Haushalte und die Ursachen für ihre nach wie vor überproportionale Armuts- und Ausgrenzungsbetroffenheit näher zu analysieren.


Analyse der Charakteristika

Eine Analyse ihres sozioökonomischen Profils zeigt eine veränderte Zusammensetzung von Ein-Eltern-Haushalten im Vergleich zwischen 2008-2010 und 2017-2019. Der Anteil der ganzjährig erwerbstätigen Alleinerziehenden hat sich ebenso reduziert (von 58% auf 52%) wie der Anteil derer, in denen Erwerbseinkommen den Hauptbestandteil ihres Haushaltseinkommens ausmachen (von 64% auf 61%). Bemerkenswert sind große Verschiebungen bei der Staatsbürgerschaft. Der Prozentsatz der Mitglieder von Ein-Eltern-Haushalten mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft verdoppelte sich seit 2008-2010 (11% zu 23%). Im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung nahm außerdem die Armuts- oder soziale Ausgrenzungsgefährdung bei Ein-Eltern-Haushalten im Zeitverlauf zu; eine Entwicklung, die sich durch die Folgen der COVID-19-Pandemie möglicherweise noch verstärken könnte.


Empirische Untersuchung der Ursachen

Die Ursachen für die hohe Armuts- und Deprivationsgefährdung von Alleinerziehenden und ihren Familien haben sich seit 2008 - und damit seit der umfangreichen Studie von Zartler et al. von 2011 - kaum geändert. Der Erwerbsstatus und (eingeschränkter) das Erwerbsausmaß führen ebenso wie eine höhere Anzahl von Kindern, vor allem von jüngeren Kindern, im Haushalt zu einer höheren Armuts- und Deprivationsgefährdung. Darüber hinaus belegen unsere Ergebnisse die enorme Relevanz der Herkunft der Alleinerziehenden zur Erklärung ihres überproportionalen Armuts- und Deprivationsrisikos. Zwar tragen Sozialleistungen und private Transfers dazu bei, diese Benachteiligungen in Ein-Eltern-Haushalten zu reduzieren. Liegt aber kein Erwerbseinkommen vor, bleiben die Armuts- und Deprivationsquoten auch nach dem Bezug von sozialen und privaten Transferleistungen hoch: das gilt übrigens für Ein-Eltern- und Zwei-Eltern-Haushalte gleichermaßen.


Handlungsempfehlungen

Als Ergebnis unserer Untersuchungen schlagen wir unterschiedliche Maßnahmen zur Erhöhung des Haushaltseinkommens von Ein-Eltern-Haushalten vor, etwa ein höheres Nettoeinkommen (z.B. durch höhere Absetzbeträge oder Negativsteuern bei geringen Erwerbseinkommen), eine Aufstockung bei den sozialen Transfers (z.B. durch höhere oder andere Familienleistungen, durch höhere Arbeitslosen- und Sozialhilfe- bzw. Bedarfsorientierten Mindestsicherungsleistungen) oder höhere Unterhaltsvorschüsse (inklusive einer raschen Umsetzung der im aktuellen Regierungsprogramm ohnehin geplanten Reformen). Eine Ergänzung dieser monetären Leistungen durch passgenaue Regulierungen und eine Sach- und Dienstleistungspolitik (v.a. im Bereich der Familien-, Gesundheits-, Arbeitsmarkt- und Wohnungspolitik) müssten dieses Maßnahmenpaket ergänzen – mit dem Potenzial Armut und Ausgrenzung von Ein-Eltern-Haushalten nicht nur kurzfristig zu bekämpfen, sondern nachhaltig einzudämmen bzw. zu verhindern. Weil die Problematik der Vererbung von Armut in Österreich besonders ausgeprägt ist, gilt es nämlich, die Armutsspirale generell zu durchbrechen. Das kann durch eine Vielzahl von Maßnahmen aus unterschiedlichsten Politikbereichen erreicht werden, die insbesondere als Investitionen in das Humankapital von (vor allem auch benachteiligten) Kindern mittel- und langfristig positive Wirkungen zeigen und Armuts- und Deprivationserfahrungen verhindern sollten.

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