Abstract

Die Angewandte Gesprächsforschung bemüht sich seit drei Jahrzehnten um einen Transfer ihrer analytischen Erkenntnisse in die institutionelle Praxis. Ausgangspunkt sind meistens Beispiele missglückter Kommunikation, die als Anlass zur Reflexion und zur Entwicklung von Handlungsalternativen genommen werden. Erstaunlich selten bemühte man sich um die Identifikation von good practice, und die Diskussion, wie man zu einer Bewertungsgrundlage für die Bewertung institutioneller Interaktionen gelangen könnte, ist über das Konzept der deskriptiven Norm nicht hinausgekommen. Aufbauend auf Brünner / Pick 2020 haben Pick und Bendel Larcher im Juni 2021 einen Workshop organisiert, in welchem die Diskussion um Normen, Bewertungen sprachlichen Handelns und die Bestimmung von good practice in der institutionellen Kommunikation vorangetrieben wurde. Im Vortrag werden wir darlegen, warum wir es als wichtig erachten, dass die Angewandte Gesprächsforschung ihre Methoden dergestalt weiterentwickelt, dass sie good practice in Interaktionen systematisch und reflektiert bestimmen kann. Wir werden aufzeigen, warum und wie man zu diesem Zweck zuerst die Ziele der Beteiligten und die Normen der fraglichen Institution erheben muss. Schließlich werden wir eine Heuristik vorstellen, wie man good practice in einem Gespräch identifizieren kann und diese an einem Beispielgespräch illustrieren. Der Vortrag schließt mit einem Blick in die Zukunft und der Frage nach Möglichkeiten der Verallgemeinerung der in Einzelstudien gewonnenen Erkenntnisse.

Brünner, Gisela / Pick, Ina (2020): Bewertungen sprachlichen Handelns und good practice in der Angewandten Gesprächsforschung. Methodische Vorschläge für praxisorientierte Forschung. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik 72, S. 63-98.

Teilnahmeanfragen an iryna.wehr@wu.ac.at

Biografie

Sylvia Bendel Larcher hat zur Geschichte der Textsorte Werbeanzeige promoviert und zur Individualität in der institutionellen Kommunikation habilitiert. Seit vielen Jahren ist sie Dozentin für Kommunikation an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Gastprofessuren führten sie an die Universitäten Innsbruck und Bern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Sprache der Werbung, institutionelle Kommunikation und linguistische Diskursanalyse. Zuletzt veröffentlichte sie eine Studie zum Zusammenhang von sprachlichem Verhalten und Persönlichkeit. Weitere Informationen sowie alle Publikationen unter www.sbendel.ch Ina Pick ist Oberassistentin am Deutschen Seminar der Universität Basel. Sie arbeitet zu sprachlichem Handeln, institutioneller Kommunikation und Medialität. Ausgebildet in der Wiener Angewandten Linguistik hat sie zum anwaltlichen Mandantengespräch in Dortmund promoviert und anschliessend ein vergleichendes Projekt zur Mediation in Boulder, CO, USA, durchgeführt. Aktuell habilitiert sie in Basel zum Entscheidungs- und Planungshandeln in verschiedenen Institutionen und Medialitäten. Sie hat viele Jahre Erfahrung in linguistisch basierten Trainings und Weiterbildungen für verschiedene Berufsgruppen und ist Sprecherin des Arbeitskreises Angewandte Gesprächsforschung (AAG).