Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Mathew Gillings

Video Climate Change and the Media | Meet Our Researchers: Mathew Gillings

Climate Change and the Media |…

Der Begriff „Klimawandel“ ruft bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedliche Gefühle hervor – von Dringlichkeit und Sorge bis hin zu Skepsis oder Ermüdung. Wie die Reaktionen ausfallen, hängt stark vom Kontext ab, in dem das Thema auftaucht – vor allem in den Medien.

Nachrichtenmedien spielen eine große Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung – und beeinflussen damit letztlich politische Entscheidungen. Wenn Forscher*innen große Mengen an Nachrichtenartikeln analysieren, können sie nachvollziehen, wie sich ein Diskurs im Laufe der Zeit verändert und welche Narrative besonders oft vorkommen. Diese Art der Forschung nennt sich Korpuslinguistik – und sie hilft uns zu verstehen, wie die Diskussion über ein Thema sich im zeitlichen Verlauf entwickelt.

Mathew Gillings ist Assistenzprofessor am WU Institut für Englische Wirtschaftskommunikation und hat sich auf dieses Forschungsfeld spezialisiert. In einer aktuellen Studie haben er und seine Kollegin Carmen Dayrell von der Lancaster University einen Korpus britischer Zeitungsartikel aus den Jahren 2003 bis 2019 untersucht, die Begriffe wie „Klimawandel“ oder „globale Erwärmung“ enthielten. Insgesamt haben sie rund 125.000 Texte mit fast 90 Millionen Wörtern durchforstet – und konnten zeigen, dass sich der Diskurs über den Klimawandel über die Jahre hinweg in klar unterscheidbare Phasen einteilen lässt.

Welche Phasen das sind und was diese Erkenntnisse für uns als Medienkonsument*innen bedeuten, erklärt Mathew Gillings in unserem neuen „Meet Our Researchers“-Video. Nach dem Dreh hat er sich außerdem Zeit genommen, ein paar persönliche Fragen zu seiner Arbeit an der WU zu beantworten.

Foto von Mathew Gillings vor Gebäude D2

Mathew Gillings ist seit Mai 2020 Assistenzprofessor an der WU. Davor arbeitete er als Lektor an der Lancaster University, wo er auch seinen PhD in Linguistik absolvierte. Seine Forschungsinteressen liegen hauptsächlich im Bereich der Korpuslinguistik. Mit deren Methoden analysiert er nicht nur den Diskurs über den Klimawandel, sondern u. a. auch Shakespeares Sprache und Höflichkeitsformeln.

Ihr Hauptforschungsgebiet ist die Korpuslinguistik. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich wollte schon immer verstehen, wie Sprache in der echten Welt verwendet wird. Mit Korpuslinguistik kann man genau das untersuchen – anstatt sich auf das eigene Sprachgefühl zu verlassen, arbeitet man mit realen Texten. Das ist das Gegenteil von dem, was oft als „Lehnstuhl-Linguistik“ bezeichnet wird, wo man sich nur theoretisch überlegt, wie Sprache funktioniert. Sprache ist schließlich ein Fenster, durch das wir einen Einblick ins menschliche Denken bekommen – sie zeigt, wie Menschen in verschiedenen Kontexten handeln und kommunizieren.

Ihre aktuelle Studie beschäftigt sich mit der Darstellung des Klimawandels in den Medien. Was haben Sie persönlich daraus gelernt?

Eine der spannendsten Erkenntnisse war, wie Medien versuchen, eine „ausgewogene“ Berichterstattung zu liefern. Sie geben oft sowohl skeptischen als auch wissenschaftlichen Stimmen Raum – aber wenn man sich das genauer ansieht, fällt auf, dass skeptische Positionen oft überproportional viel Aufmerksamkeit bekommen. Das ist etwas, worüber wir kritisch nachdenken sollten.

Bei der Veröffentlichung unserer Studie gab es Rückmeldungen, dass es so wirken könnte, als würden wir Klimaskeptiker als „schlecht“ und Klimawissenschaftler als „gut“ darstellen. Aber das war überhaupt nicht unsere Absicht. Menschen übernehmen Diskurse, mit denen sie konfrontiert werden. Anstatt einzelne Personen zu kritisieren, müssen wir uns fragen, wo diese Narrative eigentlich herkommen und wie sie sich verbreiten.

Wenn Sie Journalist*innen einen Rat geben könnten, wie sie die Berichterstattung über den Klimawandel gestalten sollen, was würden Sie sagen?

Ich würde sagen: Vertraut auf das akademische System und den Peer-Review-Prozess. Wenn Journalist*innen eine Expertin oder einen Experten zu Wort kommen lassen, sollten sie deren Fachwissen und Erfahrung ernst nehmen. Wissenschaftler*innen sind nicht unfehlbar, aber der wissenschaftliche Erkenntnisprozess ist aus gutem Grund so streng geregelt – und das sollte anerkannt werden.

Foto von Mathew Gillings in seinem Büro

Mathew Gillings in seinem Büro in Gebäude D2: "Mein Vater ist Botaniker. Den grünen Daumen habe ich von ihm geerbt."