Executive Academy aus der Froschperspektive

Tagung 20 Jahre EU-Osterweiterung aus unternehmensrechtlicher Sicht 28.-29.11.2024

Am 28. und 29. November 2024 fand an der Wirtschaftsuniversität Wien die Tagung„20 Jahre EU-Osterweiterung aus unternehmensrechtlicher Sicht“ im Zuge eines WU „Research Group Meetings“ statt. Die Veranstaltung wurde vom Forschungsinstitut für Mittel- und Osteuropäisches Wirtschaftsrecht (FOWI) in Kooperation mit dem Institut für Ostrecht in Regensburg (IOR) und dem Institut für Osteuropäisches Recht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) veranstaltet. Die Juristinnen und Juristen aus über zehn Ländern haben die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf die Wirtschaft und Rechtsentwicklung analysiert. Dabei wurden nicht nur die Staaten der ersten EU-Erweiterungsrunde betrachtet, sondern auch diejenigen, die später beigetreten sind und die es noch vorhaben.

Vielfältige Perspektiven auf zentrale Fragen der Integration

Die zweitägige Konferenz war in vier thematische Blöcke gegliedert, die ein breites Spektrum von Themen abdeckten: von rechtlicher Harmonisierung und Digitalisierung bis zu nationalen Besonderheiten im Gesellschaftsrecht. Den Auftakt machte Prof. Dr. Martin Winner, der die Teilnehmenden willkommen hieß und die Bedeutung des Themas betonte.

Im ersten Block widmete sich Prof. Dr. Dr. h.c. Alexander Trunk den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Anforderungen der EU-Osterweiterung. Er beleuchtete, wie die Beitrittskriterien — von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bis hin zur Umsetzung des EU-Besitzstands — die institutionellen Grundlagen in den neuen Mitgliedstaaten nachhaltig veränderten. Prof. Dr. Dr. h.c.Trunk hob die Harmonisierung des Gesellschaftsrechts als Schlüsselfaktor für die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums hervor. Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Küpper und Prof. Dr. Dr. hab. Fryderyk Zoll vertieften die Diskussion. Prof. Dr. Dr. h.c. Küpper analysierte die Herausforderungen grenzüberschreitender Streitigkeiten anhand von Gerichtsgutachten zu ungarischem Recht, während Prof. Dr. Dr. hab. Zoll methodische Fragen der Rechtsvergleichung in Osteuropa erörterte und Spannungsfelder zwischen Formalismus und Nihilismus aufzeigte.

Rechtliche Transformationen im Fokus

Unter der Moderation von Prof. Dr. Krzysztof Oplustil (Jagiellonen-Universität Krakau) wurden im zweiten Block die Entwicklungen in Slowenien, Polen und Ungarn analysiert. Em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Doralt, LL.M. (Harvard) berichtete, dass er bereits vor über 20 Jahren gemeinsam mit dem Vortragenden und ehemaligen FOWI-Mitarbeiter, RA Dr. Markus Bruckmüller, an den slowenischen Gesetzgebungsprojekten zum Gesellschaftsrecht mitgearbeitet hatte. RA Tina de Vries stellte dar, wie die Reform des polnischen Handelsrechts den EU-Beitritt vorbereitete und die Integration in den Binnenmarkt förderte. RA Axel Bormann (IOR) untersuchte die Entwicklung des rumänischen Wirtschaftsrechts und ordnete diese im Kontext der zeitgleich stattfindenden Parlamentswahlen in Rumänien ein. Neben seiner Präsentation gab er ein Interview für das ZDF, das am 30. November 2024 in den „heute“-Nachrichten ausgestrahlt wurde, in dem er die Auswirkungen der zeitgleich stattfindenden Parlamentswahlen in Rumänien einordnete.

JUDr. Petr Čech, LL.M., Ph.D., von der Karls-Universität Prag, und RA Prof. Dr. Waltschin Daskalov von der Wirtschaftsuniversität Sofia analysierten die Auswirkungen des EU-Rechts auf das tschechische Gesellschaftsrecht und das bulgarische Unternehmensrecht. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Frage, ob Tschechien aufgrund seiner Reformen bereits als "Delaware" des CEE-Bereichs betrachtet werden könnte.

Doc. Dr. Angelika Mašurová (FOWI / Comenius-Universität in Bratislava, Juristische Fakultät) und Doc. JUDr. Jana Duračinská, PhD. (Comenius-Universität in Bratislava, Juristische Fakultät) haben die dreißigjährige Endwicklung der rechtlichen Regelung von Sanierungsverfahren in der Slowakischen Republik analysiert, die sowohl durch die europäische Gesetzgebung als auch durch die innerstaatlichen Kausen beeinflusst wurde.

Assoc. Prof. Dr. iur. Thomas Hoffmann, LL.M., (TalTech Law School, Tallinn University of Technology) beleuchtete die digitale Transformation Estlands. Er stellte innovative Ansätze im Bereich E-Governance vor und analysierte deren Potenzial für andere europäische Länder aus unternehmensrechtlicher Perspektive. Antje Himmelreich (IOR) und Ass. Prof. Dr. Oleksandr Kovalyshyn (Nationale Vorkarpatenuniversität Vasyl Stefanyk) präsentierten die Fortschritte im ukrainischen Gesellschaftsrecht und schlugen so die Brücke zu den aktuellen EU-Beitrittsverhandlungen.

Innovation und Harmonisierung als Schüsselfaktoren

Die Harmonisierung des Gesellschaftsrechts war ein wiederkehrendes Thema der Tagung. Die Vorträge verdeutlichten, wie die EU-Osterweiterung zur Stabilisierung und Modernisierung der Beitrittsländer beitrug und Herausforderungen bei der Umsetzung von EU-Richtlinien meisterte. Auch digitale Instrumente, sowohl in der Verwaltung als auch in der Unternehmensführung, wurden als zentrale Elemente für die Zukunftsfähigkeit der Region hervorgehoben. Die Diskussionen unterstrichen die enge Verbindung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, rechtlicher Harmonisierung und dem Schutz rechtsstaatlicher Prinzipien.

Fazit und Ausblick

Die Tagung bot nicht nur einen fundierten Rückblick auf zwei Jahrzehnte EU-Osterweiterung, sondern auch wichtige Impulse für die Zukunft. Trotz der Erfolge betonten die Redner und Rednerinnen, dass weiterhin Anstrengungen nötig sind, um die wirtschaftliche und rechtliche Integration zu vertiefen. Die EU bleibt eine treibende Kraft für Reformen und Stabilität in der Region.

Zum Abschluss der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, den modernen Campus der Wirtschaftsuniversität Wien im Rahmen einer gemeinsamen Führung näher zu erkunden. Die Architektur, die Vielfalt und Innovation widerspiegelt, bildete einen inspirierenden Rahmen für die internationale Tagung, die die vielschichtigen Dimensionen der europäischen Integration beleuchtete.

Ein Tagungsband ist in Planung, der die Ergebnisse in Buchform zusammenfassen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen wird.