Linguistikzirkel 21.11.2019

21/11/2019

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Pöckl (Universität Innsbruck): Europäismen – Türöffner zur Mehrsprachigkeit Campus WU, Gebäude D2, Eingang D, 2. OG, Raum D2 2.228 Zeit: 18:15 - 19:45

Abstract:
Das Interesse für Elemente, die in mehreren Sprachen in gleicher oder ähnlicher Form vorkommen, war in unserem Kulturraum lange Zeit unterentwickelt, wogegen in den sozialistischen Ländern Osteuropas die (wort- und phraseologiebezogene) Internationalismenforschung boomte. Die vor etwas mehr als einem Vierteljahrhundert von dem Slawisten Norbert Reiter „erfundene“ und ausgerufene Eurolinguistik hat den Blickwinkel einerseits auf eine realistischer handhabbare Dimension – die europäische Sprachenwelt – verengt, andererseits aber die Fokussierung auf Wörter überwunden und die Untersuchung auf verschiedene Strukturebenen der Sprache ausgedehnt. Neuere eurolinguistische Studien haben oft ein kulturelles bzw. kulturwissenschaftliches Fundament. Sie dokumentieren mit ihrem Material, das von Wortbildungselementen über Wörter (einschließlich Eponyme etc.) und Redewendungen bis zu Zitaten sowie (laut- und körpersprachliche Komponenten verbindenden) Kulturemen reicht, dass Europa als Kulturgemeinschaft verstanden werden kann, in der das Gemeinsame das Trennende überwiegt. Es sind heute wohl vor allem die modernen Realien, die den Zugang zu anderen Sprachen erleichtern. Namen von prominenten Firmen und ihren Produkten (Autos, Kleidung, Kosmetik), Kulinaria, Sportterminologie oder auch beliebte ausländische Vornamen sind in unserer Lebenswelt allgegenwärtig, und es gehört heute zur political correctness, sich um die korrekte (d.h. der Ausgangssprache so weit wie möglich angenäherte) Aussprache zu bemühen. Die ökonomische und kulturelle Globalisierung führt also nicht (nur) zu einer sprachlichen Verarmung
in Richtung English only, sondern (auch) zu einer Erweiterung des Horizonts, was die Struktur von Fremdsprachen betrifft.

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